Kusel Technik, Improvisation und Erfahrung

Sack für Sack platziert der Teleskoplader die Säcke mit Bauschutt. Mit einem Flugasche-Wasser-Gemisch werden sie übergossen und
Sack für Sack platziert der Teleskoplader die Säcke mit Bauschutt. Mit einem Flugasche-Wasser-Gemisch werden sie übergossen und so zu einem stabilen Abfallberg.

Langsam tuckert der hellblaue Traktor den Berg zum Schneeweiderhof hinauf. Er hat Grünschnitt geladen. Sein Ziel ist klar: die Kreismülldeponie. Dort sitzt Andreas Dick im Annahmebüro, blickt durch die etwas verdunkelte Glasscheibe hinaus auf die Waage, die ein- und ausfahrenden Autos und LKWs (aktuell keine), aber ebenso auf die Monitore und Anzeigentafeln. Von oben kann er per Kamera sehen, was LKWs geladen haben. Der hellblaue Traktor tuckert vorbei, der Fahrer winkt, Dick winkt zurück, zeigt nach links in das Deponiegelände hinein. Der Traktorfahrer scheint sich auszukennen, ist zielstrebig unterwegs. „Eigentlich wird hier jeder Wagen bei der Ein- und Ausfahrt gewogen, aber nicht bei Grünschnitt, der ist frei“, erklärt der Ver- und Entsorgemeister, der seit 1992 auf dem Schneeweiderhof beschäftigt ist. Dick übernimmt aktuell den Job an der Waage, da ein dritter Mann fürs Büro fehlt, der in Rente gegangen und noch nicht ersetzt worden ist. Für Deponieleiter Thomas Weber kein schöner Zustand, teilt er sich doch so aktuell mit Dick die Rufbereitschaft im Wechsel. Immer muss einer bereit sein, sollte Sickerwasserhochstand gemeldet werden – eher selten – oder eine Fehlermeldung eingehen – eher häufiger. „Heute ist es ruhig“, erklärt Weber. „Wir hatten dieses Jahr schon Tage, da haben die LKWs Schlange gestanden. Ein Großkunde hat aber seine Jahresmenge schon erfüllt.“ Er läuft hinüber zur Halle gegenüber, die vier Containern Platz bietet: für belastetes Holz und Bau- und Abbruchabfälle etwa. „Wir versuchen, die Kleinmüllanlieferer möglichst hier vorne abzuwickeln“, sagt der Umwelttechniker. In Tonnen, Boxen, Gitterkörben werden verschiedene Batterien, Elektroschrott und anderes gesammelt. „Da ist schon System dahinter“, versichert Weber. Und dass Anlieferern geholfen werde. Aber aktuell scheinen die im umliegenden Gebüsch zwitschernden Vögel die einzigen Besucher zu sein. Ihnen scheint die Hitze sowie der Stapel Altreifen hinter der Halle ziemlich egal zu sein. „Ein Dauerthema. 80 Prozent aus illegalen Ablagerungen“, weißt Karla Hagner, Pressesprecherin des Landkreises. Weiter geht es mit dem Auto zum Hauptteil der Deponie. Der liegt vom Bürogebäude aus gesehen auf der anderen Seite der Bergkuppe und ist nur über einen Weg zu erreichen ist, der über Gelände der Basalt AG führt. Lauter, betriebsamer und deutlich unangenehmer riechend ist es, wo die Dreiergruppe – Deponieleiter, Pressesprecherin und RHEINPFALZ-Redakteurin – bei der Werkstatt aus dem Wagen steigt. Das liegt nicht an dem Sperrmüll, der gegenüber gesammelt und nach Sorten in Container geladen wird – oder auf die Haufen daneben, wenn wie aktuell die Container voll sind. Der Geruch stammt von den großen Hausmüllcontainern, volle wie leere. Ebenso unangenehmer Duft wabert aus der Halle, in der später die ersten Mülltransporter den im Kreis eingesammelten Müll durch Schütten in die Container fallen lassen werden. Luftiger wird es auf dem Spaziergang den folienbedeckten Müllberg auf Deponieabschnitt I hinauf. Die 2,5 Millimeter dicke, schwarze Folie trennt dort auf einer Fläche von vier Hektar Fußgänger und Fahrzeuge vom Hausmüll der Kreishaushalte der vergangenen etwa 15 Jahre. „Die sind besonders stabil“, versichert der Deponieleiter. Bahnschwellen von 260 Kilogramm Gewicht sollen sie am Platz halten. „Aber 100 Prozent dicht wird es erst mit der richtigen Oberfläche.