Rheinpfalz „Der Orden bittet um Vergebung“

Nachdenklich blicken Besucher auf die Informationstafel. An Missbrauchstaten von Herz-Jesu-Missionaren – die heute nicht mehr Sc
Nachdenklich blicken Besucher auf die Informationstafel. An Missbrauchstaten von Herz-Jesu-Missionaren – die heute nicht mehr Schulträger des Johanneums sind – wird darauf nachdrücklich erinnert.

Vor dem früheren Internat des Homburger Gymnasiums Johanneum, das seit den 1960er Jahren Schauplatz vielfachen sexuellen Missbrauchs von Schülern durch Ordensleute der Hiltruper Herz-Jesu-Missionare war, setzten ehemalige Opfer ein Zeichen. Seit Freitag steht nahe der Schule ein Mahnmal zum Gedenken an die Vorfälle.

Michael Hackert, der 1992 am Johanneum Abitur gemacht hat, dankte dem neuen Schulleiter Oliver Schales dafür, dass im Gymnasium heute ein „neuer Wind“ wehe und eine Gedenkstätte nun möglich sei. Mit sechs ehemaligen Mitschülern hat Hackert einen Initiativkreis „Gedenkort am Johanneum“ gegründet. Bis nach der Jahrtausendwende wurde das vor 55 Jahren gegründete Homburger Johanneum von dem katholischen Orden aus Hiltrup bei Münster betrieben. Patres agierten als Lehrer, Jugendgruppenleiter und Internatsleiter. „Wir Schüler wussten es damals irgendwie alle – oder ahnten den Missbrauch zumindest“, erinnerte Hackert am Freitag an „Witzeleien“, die unter den Schülern an der Tagesordnung gewesen seien. Und an die schleimige Offerte eines Geistlichen, Schulkinder sollten ihm „Bonbons aus der Hose holen“. Heute wird von acht Tätern aus den Reihen des Herz-Jesu-Ordens ausgegangen, die am Johanneum Schülerinnen und Schüler wiederholt sexuell missbraucht haben. Bis heute, sagt Hackert, hätten sich zwölf ehemalige Schüler offenbart: „Zeugnisse Einzelner weisen auf eine deutlich höhere Anzahl hin.“ Für keinen der Täter hätten die Übergriffe zu strafrechtlichen Konsequenzen geführt. Hackert: „Öffentlich wurden einzelne Fälle erst 2010. Andere sind wahrscheinlich noch nicht einmal bekannt.“ Im Namen des Ordens trat Pater Ludger Holtmann ans Mikrofon, um „nur einen kurzen Satz“ zu sagen, wie er sich ausdrückte: „In der Vergangenheit wurden im Internat der Herz-Jesu-Missionare Jungen wiederholt von Angehörigen des Ordens sexuell missbraucht. Die Opfer haben damals keinen ausreichenden Schutz erfahren. Der Orden der Herz-Jesu-Missionare bittet um Vergebung.“ „Heute sind die Hiltruper Patres nicht mehr Träger der Schule. Das Internat gibt es nicht mehr“, sagte Thomas Mann, Präventionsbeauftragter des Bistums Speyer. Oliver Schales, seit August Schulleiter, dankte dem Initiativkreis: „Im Sinne der Schulgeschichte und der Gewaltprävention unterstützt das heutige Johanneum den Gedenkort. Das versprechen wir.“ Ein Großteil der aktuellen Gymnasiums-Schüler war nicht zugegen, weil man den Kindern schulfrei gegeben hatte. Dies begründete Schales mit Brandschutz-Bauarbeiten in der Aula. Schales sagte, das Gedenken werde von Schulleitung, Eltern, Schülern und Lehrern aufgegriffen. Jetzt hat die Schule vor dem früheren Internet einige Stein-Findlinge aufgestellt, die von Schülern behauen und mit Texten versehen werden sollen. Diese zusätzliche Stätte des Gedenkens sei vom Hiltruper Orden bezahlt worden. Zur RHEINPFALZ sagte Initiator Hackert, dass er 2014 vor einem Ehemaligen-Treffen im E-Mail-Wechsel mit deutschlandweit verstreuten früheren Klassenkameraden die Idee eines Gedenkplatzes ins Spiel gebracht habe. Mitstreiter hätten sich gefunden, mit denen der künstlerisch ausgestaltete Monolith mit Namen „Gedenk-Sitzmöbel“ in Auftrag gegeben und finanziert wurde. „Als ich damit zum ersten Mal aufs Johanneum zugekommen bin, reagierte die damalige Schulleitung erst mal mit Schweigen“, sagt Hackert, dass erst seit dem Amtsantritt von Schales Bewegung in die Sache gekommen sei. „Wir wären heute aber auf alle Fälle mit unserem Sitzmöbel hierher gekommen“, stellte Hackert klar: „Notfalls hätten wir uns darauf eingestellt, Ärger wegen Hausfriedensbruchs zu kriegen. Zum Glück ist aber alles professionell gelaufen. Sich aktiv mit dem Geschehenen auseinandersetzen ist besser als Blockieren und Totschweigen.“

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