Kreis Kusel Einblicke ins Innerste

In seinen Bildern gibt er immer ein Stück seiner Befindlichkeit preis: Roger Graff.
In seinen Bildern gibt er immer ein Stück seiner Befindlichkeit preis: Roger Graff.

Kunst und Kirche gehören zweifelsfrei zusammen. Das zeigte einmal mehr eine Vernissage des Mühlbacher Künstlers Roger Graff, der unter dem Titel „Modern Art of Therapy“ am Samstagnachmittag im ehrwürdigen Gemäuer der barocken Kirche in Gimsbach mit der Ausstellung von 60 Exponaten auch einen kleinen Einblick in seine Seele gab. Der Autodidakt gehört seit etwa einem Jahr dem Kunstkreis Kusel an.

Seit Jahren kämpft Roger Graff gegen den Krebs. Oft überfalle ihn, erzählt Graff nachdenklich, eine gewisse Müdigkeit: „Obwohl mich morgens das fröhliche Zwitschern der Vögel weckte, die Sonne in bunten Farben den Tag aufleuchten ließ, fühlte ich mich ausgebrannt und niedergeschlagen“. Neben seiner schweren Krankheit bestimmten Depressionen seinen Alltag. Dann lernte er vor knapp zwei Jahren während eines Reha-Aufenthalts „Modern Art of Therapy“ kennen. Modere Kunst als Therapie? „Ich spürte, dass das Komponieren mit Farben, das Spielen mit Kontrasten, das Erschaffen von geometrischen Formen meiner Seele gut taten“. Die Möglichkeit, immer wieder Neues zu erschaffen, das Innere nach außen zu kehren, bestimmten fortan sein Leben, erzählt der ehemalige Automobilkaufmann und gelernte Metzger. Seine Bilder sind so facettenreich wie die Gesichter von Menschen, so vielfältig wie Fauna und Flora. Mit all ihren Farben und Formen, wie er sie fühlt und erlebt, mal bunt, dann trostlos grau in grau, mal klar, dann wieder verschwommen. Mal mit Spachtel, Kamm und Sprühdose, dann wieder mit filigranen Pinselstrichen auf die Leinwand gebannt. Seine Kunst zu gestalten, nur abstrakt zu nennen, drückt nicht das aus, was sich dem Betrachter eröffnet. Die Werke strahlen neben einer gewissen Schönheit und Ästhetik auch den Schrei nach Leben aus. „Rot ist meine Lieblingsfarbe“, bekennt der Mühlbacher. Dieses Rot bestimmt auch eines seiner ersten Werke, das im Pfarrgarten, quasi im Schatten des Remigiusbergs, die vielen Freunde und Besucher fast magisch anzieht. Ein Schwert, als Symbol der Stärke, das mit seiner Spitze gen Himmel zeigt, bestimmt das Exponat. Dort wo Schneide und Griff sich treffen, verlaufen dicke ineinander verschlungene Linien zusammen: „Sie sind die Wirrungen meines Lebens.“ Die tropfenartigen Spachtelauftragungen, die sich zur Spitze ziehen, spiegeln seine Therapien wider: „Den Weg zum Sieg über meine Krankheit“, erklärt Graff mit einem ansteckenden Optimismus. So erzählt jedes der 60 Exponate seine ganz eigene Geschichte, eine spannende Geschichte, die jeder für sich selbst entdecken kann. Ob diese mit den Eindrücken des Künstler im Einklang stehen, ist letztendlich egal. Um es mit den launigen Eröffnungsworten von Sigmund Niebergall, dem ehemaligen Ortsbürgermeister von Matzenbach – ein Freund Graffs – zu sagen: Ein Bild ist wie ein Wein, er schmeckt oder er schmeckt nicht...

x