“ Es ist richtig schön, hier im Sonnenschein entlang zu gehen, den Blick über die Landschaft schweifen zu lassen. „Im Winter ist das ganz anders“, weiß Weber. Dann sei es erstes Gebot, am Morgen die Wege befahrbar zu machen. Er zeigt auf kaminähnliche silberne Metallrohre, auf Stutzen und auf dicke, schwarze Rohre am Boden – die Gasbrunnen. „Die Deponie muss immer besaugt werden. Natürlich nur im Millibar-Bereich.“ Eine Hochtemperaturfackel, die er später zeigen wird, verbrennt das Gas. Unscheinbar ist der weiße Container, die Fackel darüber ist nur ein Flackern im Sonnenlicht. Eine Fachfirma ist hier zuständig. „Die Wärme reicht nicht aus, um sie zu nutzen“, wird Weber erklären. Doch zuerst fällt der Blick auf den aktuell genutzten Bauabschnitt II der Deponie, wo ein Teleskoplader große weiße Säcke einen nach dem anderen „einbaut“. „Das ist aktuell Dämmmaterial in gepresster Form. Es wird nichts angenommen ohne Analytik“, versichert Weber. Und dann kommt ein Tanklader, der das geladen hat, was die Säcke verschmelzen, den Müllberg stabilmachen wird: Flugasche. Gemischt wird sie mit Wasser in einer einfach aussehenden Konstruktion, einem Metallgestell mit Schlauchanschluss. „Selbst gebaut nach meinen Plänen. Relativ einfache Technik, aber funktioniert. Andere haben dafür viel Geld ausgegeben“, sagt der Deponieleiter. „Das härtet ganz schnell aus.“ Zurück bei der Werkhalle. Mit lautem Rumms landet der Haushaltsmüll aus dem Müllauto im ersten Container. Es staubt und stinkt hier am Umladeplatz. Draußen lädt ein LKW einen Container auf, um den Müll in die Verbrennungsanlage zu bringen. Mit dem Traktor werden die Container unterhalb der Halle ausgetauscht. Bis zu zwei können aus einem voll gepressten Müllauto beladen werden. Vier davon sind im Kreis wochentags unterwegs. Bleiben noch zwei Stationen: Die zweistufige Sickerwasser-Reinigungsanlage, die mit dem biologischen Belebungsbecken und zwei großen Aktivkohlefiltern von der WVE Kaiserslautern betrieben wird. Und die Kompostieranlage – die lediglich eine Asphaltfläche mit einem langen Haufen Grünschnitt, dahinter zwei Bergen Kompost ist. Zu dem werden Hecken, Gras und Äste sowie beigemischte Baumwolle, wenn sie geschreddert in einer Miete lagern, 14 Tage mit 70 Grad im Innern, mit zwei Thermometern überwacht – fertig ist die Anlage. Erstaunt ist Weber nur, dass der qualitativ hochwertige Kompost zu 15 Euro pro Tonne so schlecht zu vermarkten ist. Dennoch sei es ja generell so, erklärt er kurz vor der Abfahrt vor der betriebsamen Umladehalle: „Müll ist ein Riesengeschäft und ein hart umkämpfter Markt. Ich will hier nur schauen, dass der Laden kostendeckend läuft“ – mit einer Mischung aus Hightech, Improvisation und Erfahrung, wie hier immer wieder zu sehen ist.

Was für den einen Schrott ist, kann an anderer Stelle recycelt werden und wird hier auf der Deponie sortiert.
Was für den einen Schrott ist, kann an anderer Stelle recycelt werden und wird hier auf der Deponie sortiert.
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