Kusel Kusel: Ministerin Spiegel bleibt bei Afa-Besuch schlüssige Antworten schuldig

Die Kinder der Spielstube hatten Ministerin Anne Spiegel ein Bild gemalt. Sie versprach, es in ihrem Büro in Mainz aufzuhängen.
Die Kinder der Spielstube hatten Ministerin Anne Spiegel ein Bild gemalt. Sie versprach, es in ihrem Büro in Mainz aufzuhängen.

Integrationsministerin Anne Spiegel hat gestern die Flüchtlingseinrichtung auf dem Windhof besucht, die dortige Arbeit gelobt und ihr Interesse am Fortbestand der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) bekräftigt. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ blieb sie aber einige schlüssige Antworten schuldig.

So wollte die grüne Ministerin nichts davon wissen, dass es einst ein Versprechen des Ministeriums an die Verantwortlichen in Kusel gegeben habe, dass Kusel eine Erstaufnahmeeinrichtung sein werde – wie bei einer großen Informationsveranstaltung im Frühjahr 2015 von Ministeriumsvertretern in der Fritz-Wunderlich-Halle geschehen. Dass ausgerechnet die noch im Ausbau befindliche Einrichtung in Speyer – Heimatstadt der Ministerin – nun neben Trier offiziell Erstaufnahmeeinrichtung sei und nicht Kusel, sei dem Konzept des Landes geschuldet. Zudem sei die Landesregierung ja dazu verpflichtet, verantwortungsvoll mit Steuergeld umzugehen. Wie aber das damit zusammenpasst, dass in Kusel bereits alle Infrastruktur (inklusive neuem Röntgengerät, das nun offenbar in Speyer steht) für eine vollwertige Erstaufnahmeeinrichtung hergerichtet worden war und dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dort sogar ein eigenes Gebäude für seine Außenstelle renoviert bekommen habe, aber im vergangenen Frühjahr Knall auf Fall Kusel verlassen habe, ließ sie auf dem Windhof unbeantwortet. Spiegel und Thomas Linnertz, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD, betonten allerdings die Wichtigkeit der Kuseler Einrichtung. Dass möglicherweise die Bundeswehr Interesse haben könnte, die ehemalige Kaserne reaktivieren zu wollen, war beiden neu. „Wenn der Wunsch mal an uns herangetragen werden sollte, dann werden wir uns zusammensetzen und darüber reden“, sagte Linnertz. Spiegel ergänzte schmunzelnd, sie wolle um die Kuseler Liegenschaft kämpfen.

Viele Familien statt junger Männer

Aktuell sind 320 Flüchtlinge in der Afa untergebracht. Waren es vor wenigen Monaten noch vor allem alleinreisende Männer, so sind es heute sehr viele Familien. „Das ist ein ganz anderes Arbeiten, die Atmosphäre hat sich dadurch völlig verändert: viel weniger Alkohol, weniger Aggressivität und abends ist viel früher Ruhe“, beschreibt Daniel Pfeiffer, der die sozialen Dienste des Roten Kreuzes in der Afa verantwortet. Vor Monaten noch habe es sogar Diskussionen mit dem Land darüber gegeben, ob das Personal in der Spielstube reduziert werden solle, weil so wenig Kinder da gewesen seien. Jetzt seien regelmäßig 15 Kinder zu betreuen. Aktuell ist das DRK mit 17 Köpfen auf knapp 16 Stellen in der Afa aktiv. Knapp zwei Stellen – ein Sozialarbeiter, ein Mediziner – lassen sich nicht besetzen. Da der DRK-Vertrag mit dem Land zwar bis 2021 läuft, aber jährlich vom Land gekündigt werden kann. „Mit auf ein Jahr oder ein paar Monate befristeten Verträgen kann man halt niemanden Gutes aus einem bestehenden Job für uns gewinnen“, beschreibt Pfeiffer das Dilemma. Den größten Anteil der aktuellen Afa-Bewohner machen Türken (27 Prozent) aus, gefolgt von Nigerianern, Irakern, Iranern und Pakistani. 75 Prozent der dort Wohnenenden sind so genannte Dublin-Flüchtlinge; also solche, die in einem anderen EU-Land zuerst registriert worden. Sie haben kein Bleiberecht in Deutschland und werden abgeschoben. Bei den übrigen 25 Prozent hängt es davon ab, ob ihr Asylantrag genehmigt wird. Der ist allerdings nur in den wenigsten Fällen erfolgreich.

Nähstube als Türöffner für Gespräche

Spiegel schaute sich sowohl die Spielstube – hier empfingen die Kinder sie mit einem Lied und schenkten ihr ein großes Bild – als auch einen Deutschkurs an. Hier bringen Florian Kinder und Sara Baumann, beide im Dienste der Kreisvolkshochschule, rund 35 Flüchtlingen in einem Eingewöhnungskurs Grundbegriffe der deutschen Sprache bei. Die sind erkennbar mit Interesse dabei, obwohl sie zumeist schon jetzt keine Chance haben, in Deutschland zu bleiben. Besonderes Interesse der Ministerin fand die Nähstube, ein Gebäude, das mit wenigen Ausnahmen ganz Frauen vorbehalten ist. Nach einer Zeit des gemeinsamen Nähens und Schneiderns im geschützten Raum öffneten sich die Frauen häufig ihrer Betreuerin Brenda Walz-Volle, erzählten ihr von Problemen, schilderte Einrichtungsleiter Martin Ziemer Spiegel den besonderen Nutzen dieser Einrichtung. So könne sich der soziale Dienst dann auch um solche Probleme kümmern, die oft zwischenmenschlicher Natur seien. Dass die Frauen – und wenigen Männer – so nebenbei auch noch Fertigkeiten mitnehmen, die ihnen in ihrem Heimatland helfen können, ist ein gewollter Zusatznutzen. „Es ist toll, dass die Einrichtung hier so weitläufig ist und jeder sich auch zurückziehen kann“, fasste Spiegel am Ende ihre durchweg positiven Eindrücke zusammen, hob speziell in ihrer Eigenschaft als Frauenministerin hervor, dass es Bereiche gibt, die nur für Frauen vorgesehen seien. Die haupt- und ehrenamtlichen Helfer leisteten eine hervorragende Arbeit, lobte sie. „Kaum etwas erleichtert die Integration so sehr wie der persönliche Kontakt.“

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