Kusel Frage der Schuldfähigkeit beschäftigt die Kammer

Das Urteil lässt noch etwas auf sich warten: Im Strafprozess um versuchten Totschlag wird vorm Kaiserslauterer Landgericht zuerst noch einmal der Zustand des Angeklagten thematisiert. Der 30-Jährige soll, wie mehrfach berichtet, eine Frau nahe des Wolfsteiner Campingplatzes mit einem Messer attackiert haben. Am dritten Verhandlungstag war gestern die Frage einer möglicherweise verminderten Schuldfähigkeit Thema.

Aus juristischer Sicht geht es darum, wie der Angriff des 30-Jährigen auf die 49 Jahre alte Frau strafrechtlich zu werten ist. Die Anklage wirft dem Mann versuchte Tötung vor. All die anderen Tatbestände – gefährliche und „einfache“ Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung – dürften als weitgehend unstrittig gelten. Zwar hat der Mann nicht das geäußert, was gemeinhin als „Geständnis“ gilt. Einiges aber hat er, nachdem er sich zunächst zu den Vorwürfen selbst nicht hatte äußern wollen, durchaus eingeräumt. Mal mit Hilfe der Dolmetscherin, mal auf Deutsch mehr schlecht als recht, hatte der Mann zugegeben, dass er in der Wohnung seiner Lebensgefährtin einiges beschädigt und diese angegriffen hat. Allerdings verharmloste er beides oder spielte es herunter. Wie auch die Messerattacke. Das sei ja alles gar nicht so schlimm gewesen. Den Dolch habe er ja nur zufällig dabei gehabt, weil er ihm in der Wohnung in die Hände gefallen sei. Auch habe er keinesfalls zielgerichtet auf die Frau eingestochen, sie schon gar nicht umbringen wollen. „Ich habe ihn so noch nie erlebt“, hatte schon am zweiten Verhandlungstag die ehemalige Lebensgefährtin des Mannes betont. Die Frau, fünf Jahre älter als er, war gleichzeitig Arbeitskollegin. Seinen Hilfsarbeiter-Job aber hatte der Mann vor dem verhängnisvollen Tag bereits verloren. Er selbst macht die Lebensgefährtin und deren Verflossenen dafür verantwortlich. Die hätten ein übles Spiel gespielt. Unter einem Vorwand habe ihn seine Freundin zu sich gerufen, weil sie sich von ihrem Ex bedroht gefühlt habe. Er habe dann unerlaubt seinen Arbeitsplatz verlassen. Die Frau hatte dies allerdings ganz anders geschildert – und die Eifersucht des Angeklagten als Hauptmotiv dafür erachtet, dass er sie am 11. Mai dieses Jahres fast krankenhausreif geschlagen haben soll. Ihre Wohnung habe er regelrecht auseinandergenommen. Noch immer auf 180, sei er dann wohl Richtung Campingplatz geradelt. Dort kam es am Abend zu der Begegnung mit der 49-jährigen Frau und deren Ehemann. Vor der späteren Festnahme hatte noch ein viertes Opfer unter der Raserei des 30-Jährigen zu leiden: Ein Bekannter des Ehepaares hatte sich an die Verfolgung gemacht und war angegriffen, mit Fäusten und Schottersteinen traktiert worden. Für das Strafmaß ist indes von Bedeutung, ob der Mann an besagtem Tag im Mai voll schuldfähig war. Will heißen: War er Herr seiner Sinne? Oder war seine Steuerungsfähigkeit eingeschränkt? Etwa durch Alkohol: Erwiesen ist, dass der Angeklagte betrunken war. Als ihn die Polizei aus dem Verkehr zog, war der Mann kaum zu bändigen. Sie habe noch nie so massive Gegenwehr erlebt, sagte eine Beamtin, nach eigenem Bekunden 20 Jahre im Beruf. „Im Rettungswagen hat man Sie ja praktisch flachlegen müssen“, hatte auch der Richter während der Verhandlung schon darauf angespielt, dass dem Mann nur mit der Verabreichung von Beruhigungsmitteln beizukommen war. Darüber, in welchem Zustand der Mann in diesem Moment war, soll nun noch der behandelnde Arzt Auskunft geben. Die Verhandlung wird am kommenden Freitag, 9 Uhr, fortgesetzt.

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