Rheinpfalz Über tausend Botschaften

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Eines der bedeutendsten Kunstwerke im Kreis Kusel ist der Skulpturengarten in der Hauptstraße in Godelhausen, den der Künstler und Kunsterzieher Lothar Emrich (1943 bis 2012) in jahrelanger Arbeit geschaffen hat. Der Garten bietet inzwischen einen traurigen Anblick, weil die Kunstwerke vom Verfall bedroht sind. Um ihn zu erhalten, ist dringend Hilfe notwendig.

Theisbergstegen. Die bemalten und beschrifteten Gebilde erinnern auf den ersten Blick an exotische Pflanzen. Aber wer genauer hinsieht, entdeckt vier Ensembles aus unzähligen kleinen Zementplatten, die zu Säulen oder Pfeilern zusammengefügt wurden. Mitten im Garten steht eine wuchtige, etwa zwei Meter hohe Säule. Auf ihr befinden sich die Gesichter von Menschen verschiedener Erdteile und Epochen. Die Säule ist von zwei Steinkreisen umgeben, so dass das Ensemble an eine prähistorische Kultstätte erinnert. Weitere Kunstwerke schmücken die Mauer des Gartens: zwei Kugeln mit Gesichtern, ein Stein in Tropfenform und eine kurze Säule. Im hinteren Gartenteil stehen 40 viereckige Pfeiler, von denen jeder ursprünglich aus 36 einzelnen Tafeln zusammengesetzt war, so dass sie über tausend visuelle Botschaften vermittelten. Der wichtigste Bestandteil ist ein „Perspektiv“, wie man es zum Beispiel in dem barocken Park in Schwetzingen findet. Dort besteht es aus einem Laubengang, der den Blick auf ein Landschaftsbild in einem Pavillon am Ende lenkt und das „Ende der Welt“ symbolisieren soll. Die theologische Aussage – die Seele eines Verstorbenen wandert durch das Schattenreich ins Paradies – ist bei Emrich zu einer politischen und philosophischen Mahnung gegen Krieg und Gewalt geworden. Der Laubengang in Godelhausen ist zusammengesetzt aus Jahreszahlen von Schlachten, naturwissenschaftlichen Formeln, Zitaten und Literaturtiteln. Ein Fries aus 70 Köpfen zeigt individuelle Gesichter berühmter Personen aus der Geschichte. Aber dieser Weg führt nicht in eine helle Zukunft, sondern in ein Massensterben. Denn das kapellenartige Gebäude am Ende des Gangs zeigt zahlreiche Totenschädel unter Militärhelmen als Ergebnis der dargestellten Kampf- und Kriegsszenen. In der Mitte liest man als sarkastischen Kommentar das Horaz-Zitat „Dulce et decorum est pro patria mori“ (Es ist süß und ehrenvoll, für das Vaterland zu sterben). Lothar Emrich wurde in Godelhausen geboren und hatte in Mainz Kunsterziehung studiert. Nach mehreren Jahren als freischaffender Künstler unterrichtete er von 1978 bis 2008 als Kunsterzieher am Gymnasium in Kusel. Er war ein unermüdlicher Sammler, holte sich Anregungen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Fachgebieten und verarbeitete sie in seinem Gesamtkunstwerk. Wer sich den Garten ansieht, ist einerseits von der Fülle überwältigt, aber andererseits erschrocken über den Zustand vieler Skulpturen, der sich in den vergangenen zwei Jahren dramatisch verschlechtert hat. Um den Garten – und damit ein einzigartiges Werk – zu retten, müsste schnell etwas geschehen. (dhb)

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