Kusel Arzt wehrt sich gegen Vorwurf des Missbrauchs

Die Vorwürfe wiegen schwer – und in erster Instanz war ein Strafrichter überzeugt, dass sie auch zutreffen. Vor gut einem Jahr ist vor dem Amtsgericht in Kusel ein Arzt wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu 18.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Seit gestern läuft die Berufsverhandlung vor dem Landgericht Kaiserslautern. Dort wehrt sich der Mediziner aufs Neue gegen die Vorwürfe, ein damals fünfjähriges Mädchen nackt fotografiert und das Kind unsittlich berührt zu haben.

Zunächst war die Angelegenheit mit einem Strafbefehl erledigt worden. Dagegen hatte der Angeschuldigte Einspruch eingelegt. In der folgenden Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht in Kusel war der Mediziner zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 120 Euro verurteilt worden. Eine solch beträchtliche Geldstrafe wird im polizeilichen Führungszeugnis vermerkt. Doch nicht nur dies dürfte den Mann bewogen haben, Berufung einzulegen. Dem Vernehmen nach hat er die Vorwürfe mehrfach als absurd abgetan. Ausdrücklich gesagt hat er dies nicht. Mehr als Geburtsdatum, Ort und Anschrift ließ sich der Angeklagte gestern nicht entlocken. Der Arzt machte von Beginn der Hauptverhandlung an von seinem Schweigerecht Gebrauch, äußerte sich auf Anraten seines Anwalts auch nicht näher zu seiner Person. Vorbelastet ist der Mann offenkundig nicht. Sein Vorgesetzter war einer von sieben Zeugen, die gestern vor der Kleinen Strafkammer am Landgericht zu Wort kamen. Nein, es habe niemals fragwürdige Vorfälle gegeben, nie seien bis dato Vorwürfe dieser oder ähnlicher Art laut geworden. Nicht zuletzt deshalb sei der Arzt auch weiterhin im Dienst. Man wolle in dieser Angelegenheit das Urteil abwarten – und dann weitersehen. Im Prozess geht es um einen Vorgang im späten November 2015. Damals hatte eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter ärztliche Hilfe gesucht. Im Laufe der Behandlung, so schilderte die Staatsanwältin gestern den Sachverhalt, habe der Arzt eine Ultraschall-Untersuchung machen wollen und sei deshalb mit dem Kind in einen anderen Raum gewechselt. Der Arzt habe dem Kind Hose und Unterhose bis zu den Knien herunterzogen, um es eingehender zu untersuchen. Die Mutter habe er weggeschickt, sie solle einen Behälter für eine Urinprobe holen. Unstrittig ist: Für eine Weile war der Arzt mit der Fünfjährigen alleine im Behandlungsraum. Was dort vorgefallen sein soll, erfuhr die Mutter kurze Zeit später. Dem Kind sollte eine Aussage vor Gericht möglichst erspart bleiben. Wie das Mädchen die Sache nach eigener Schilderung erlebt hat, darüber erhielten die Prozessbeteiligten über Bildschirm Einblick. Eine Ermittlungsrichterin hatte das Kind in ungezwungener Atmosphäre befragt, das Video ist Beweismittel. Eine Kriminalbeamtin hatte das Kind als Erste angehört und berichtete gestern von ihren Eindrücken. Ihr habe das Mädchen den Vorfall glaubwürdig geschildert. Das Kind habe den Eindruck vermittelt, dass ihm die Erinnerung an die Sache höchst unangenehmen sei. „Es wollte sich nicht produzieren, hat nichts ausgeschmückt“, sagte die Polizistin. Sie gab zu bedenken: Weder Mutter noch Kind hätten bis dato mit dem Arzt zu tun gehabt. „Wer denkt sich so etwas aus – und warum?“ Es gebe keinerlei Motivation dafür, so etwas zu erfinden, um einem Unbekannten zu schaden. Der Arzt soll mit seinem Handy ein Foto vom Intimbereich des Mädchens gefertigt und das Kind zudem unsittlich berührt haben. Als die Mutter davon erfuhr, stellte sie ihn umgehend zur Rede. Zwei Tage später suchte sie einen Kinderarzt auf, der einem ihm bekannten Polizisten davon berichtete. Jener wiederum informierte die Beamtin vom Fachkommissariat. Die Polizei nahm eine Haussuchung vor, wollte das Mobiltelefon und weitere Datenträger sicherstellen. Auf einem Computer fand sich nichts Belastendes – das Handy allerdings war spurlos verschwunden. Wie und wohin, das wurde gestern nicht klar. Wie der Angeklagte dies erklärt hatte, wusste auch der Kuseler Strafrichter nicht mehr, der gestern als Zeuge gehört wurde. Eine wesentliche Rolle spielt bei der Sache ein Infrarotthermometer. Die Verteidigung zielt darauf ab, dass der Arzt kein Handy in der Hand hielt, um zu fotografieren. Sondern dass er ein – einem Handy durchaus ähnelndes – Thermometer in der Hand gehalten hat. Die Verhandlung wird am Mittwoch, 21. März, 9 Uhr, fortgesetzt.

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