Kreis Kusel „Mister 100 Prozent“ vom Tivoli

In Kusel groß geworden, beim FK Pirmasens zum Junioren-Bundesliga-Spieler und zum gestandenen Regionalliga-Akteur avanciert: Jet
In Kusel groß geworden, beim FK Pirmasens zum Junioren-Bundesliga-Spieler und zum gestandenen Regionalliga-Akteur avanciert: Jetzt trägt Alexander Heinze das Trikot des Ex-Bundesligisten Alemannia Aachen.

«AACHEN/KUSEL.» Nicht mal für einen Kurz-Abstecher in die „alte Heimat“ blieb Zeit: Vorbei ging’s am Landstuhler Kreuz, wo die A 62 in der einen Richtung nach Kusel, in der anderen nach Pirmasens führt. In der Schuhstadt, die er neun Jahre lang zum Training oder Spiel angesteuert hat, hätte Alexander Heinze den früheren Kameraden einen Besuch abstatten können. In Gegenrichtung ist die Familie zu finden, auch die Freundin des 24-Jährigen kommt aus der Kuseler Kante. Der Mannschaftsbus der Alemannen aber steuerte schnurstracks auf die deutsch-französische Grenze zu, ehe es am Abend direkt wieder Richtung Dreiländereck ging. Mit im Rückreisegepäck: eine Packung, sechs Gegentore dick. Mit 0:6 hatte die Alemannia aus Aachen das Winter-Testspiel gegen die SV Elversberg – ausgetragen im französischen Forbach-Alsting – verloren. Sechs Gegentore: Das kann keinem Spieler, schon gar nicht einem Defensivakteur schmecken. Heinze indes sah es locker, obwohl er im Testkick wahrlich nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Egal: Wenn’s ernst wird, dann wird auch Heinze wieder seine Form finden. Davon ist er selber, davon ist auch sein Trainer überzeugt. „Mister 100 Prozent“, so nannte Fuat Kilic seinen langen Innenverteidiger im Gespräch mit der RHEINPFALZ gleich mehrmals, sei wahrlich ein Ass. Der Alemannen-Coach fügt hinzu: „Das sieht ja wegen seiner Körpergröße nicht immer schnell und geschmeidig aus. Aber er kriegt sie halt alle – zu 100 Prozent.“ Und bei exakt 100 Prozent liegt in der Tat die Einsatzquote des Innenverteidigers: Heinze hat als einziger Akteur vom Tivoli keine Minute verpasst, hat in allen Saisonspielen in der Regionalliga West vom An- bis zum Schlusspfiff auf dem Platz gestanden. Nach den 18 Partien im alten Jahr hatte der Dauerbrenner auch in den bislang nur drei Spielen im Februar und März vom An- bis zum Schlusspfiff mitgemischt sowie über die volle Distanz in einem Pokalspiel auf dem Feld gestanden. In der Tabelle der Regionalliga West rangieren vor der Alemannia nur Spitzenreiter Viktoria Köln und der Krefelder FC Uerdingen. Rot-Weiß Essen, Rot-Weiß Oberhausen, SG Wattenscheid, SV Wuppertal – das sind weitere wohlklingende Namen früherer Erstligisten, die sich in der Regionalliga West tummeln. „Mir gefällt’s prima“, sagt Heinze, der in Aachen heimisch geworden ist, eine Wohnung bezogen hat. Er lässt es sich indes nicht nehmen, möglichst einmal monatlich ins Kuseler Land zurückzukehren. Als Schulbub ist Heinze in die Westrich-Kreisstadt gekommen, zusammen mit Mutter Katrin, die dort ihr privates Glück gefunden hatte. Nahe lag es da für den talentierten Kicker, sich der SG Blaubach-Diedelkopf anzuschließen. Der Stammverein von Miroslav Klose war damals noch beste Adresse für Nachwuchsspieler. Doch stellte sich der Abwehrspezialist bald einer neuen Herausforderung. Heinze wechselte 2008 nach Pirmasens, spielte mit den B-Junioren sogar in der Bundesliga. 21 Partien in der U17-Eliteliga standen für Heinze in der Saison 2009/2010 für „die Klub“ zu Buche. Das Abenteuer Bundesliga fand ein schnelles Ende, der FKP stieg ab. Heinze blieb – und schaffte auf Anhieb den Sprung zu den Herren. Auf 25 Spiele in der Oberliga-Saison 2012/2013 folgten 34 im Meisterjahr 2013/14. In den folgenden drei Regionalliga-Spielrunden war der 1,96 Meter große Abwehrhüne in 101 Partien am Ball. Mit dem Wechsel nach Aachen hat Alexander Heinze nun auch fast den Sprung vom Feierabend- zum (Halb-) Profifußballer geschafft. Im dualen Betriebswirtschafts-Studium mit Fachrichtung Steuerwesen und Wirtschaftsprüfung beim Bachelor angelangt, arbeitet er noch 16 Stunden die Woche bei einem Steuerberater unweit des Tivoli und darf sich ansonsten dem Fußball widmen. Die wirtschaftlich angeschlagenen Alemannen sind momentan zumindest sportlich auf gutem Wege: „Für uns völlig überraschend“, kommentierte der Coach den fünften Platz, auf dem die Aachener überwinterten. Mittlerweile steht das Team auf Position drei: Im neuen Jahr folgten ein Heim- und ein Auswärtssieg – beim 3:0 vergangenes Wochenende bei der U 23 von Fortuna Düsseldorf erzielte Heinze in der 86. Minute das letzte Tor – sowie eine Auswärtsniederlage. Geht der Blick nach oben? Nein, Aufstiegsambitionen hegt Trainer Kilic nach eigener Aussage nicht. Der Saisonstart war etwas in die Hose gegangen, danach hatte sich sein Team – vor wenigen Jahren mal wieder kurz in der Ersten Bundesliga – berappelt. Nicht zuletzt dank des hochgewachsenen, 1,98 Meter großen Neuzugangs aus der Westpfalz. Heinze war nun zwar mit dem Testspiel-Auftritt gegen die SV Elversberg nicht sonderlich glücklich. Doch ein anderes Erlebnis hatte ihn vorab schon entschädigt: Im Testspiel gegen Zweitligist VfL Bochum hatte Heinze den 1:0-Siegtreffer für die Gelb-Schwarzen markiert. Ein ganz besonderes Tor für ihn: „Hat mich mächtig gefreut“, sagt Heinze rückblickend. Denn: Zur Stadt Bochum und deren Vorzeige-Fußballverein pflegt Heinze eine besondere Beziehung: In Bochum hat Heinze an Heiligabend 1993 das Licht der Welt erblickt. Und: Im Ruhrstadion hat er schon als Kind auf der Tribüne mitgefiebert. Dort, in der von Herbert Grönemeyer musikalisch verewigten Revier-Stadt, lebt sein Vater Bernd Heinze, sind Alexanders ältere Schwester Juliane und sein „kleiner“ Bruder Frederic zu Hause. Familientreffen gibt’s übrigens regelmäßig im großen Kreis – denn die Eltern und deren jeweilige neue Partner verstehen sich bestens. So verwundert kaum, dass sich Bernd Heinze kaum die Gelegenheit entgehen lässt, zur Kuseler Messe bei Familie Drumm aufzulaufen.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x