Donnersbergkreis Neutrale Schwärze

Gebilde wie aus dem Bergwerk: Matthias Lutzeyer.
Gebilde wie aus dem Bergwerk: Matthias Lutzeyer.

«Rockenhausen.» „Kahnweiler hätte dieses Experiment gefallen,“ sagte Luise Busch vom Arbeitskreis Kahnweilerhaus bei der Eröffnung der Ausstellung „Malerei“ des Künstlers Matthias Lutzeyer im Kahnweilerhaus in Rockenhausen. „Er stand allem Neuen aufgeschlossen gegenüber, und was wir hier sehen ist neu und bestimmt nicht leicht zu verstehen.“ Sie bedankte sich auch bei Marie-Luise Flach, die mit ihr zusammen beim Aufbau der Ausstellung geholfen hatte.

Die Kaiserslauterer Kunsthistorikerin Dr. Claudia Gross zitierte in ihrer Einführung Johannes Jahn, der den Unterschied der Malerei zur Baukunst in der Fläche sieht. Die gestaltenden Elemente sind Farbe und Linie, wobei die Linie fehlen kann. Jede Farbe besteht aus Pigment, einem Farbpulver, das durch das Bindemittel zu flüssiger oder pastoser Farbe, zu Eitempora oder Ölfarbe wird. Lutzeyer bringt das Pigment zuerst auf einen Holzträger auf und sprüht dann das Bindemittel mit einem Zerstäuber auf das Pigment. An den Stellen, an denen sich das Farbpulver höher aufgetürmt hat, haben sich dann beim Trocknungsprozess tiefe Risse gebildet. Im Falle der ausschließlich schwarzen Arbeiten, wie wir sie hier in der Ausstellung hauptsächlich finden, ist es schon eine gehörige Menge Pigment, die vom Künstler selbst mit Leinölfirnis in einer 100 Liter fassenden Zinkwanne mit der Hand zu einem Farbteig verrührt werden. Durch das Mischungsverhältnis und das Verrühren entstehen Kugeln, die bei der richtigen Farbkonsistenz taubeneiergroß sind. So beschreibt Lutzeyer selbst diesen Arbeitsvorgang. Seit 2006 verarbeite er nur noch das leichtere Rußschwarz, das sich durch seine neutrale Schwärze auszeichnet, beziehungsweise das ins Braune changierende, schwere Eisenoxydschwarz. Sein Atelier mutet wie ein Bergwerk an, wo in langen Produktionsprozessen die Farbe entsteht. Den Arbeitsplatz mit schwarzen Farbpigmenten und rußig anmutenden Werkzeugen konnte man bereits auf den Einladungskarten sehen. In den Regalen an den Wänden lagern weitere Kugeln bis zu ihrer Weiterverarbeitung, die dann mit dem Hammer erfolgt. Danach wird dem Pulver weiteres Leinöl beigemischt und daraus ein Rohling geformt. An dieser Stelle verwies die Kunsthistorikerin auf eine Holzplatte mit Farbproben im Flur des Kahnweilerhauses. Die Farbbälle dort sind mit verschiedenen Bindemitteln und Ölen gemischt oder sie unterscheiden sich in der Konsistenz. Es sind Werkproben, zum besseren Verständnis der Arbeitsweise des Künstlers hier ausgestellt. An den in der Ausstellung zu sehenden Wand- und Bodenprojekten lassen sich die verschiedenen Stadien der Entstehung ablesen. So findet sich in einem Raum ein Werk, auf dem die Farbkügelchen noch sichtbar sind, an anderen erkennt man den Duktus des Farbantrags und immer wieder entdeckt man auch Handspuren des Künstlers. Alles an diesen Exponaten wirkt massig, behäbig und schwer. Die hängenden Werke werden zu Farbreliefs, die am Boden platzierten zu Plastiken. Litzmeyer erzählt noch, dass er eigentlich immer auf dem Boden arbeitet und dass er manche Objekte dann einfach dort liegen lässt. Seine Art zu arbeiten habe er bereits während des Studiums entwickelt. Farbe wurde als Materialität begriffen, sie wurde auf die Leinwand „angeschmissen“ und er spricht auch vom „Anrennen gegen das Brett.“ „Farbe ist ein Körper,“ behauptet er im Künstlergespräch und berichtet von den Fragen, die ihn beschäftigen: „Was will die Farbe auf dem Träger? Was will das, was ich gerade angerührt habe?“ Er zeige die Farbe schonungslos und konsequent in diesem arbeitslosen Zustand und will nicht mehr demonstrieren, wie die Farbe arbeitet, sondern wie es aussieht, wenn sie nicht arbeitet, fasst es Boris Goys einmal in einem Kommentar zusammen. Matthias Lutzeyer wurde 1959 in Stuttgart geboren und studierte in den 1980er Jahren an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in seiner Heimatstadt. Seit 1989 stellt er seine Werke regelmäßig in Einzel-und in Gruppenausstellungen in Deutschland und in der Schweiz aus und er ist auch Mitglied im Deutschen Künstlerbund. Info Die Ausstellung im Kahnweilerhaus ist noch bis zum 19. August zu den üblichen Öffnungszeiten donnerstags bis sonntags von 15 bis 17 Uhr zu besichtigen.

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