Kusel Bahnstrecke Landstuhl-Kusel wird 150 Jahre alt

Ständig ist Sascha Föhst mit den Zugführern verbunden. Am Computerbildschirm werden die Streckenabschnitte in weiß, rot und grün
Ständig ist Sascha Föhst mit den Zugführern verbunden. Am Computerbildschirm werden die Streckenabschnitte in weiß, rot und grün (für leer, befahren und freigegeben) angezeigt. Rechts kann er den per Kamera überwachten Altenglaner Bahnübergang sehen. Vieles wird noch handschriftlich dokumentiert.

Vor 150 Jahren, am 22. September 1868, wurde der Bahnverkehr auf der Strecke Landstuhl – Kusel aufgenommen. Heute fahren die Züge im integrierten Zugleitbetrieb, der 1990 als erster dieser Art in Deutschland eingerichtet worden ist: Signale und Weichen werden zentral vom Altenglaner Bahnhof aus gesteuert. Wir durften hinter die sonst verschlossene Tür blicken. Eine Reportage.

„Altenglan“, meldet sich Zugleiter Sascha Föhst immer wieder, wenn sein Telefon in der Fernwirkzentrale im Bahnhof klingelt. Am anderen Ende der Funkleitung: Lokführer von Zügen, die auf der Strecke Landstuhl – Kusel unterwegs sind. Was dann von Föhst zu hören ist, ist für einen Nichtfachmann kaum zu verstehen. „Er spricht bahnisch“, kommentiert das eine Pressesprecherin der Deutschen Bahn. „Fahrt frei bis Kusel“, so viel ist verständlich. Dann tippt der Zugleiter auf der Tastatur. Auf dem Bildschirm wird jener Strich grün, der Gleis zwei des Bahnhofs Kusel darstellt. Der Zug, der aus Altenglan abfährt, hat Freigabe bis dorthin zu fahren, die Weiche ist gestellt. Die Strecke ist rot gefärbt auf dem Bildschirm: Die Gleisfreimeldeanlage gibt an, dass da auf dieser eingleisigen Strecke ein Zug unterwegs ist. Auf dem kleinen Fernsehbildschirm rechter Hand ist zu sehen, wie die Schranken am Bahnübergang Altenglan sich öffnen, Schulkinder passieren, Autos fahren. Gleichzeitig ist ein Güterzug Richtung Landstuhl gestartet, freie Fahrt bis zum Signal vorm Glan-Münchweilerer Bahnhof. Ein Zug fährt bei Ramstein-Miesenbach: Rot, weiß, grün, die Farben auf dem Bildschirm wechseln. Das Telefon klingelt wieder. Handschriftlich notiert der 45-Jährige Zahlen, zieht rote Striche, ein Drucker rattert. „Ich kann am Ende alles nachvollziehen, was hier passiert ist“, erklärt Thomas Kautny. Föhsts Vorgesetzter, Bezirksleiter Betrieb im Regionalnetz Pfalz, sitzt normalerweise in Kaiserslautern.

1990 modernste Technik

Vier Zugleiter sowie drei Vertreter sind im Schichtdienst für den sogenannten signalisierten Zugleitbetrieb auf der Strecke eigenverantwortlich zuständig. Föhst schiebt gerade eine Neunstundenschicht und baut sozusagen für jeden Zug einen Fahrweg auf der 29 Kilometer langen Strecke. 37 Züge der DB Regio verkehren planmäßig von Montag bis Freitag, dazu kommen etwa zwei Güterzüge von DB Schenker. 1990 wurde diese Technik auf der Strecke installiert. Als erste in Deutschland, war das damals der technisch modernste Stand. „Weniger als zehn“, genauer kann Wagner es auch nicht sagen, gibt es davon noch im Bund. Die Lautertalbahn beispielsweise wird vom Elektronischen Regionalstellwerk in Neustadt aus bedient. Am Computer in Altenglan sind Signale für zwölf Weichen angeschlossen. Sie werden überwacht, allerdings nicht alle von hier bedient, die ins Industriegebiet Westrich bei Ramstein-Miesenbach ebenso wenig wie die zum Rammelsbacher Steinbruch. Dorthin verkehren Güterzüge, die von anderer Stelle gesteuert werden – „aber in Absprache mit mir“, erklärt Föhst.

"Ziemlich nach Plan"

Züge, die am Bahnhof Ramstein-Miesenbach ein oder aus fahren, tun dies über Rückfallweichen – auch diese heute fast schon eine bahntechnische Rarität. Da muss der Zugleiter nicht tätig werden. Aber er stellt nach einem Funktelefonat das Signal auf grün, der Lokführer kann Gas geben. Ebenso wie an den vier Bahnhöfen Ramstein-Miesenbach, Glan-Münchweiler, Altenglan und Kusel gibt es Signalanlagen an Bahnübergängen. An den acht Haltepunkten fahren die Züge nach Fahrplan ein und aus – ziemlich nach Plan, wie Föhst sagt. Einzig der vollbeschrankte Bahnübergang in Altenglan wird per Kamera überwacht, außerdem klingelt es in der Schaltzentrale bei Föhst, wenn sich die Schranken per Signal des heranfahrenden Zugs automatisch senken – wie bei den halbbeschrankten Übergängen auch. Der Zugleiter checkt: Weder Mensch noch Auto sind zwischen den fahrbahnbreiten Schranken eingesperrt. Er drückt drei Knöpfe, der Zug bekommt grünes Licht. „Anders hätte er am roten Licht vorm Übergang stehenbleiben müssen.“

Klingt "bahnisch"

Derzeit muss Föhst gar besonders viel „bahnisch“ sprechen: Entlang der Strecke gibt es Instandhaltungsarbeiten, die Signaltechnik funktioniert nur eingeschränkt. Föhst liest den Zugführern Einsatzbefehle vor, dokumentiert jedes Gespräch. Die Zugführer halten teils auf der Strecke an, kontrollieren Weichen oder werden angewiesen, langsam zu fahren, „auf Sicht“, und ihre Beobachtungen zu melden. Eine solch enge Kommunikation zwischen Zugleiter und Lokführer gebe es nur auf dieser Strecke, erklärt Kautny. Die meisten Lokführer, die hier die Züge der DB Regio fahren, kennt der 45-jährige Bedesbacher, der seit 2001 in der Altenglaner Fernwirkzentrale arbeitet. Man duzt sich, wünscht sich auch mal einen schönen Tag. „Der Mensch bleibt nicht auf der Strecke“, meint er schmunzelnd. Und verrät auch noch, dass er zuhause ebenfalls Züge auf Gleisen steuert – bei seiner Modellbahn.

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