Kusel TuS Schönenberg : Typisierungsaktionen bei allen Heimspielen

Yannick Pfaff (am Ball, gegen „Edo“ Rico Schroeck) ist seit April verletzt.
Yannick Pfaff (am Ball, gegen »Edo« Rico Schroeck) ist seit April verletzt. Foto: m. hoffmann

Jeder zehnte Patient in Deutschland, der an Blutkrebs erkrankt ist, findet keinen passenden Stammzellenspender. Yannick Pfaff vom TuS Schönenberg hatte eine prima Idee: Bei allen A-Klasse-Heimspielen des TuS in dieser Saison können sich Spieler wie Zuschauer registrieren lassen. Der 22-Jährige setzt darauf, dass sich die gegnerischen Teams im Vorfeld mit dem Thema auseinandersetzen.

„Das wäre doch super“, sagt Yannick Pfaff, „wenn es bei den anderen Teams in der Vorbesprechung heißen würde: ,Jetzt mal kurz Sport beiseite, kommen wir zum wichtigen Teil. Wer ist noch nicht registriert?’“ Der derzeit verletzte Offensivspieler hofft, jede Menge seiner sportlichen Kontrahenten motivieren zu können, sich als potenzieller Stammzellenspender beim DKMS (früher: Deutsche Knochenmarkspenderdatei) typisieren zu lassen. Zu jedem Heimspieltag des TuS Schönenberg rückt er mit Infomaterial und den berühmten Wattestäbchen an – so erreicht er jeden Kicker der A-Klasse Kusel-Kaiserslautern. Und sportlich aktive Menschen im Alter von 17 bis Mitte 30 seien nun mal die geeignetsten Spender.

DKMS: „Ungewöhnliche Idee“

Das weiß Yannick Pfaff, weil er sich akribisch eingelesen hat. Die Mutter eines Freundes sei an Blutkrebs erkrankt, schildert der 22-Jährige, wie er auf das Thema aufmerksam geworden ist. Als Spender registrieren lassen konnte er sich nicht wegen einer Autoimmunerkrankung. Er hörte sich um, bekam mit, dass viele Freunde an der Saarbrücker Uni bereits registriert sind, in seinem Verein aber viele noch nicht.

Und Pfaff wollte etwas tun. Fügung des Schicksals: Im April hatte er sich in der Partie gegen Ramstein das Kreuzband gerissen, an einen Einsatz auf dem grünen Rasen ist in diesem Jahr nicht mehr zu denken – „also habe ich an den Spieltagen Zeit“. Er wandte sich mit seiner Idee ans DKMS und an den TuS Schönenberg, alle waren begeistert.

Auf der Internetpräsenz des DKMS gibt es sogar eine eigene Seite, die sich an Sportvereine richtet, die sich engagieren wollen. „Aber da geht es um einmalige Aktionen“, erinnert sich Pfaff an die Rückmeldung aus Tübingen, „sie meinten, das hier sei schon eine ungewöhnliche Idee“.

Auswärtsteams sollen früher anreisen

Und dabei habe sich der Aufwand bislang in Grenzen gehalten. „Ich habe viel gelesen und ein paarmal mit dem DKMS telefoniert – alles in allem vielleicht zehn Stunden.“ Die eigentliche Arbeit stehe an den Spieltagen an. „An denen bin ich immer drei, vier Stunden lang da“, sagt Yannick Pfaff, „aber ganz ehrlich: Ich würde ja sowieso Fußball gucken.“

Die Grundidee: Die Auswärtsmannschaften reisen eine Viertelstunde früher als gewohnt an, haben am besten schon in der Woche zuvor kurz über das Thema gesprochen. „Dann erkläre ich in Ruhe alles, und bis zum Anpfiff ist das Team locker durch.“ Das gesamte Prozedere dauere maximal zehn Minuten für den einzelnen. Nach der Partie sei es etwas schwieriger: Denn vor dem Wangenabstrich dürfe der Freiwillige zehn Minuten lang nichts getrunken haben. Keine Option, nach 90 kräftezehrenden Minuten ...

Nachahmer gesucht

Die Mannschaft des TuS sei mittlerweile fast komplett registriert – „zumindest die, die spenden dürfen, denn es gibt sehr viele Ausschlusskriterien“, wie Pfaff sagt. Und während der Partien baut Pfaff sein Ständchen mit Erläuterungen und Formularen auf und hofft auf Zuschauer, die sich registrieren lassen wollen. Da helfe es, dass der TuS Schönenberg hinter der Aktion stehe, die Plattform biete, beispielsweise in den sozialen Netzwerken dafür werbe.

Pfaffs große Hoffnung ist, dass andere Vereine dem Schönenberger Beispiel folgen. „Wenn man nur zehn Leute bei jedem Spiel findet, 15 Heimspiele pro Saison“, rechnet er vor, „dann kann man damit sehr viel erreichen.“ Und wenn man bedenke, wie viele aktive Fußballer es deutschlandweit in den unteren Ligen gebe ... „Oft ist es ja nur Bequemlichkeit, warum man so etwas nicht macht – also bringen wir die Stäbchen mit auf den Fußballplatz.“

Wie das Ganze angenommen werden würde, davon hatte Yannick Pfaff im Vorfeld freilich keinerlei Vorstellung. Bislang ist er zufrieden, vor allem vom FC Queidersbach zeigt er sich begeistert: „Da haben sich alleine acht Leute aus dem Team registriert, dort hat ein Spieler aus der zweiten Mannschaft richtig toll motiviert.“ Gegen den TuS Glan-Münchweiler habe es zwar weniger Zuspruch gegeben, „aber die hatten schonmal eine Aktion im Ort“, weiß Pfaff. „Da waren viele schon registriert.“ Am ersten Spieltag, gegen die „Rowos“, seien die Materialen vom DMKS noch nicht da gewesen. „Da nehme ich alles mit zum Rückspiel“, verspricht Pfaff.

Zur Sache: Stammzellenspender

Rund acht Millionen Menschen in Deutschland sind bereits als Stammzellenspender registriert. Dennoch findet jeder Zehnte an Blutkrebs Erkrankte keinen passenden Spender, weil die Gewebemerkmale zu 100 Prozent passen müssen. Bei der Typisierung hält sich der potenzielle Spender ein Wattestäbchen eine Minute lang an die Innenseite der Wange, danach muss er es zwei Minuten lang zum Trocknen in der Hand halten. Außerdem muss er eine Einverständniserklärung ausfüllen.

Wer eines Tages als Spender in Frage kommt, ein Leben zu retten, der wird vom DMKS informiert. Normalerweise können die Stammzellen aus der Blutlaufbahn entnommen werden. In 20 Prozent der Fälle ist eine Knochenmarkspende nötig. Das Knochenmark wird unter Vollnarkose entnommen, ist allerdings nicht zu verwechseln mit Rückenmark, das Teil des zentralen Nervensystems ist.

Die Mannschaft des TuS Schönenberg geht bei der Aktion mit gutem Beispiel voran.
Die Mannschaft des TuS Schönenberg geht bei der Aktion mit gutem Beispiel voran. Foto: pfaff/frei
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