Kusel Reipoltskirchen: Licht verwandelt Wasserburg in Kunstlandschaft

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Farbkleckse und explosives Liniengewirr: Ingo Bracke setzte die Wasserburg Reipoltskirchen am Freitagabend zur Eröffnung der Kunstaktion Blick:Wechsel in ein ganz neues, faszinierendes Licht.

Blau, rot, in Erdtönen. So haben selbst die Reipoltskircher ihre Wasserburg noch nie gesehen. Seit Freitagabend läuft die Lichtkunstaktion Blick:Wechsel. Zur Vernissage setzte Künstler und Kurator Ingo Bracke Architektur und Landschaft persönlich in Szene. Das war einmalig. Bis 25. August läuft die Lichtkunst automatisiert.

Es gab Applaus auf der Brücke über dem Wassergraben in der Stunde zwischen 23 Uhr und Mitternacht. Wo schon seit dem frühen Abend mächtiges Didgeridoo-Wummern Gewaltiges ankündigte, hatten sich die Vernissagegäste versammelt, hatten gestaunt, beobachtet, gelauscht, Gegenstände im Abstrakten entdeckt und Idyll in der Moderne. Farbkleckse wie aus einem Franz-Marc-Gemälde, explosives Liniengewirr, naturalistische Landschaftsmalerei: Bracke nutzte den Bergfried und die Giebelwand des Burghauses als Leinwand für blau, rot, grün und ocker, für Knalliges und Ton-in-Ton-Gedecktes.

Bis zum 25. August  zu sehen

Dahinter, daneben, darüber, darunter: verstörende, harmonisierende, betonende Töne, Hintergrundrauschen; live von den Neuen Wandermusikanten und programmiert aus der Konserve von Bracke. Automatisiert wird die Lichtkunst auch weitergehen, bis 25. August von Einbruch der Dunkelheit bis jeweils gegen Mitternacht, mit Grafischem und Gemaltem in 15-Minuten-Dauerschleifen. Den Sommer über wandelt sich Architektur durch Licht zur Kunstlandschaft und umgekehrt. Blick:Wechsel gehört als Aktion zu einem jährlichen Zyklus, den Bracke mit Wolkenhain.Aktionen überschreibt. Die Auflage 2018 begann in Kaiserslautern und setzt sich in Reipoltskirchen fort. Das erstmals überhaupt in einem Hochsommer, wie Bracke sagt. Der Termin war gesetzt, der Sommer ist der feste und von den langen Jahren der Kunst im Grünen, die die Blick:Wechsel nun unterbrechen, gewohnte Freiluftkunsttermin des Landkreises. Für Illuminierungen sind die langen Tage nicht förderlich, für die nachtaktive Natur auch nicht. Schutzmaßnahmen laufen, Pausen während der Beleuchtung in der Landschaft und Folien vor den heißen Lichtquellen beispielsweise.

Ort der Kunst

Die Vernissage – wie gewohnt von den Vernissagen auf der Wasserburg waren die Reden im hinteren Teil des Hofes kaum zu verstehen – mischte Erwartetes, bevor der Blick zum eigentlichen Anlass wechselte: Ansprachen, Häppchen und Musik. Landrat Otto Rubly sprach von der inspirierenden Wirkung des in Reipoltskirchen getauften Barockmalers Johann Heinrich Roos, Lauterecken-Wolfsteins Bürgermeister Andreas Müller lobte Reipoltskirchen als Ort der Kunst, Vera Schwehm-Schwarze erläuterte die Rolle der auf der Burg ansässigen Jugendkunstschule und Laudatorin Claudia Luxbacher die des Raums als Ausgangspunkt und Kern von Brackes Kunst. Diese Einordnung hallte bald darauf im Wortsinn wider: Im Tal und an den Hängen, dort, wo an den Bergfried angelehnte Kuben die grafischen Projektionen mit dickstrichigen Zeichnungen zweidimensional aufgreifen, sorgten die Neuen Wandermusikanten im improvisatorischen Spiel von Ton, Echo und Licht für ein unter die Haut gehendes Erlebnis. Weiter ging es über den Skulpturenweg, begleitet von Glühwürmchen und rot glühenden Lichtgeistern, die die Eleven der Jugendkunstschule entworfen und gefertigt hatten. Wo das Grün den Blick freigibt, präsentierte sich der auch von dieser Seite her illuminierte Turm wie aus rohem Fels gewachsen. Perfekte Illusion, Blickwechsel durch Abstand – der Eindruck verlor sich beim Näherkommen. Dank gab es an diesem Abend auch für Wolfgang Klein. Der „gute Geist der Wasserburg“ (Bracke) hatte für die Logistik rund ums Projekt und die Eröffnung gesorgt.

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Ingo Bracke
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