Rheinpfalz „Ich bin nicht der Typ der sanften Töne“

Darum geht’s: Die „Wir sind mehr“-Demo in Kusel.
Darum geht’s: Die »Wir sind mehr«-Demo in Kusel.

«Kusel». Um den Kuseler Aktivisten Bastian Drumm hat es zuletzt viele Diskussionen geben – seit ihn der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge sogar zum Thema für den Innenausschuss des Landtags gemacht hat (wir berichteten mehrfach). Der 36-Jährige nimmt das locker: „Das ist für mich erst recht Ansporn, gegen Flüchtlingshetze und Rassismus zu kämpfen“, sagte er im Interview mit RHEINPFALZ-Redakteur Wolfgang Pfeiffer.

Herr Drumm, wie fühlt man sich als Hassfigur der AfD?

Gute Frage. Das ist okay für mich. Ein gewisser Hass gehört ja dazu, der treibt mich an. Und es ist nicht das erste Mal, dass Kritik an mir geäußert wird. Ich habe gelernt, damit umzugehen. Wenn einem gewisse Leute hassen, dann weiß man, dass man alles richtig gemacht hat. Mich muss ja auch nicht jeder lieben. Ich berufe mich lieber auf die Leute, die meine Arbeit schätzen und unterstützen.. Sollten Sie in Ihrem Kampf gegen rechts nicht zuweilen etwas sanftere Töne anschlagen, um die gemäßigten Menschen nicht zu vergrätzen? Es kommt darauf an, was man unter „sanftere Töne“ versteht. Ich finde, in der heutigen Zeit muss man eine klare Linie und eine klare Haltung gegen rechts haben. Ich finde es wichtig, dass man sich klar und deutlich gegen Rassismus und Flüchtlingshetze wehrt. Denn diese Themen sind inzwischen leider sehr weit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Da laufen ganz normale Bürger, ohne darüber nachzudenken, bei Demonstrationen mit Pegida, AfD und Nazis zusammen. Ich weiß, es ist unbequem, das so zu benennen – aber ich tue es. Und, so nebenbei: Für viele Linke bin ich sogar nur ein „System-Linker“, weil ich Familie habe, also sozusagen gutbürgerlich lebe. Dennoch schreckt Ihre radikale Wortwahl viele Normalbürger ab. Sie würden Ihrem Anliegen vermutlich mehr Zuspruch verschaffen, wenn Sie nicht ganz so harsch auftreten würden. Das mag sein. Aber ich bin nicht der Typ für sanfte Töne. Außerdem: Was an dem, was ich sage oder tue, ist denn so „linksextremistisch“? Ich setze mich für Flüchtlinge und gegen Rassismus ein. Jemand hat mal die Formulierung „Wut im Bauch und Trauer im Herzen“ benutzt. Das trifft auf mich zu. Ich bin traurig über das, was inzwischen in unserer Gesellschaft gesagt und getan wird; und ich bin wütend genug, um dagegen anzukämpfen. An Ihrer Demo „Wir sind mehr“ in Kusel hat es dennoch viel Kritik gegeben... Ich glaube, die gäbe es immer; egal aus welchem Grund. Einige haben sogar kritisiert, dass es nur veganes Essen gegeben hat. Wer kritisieren will, der findet etwas. Selbst wenn ich den Musikverein Konken hätte auftreten lassen und Würstchen verkauft hätte wie bei jedem Volksfest, hätte es Kritik gegeben. Ich drehe die Frage einmal um: Wer hält eigentlich jene, die sanftere Töne wollen, davon ab, selbst eine entsprechende Demo aus der gesellschaftlichen Mitte heraus zu organisieren? Wenn aber „Antifa“ draufsteht, hat mancher ein Problem damit... Ich glaube, wir haben mit unserer Demo auch sehr viele Leute aus der Mitte erreicht. Da waren sehr viele ganz normale Kuseler mit dabei. Und: Es ist ja nicht so, dass der schwarze Block hier einmarschiert wäre und Kusel in Schutt und Asche gelegt hätte. Hier wird dramatisiert. Stört es Sie, wenn man Sie als linksradikal bezeichnet und der Antifa zurechnet. Es ist doch eine Frage, wie man radikal definiert. Eine Definition lautet, ein Problem an der Wurzel anzugehen. Ja, das tue ich bei den Themen Rassismus und Flüchtlingshetze. Und warum ist es so negativ belegt, antifaschistisch zu sein, also gegen Faschismus zu kämpfen? Die Antifa ist keine homogene Truppe. Ja, da gibt es – wie in allen gesellschaftlichen Schichten – Gewaltbereite. Aber es gibt auch viele Antifa-Gruppen, die sehr konstruktiv den Menschen helfen. Es gibt Kritiker, die rücken Sie in die Nähe der Steinewerfer... Das ist Quatsch. Ich bin keiner, der Autos anzündet oder Steine wirft. Ich lehne Gewalt ab. Ich hatte noch nie eine Schlägerei – auch das zeigt meine Einstellung zur Gewalt. Die Kritik an Ihnen hat auch sehr stark auf Ihren Job bei der Kontaktstelle Holler abgezielt. Ja, leider. Aber es ist doch absoluter Schwachsinn zu behaupten, wir würden die Kids dort links indoktrinieren und zu Steinewerfern erziehen. Eine unserer Aufgaben dort ist es, auch mit Flüchtlingen zu arbeiten. Da liegt es doch in der Natur der Sache, dass wir für Flüchtlinge und gegen Rassismus kämpfen. Und wenn es reicht, mich als linksextrem abzustempeln, nur weil ich mich für Flüchtlinge und gegen Rassismus einsetze, dann ist das halt so. Es hat doch bestimmt Gespräche gegeben: Haben Sie den Rückhalt der verantwortlichen? Ja, die hat es gegeben. Aber ich habe die Unterstützung, und das haben sie ja auch mit ihrer Stellungnahme gezeigt. Außerdem bin ich ja auch nicht allein mit der Arbeit, die wir in der Kontaktstelle für Kinder und Jugendliche leisten. Da ist meine Kollegin Marie Kube, da sind oft auch Praktikanten und ehrenamtliche Helfer. Werden Sie nach den jetzigen Erfahrungen künftig ein wenig kürzer treten? Überhaupt nicht. Das alles spornt mich an. Und wir machen weiter. Für den 8. März haben wir eine Folgeveranstaltung, erneut mit dem Titel „Wir sind mehr“, geplant: Im Mehrgenerationenhaus wird es einen bunten Abend mit Vortrag und Musik geben. Wir kämpfen weiter gegen rechts; getreu dem Motto von Astrid Lindgren: Lass Dich nicht unterkriegen – sei frech und wild und wunderbar. | Interview: Wolfgang Pfeiffer

Bastian Drumm.
Bastian Drumm.
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