Rheinpfalz Schon seit 2014 schwelt der Streit

Blick auf Martinshöhe im Sommer 2015. Etwas Vergleichbares wollen viele Menschen in und um Mehlbach nicht sehen.
Blick auf Martinshöhe im Sommer 2015. Etwas Vergleichbares wollen viele Menschen in und um Mehlbach nicht sehen.

Am heutigen Donnerstag findet in Mehlbach eine Infoveranstaltung statt, die das Für und Wider von Windenergieanlagen (WEA) darlegen will. Sofern es gelingen sollte, die verfahrene Diskussion in der 1000-Einwohner-Gemeinde zu entschärfen, könnte der Meinungsaustausch zwischen Ortsbürgermeister Harry Braun und Gegnern des Projekts nach jahrelangem Zwist endlich wieder versachlicht werden.

Zurzeit scheinen die Fronten verhärtet, zumal die Kontrahenten ihren Zwist nicht nur rhetorisch, sondern auch publizistisch und schließlich juristisch austrugen. Zumindest Außenstehenden fällt ein Überblick schwer, weil die „Naturschutzinitiative Pfalzwald“ mit anderen Interessenverbänden zusammenarbeitet, die teilweise aus denselben Mitgliedern bestehen. So gab oder gibt es eine „Bürgerinitiative gegen Windkraft im Mehlbacher Wald“, die seit Jahren aktive „Gegenwind“-Bewegung sowie die „Bürgerinitiative Windrad“. Eine „Interessengemeinschaft zur Klärung der Haushaltslage der Gemeinde Mehlbach“ trat erst 2017 auf den Plan. Damit scheint die aktuelle Lage komplizierter als zu Beginn. Ein Rückblick: Mai 2011: Nach der Wahl zum rheinland-pfälzischen Landtag besteht die Regierung aus einer Koalition von SPD und Grünen. Sie gibt die Parole aus, im Rahmen der Energiewende bis zum Jahr 2030 den Strombedarf ausschließlich durch regenerative Quellen zu decken. Vor allem der Windenergie wird eine wichtige Rolle zugewiesen, wobei sich ihr Beitrag schon bis 2020 verfünffachen soll. April 2012: Der Mehlbacher Gemeinderat fasst einen Grundsatzbeschluss zum Bau eines Windparks aus fünf Anlagen, deren Betrieb den Haushalt wieder auf die Beine bringen soll. Der Schuldenstand der Kommune liegt zu dieser Zeit bei 2,8 Millionen Euro, pro Anlage und Jahr hofft man auf bis zu 40.000 Euro Gewinn. Juni 2014: Aus Sorge um eine geminderte Wohnqualität ihrer Häuser und Grundstücke formiert sich die „Bürgerinitiative Windrad“. Deren (in Schneckenhausen lebende) Sprecherinnen Sybille Neumann und Uta Ritzmann-Stark erklären im RHEINPFALZ-Gespräch, wichtig sei vor allem die Beachtung natur- und umweltrechtlicher Vorgaben: „Wir haben Bedenken, dass die Bäume, in denen der Rotmilan brütet, in den nächsten Jahren sang- und klanglos verschwinden.“ September 2014: Die Nachbargemeinde Schneckenhausen äußert Skepsis gegenüber dem Mehlbach-Projekt, zeitgleich sind Bedenken aus Schallodenbach zu hören. Zum ersten Infoabend der „Bürgerinitiative Windkraft“ kommen gut 250 Zuhörer. Die Pfalzwerke – damals Projektträger des geplanten Windparks – schicken keinen offiziellen Vertreter. Inzwischen ist noch von vier anstelle der angestrebten fünf Anlagen die Rede. Laut Konzept sollen sie mit den Rotoren eine Gesamthöhe jeweils von 200 Metern haben. März 2015: Nachdem die Forstverwaltung am geplanten Standort Fuchsplacken/Wolfsbau bereits mit ersten Rodungen begonnen hat, treten die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) und der neue Raumordnungsplan (ROP) in Kraft. Juni 2015: Die Pfalzwerke legen das Projekt auf Eis, wollen aber grundsätzlich daran festhalten. Das Energieunternehmen spricht von einer „Verzögerung der weiteren Projektarbeit“, zumal noch kein Gutachten zum Vogelflug vorliege. Dezember 2016: In der Gemeinde Sulzbachtal ganz in Mehlbacher Nähe wird ebenfalls über eine Haushaltskonsolidierung durch die Errichtung eines Windparks nachgedacht. Derweil ziehen sich die Pfalzwerke aus dem Mehlbacher Vorhaben zurück, vorübergehend kehrt Ruhe ein. Januar 2017: Ab Monatsmitte setzt eine extreme Kaltwetterperiode ein. Die Bürgerinitiative „Gegenwind“ schreibt auf ihrer Internetseite, dass in den folgenden zwei Wochen „die 26.000 WEA (…) so gut wie nichts zur Elektrizitätsversorgung unseres Landes“ beigetragen hätten. Vergleichbar gering sei die Leistung der Fotovoltaikparks, die sich laut „Gegenwind“ inzwischen auf 400 Millionen Quadratmeter erstreckten. Daher sei „der Ausbau wetterabhängiger Stromerzeugung unverzüglich einzustellen“. Juni 2018: Nachdem das Vorhaben fast drei Jahre lang ruhte, tritt die Firma Gaia aus Lambsheim (Rhein-Pfalz-Kreis) als neue Projektträgerin für den Windpark Mehlbach auf, der jetzt noch aus drei WEA bestehen soll. Wer sie betreiben soll, lässt Ortsbürgermeister Braun auf RHEINPFALZ-Anfrage offen. Die „Naturschutzinitiative Pfalzwald“ kritisiert erneut, die Verhandlungen fänden wieder ohne Bürgerinformation statt. So sei weiterhin unklar, wieso die Anlagen errichtet werden könnten, obwohl die Rotmilane immer noch im Mehlbacher Wald lebten. Juli 2018: In nichtöffentlicher Sitzung stellt der Mehlbacher Gemeinderat erneut die Weichen für den Bau eines Windparks. Eine amtliche Einwohnerbefragung, wie sie von der FWG gefordert wurde, findet nicht statt. August 2018: Die „Interessengemeinschaft zur Klärung der Haushaltslage der Gemeinde Mehlbach“ macht ein neues Fass auf. Der Vorwurf jetzt: Die Haushaltspläne von 2008 bis ’11 wiesen falsche Bilanzen auf. November 2018: Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern lehnt Ermittlungen ab, nachdem die „Interessengemeinschaft zur Klärung der Haushaltslage“ Strafanzeige gegen Orts- und Verbandsbürgermeister erstattet hat. Folgenlos bleibt auch eine Gegenanzeige der Verwaltung gegen die „Interessengemeinschaft“. Sybille Neumann widerspricht der RHEINPFALZ-Behauptung, hinter der „Interessengemeinschaft“ stehe die „Naturschutzinitiative“. Es gebe lediglich einige Doppelmitgliedschaften.

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