Heimatgeschichte Vor 400 Jahren zerstörten Söldner die St. Anna-Kapelle

Die Ruine der Annakapelle etwa um 1880.
Die Ruine der Annakapelle etwa um 1880.

Die St. Anna-Kapelle wurde um 1400 an der Lauter bei Niederschlettenbach erbaut. Vieles in ihrer wechselvollen Geschichte liegt bis heute im Dunkeln. Und wie seit vielen Jahren ist sie auch am Samstag, 30. Juli, Ziel der Wallfahrt zur heiligen Mutter Anna.

Etwa um 1400 wurde die St. Anna-Kapelle bei Niederschlettenbach erbaut. Das genaue Erbauungsdatum ist nicht bekannt, aber ab 1457 sind Umbauten durch den Abt von Weißenburg dokumentiert. Mangels Quellen wissen wir nicht, wie sich die Kapelle in den nächsten Jahrzehnten in kirchlicher, baulicher und wirtschaftlicher Hinsicht entwickelte. Kurz nach 1700 erfahren wir jedoch, dass sie eine Ruine ist. Die Ursache für die Zerstörung war bis vor wenigen Jahren unbekannt. Was war geschehen?

Nach seinem Tod im Jahre 1503 wird der Berwartsteiner Ritter Hans von Drot in der Kapelle beigesetzt, wo sich heute noch sein Grabstein befindet. 1571 wird die Pfarrei reformiert, somit auch die Kapelle. In dieser Zeit ist das Gotteshaus immer noch zum Gebet genutzt. So erfahren wir aus der Kirchenrechnung von 1589, dass für zehn Batzen beim Seiler ein neues „Seyl (Glockenseil) Jnn die Kirch Bremmelberg“ beschafft wird. Also sind auch Dach und Glockenturm noch in Ordnung.

Kapelle wird 1610 renoviert

Zu Beginn des nächsten Jahrhunderts sind Reparaturen fällig. Am Dachreiter nagt der Zahn der Zeit. Regen dringt ins Dach und schädigt das Holz. Man kommt nicht umhin, das Türmchen abzutragen und zu erneuern. Über die Reparatur 1610 erfahren wir erstmals aus der „Vrkhundt wegn der Prömelberg Kirch waß darin vom Jar (1)610 ist verbesert wordn“. Die Fertigstellung der Arbeiten ist in der Kirchenrechnung 1612 erwähnt: „Außgabe verbauwenn auff dem Prömelberg: 6 ½ fl.(Gulden) Meister Hannsen denn Zimmerman von denn Thurn ab zubrechen und a wiederumb zu decken(aufzubauen) geben. 1 fl. für Ladten und Laisten zu machen geben. 2 fl. für Zieglen so dar zu verbraucht worden. 8 Batzen für Schindlen vnder die Zieglen. 4 Batzen vor Neglen (Nägel) zu gemeltenn Thurn. 3 Batzen dem Meister zu weinkauff (Wein für die Handwerker) geben laut Handschrifft vber alle obbemelten Jbennung.“

Für die Bauleitung stellt Collektor Johann Jacob Heneca aus Lauterburg einen halben Gulden an Spesen, inklusive Verpflegung für sich und sein Pferd in Rechnung. Die Bauabnahme ist in der 1613er Kirchenrechnung registriert. Sie erfolgt in Anwesenheit des Collektors, des Schlettenbacher Schultheißen und des Pfarrers. Hierbei werden auch verschiedene Baumängel beanstandet.

1622 von Soldaten in Brand gesteckt

Bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1618 ändert sich zunächst nicht viel im Wasgau. Laut den Kirchenrechnungen dieser Zeit, scheint das dörfliche Leben zunächst fast wie gewohnt weiter zu gehen. Die Rechnung von 1621 fehlt jedoch, ohne dass wir die näheren Umstände kennen. Das Lautertal wird jetzt von streifenden Soldaten durchzogen, die die Dörfer ausplündern und brandschatzen. In die Schlettenbacher Kirchenrechnung von 1622 schreibt jetzt der Pfarrer resigniert: „Dann ist von dem Manßfeldtischn Kriegs Volck(alles) Verbrändt vnd verwüstet worden!“

In diesem und allen folgenden Kriegsjahren fehlen jetzt der Kirche die Einnahmen, es kann nichts mehr repariert oder gebaut werden, die Kapelle wird überhaupt nicht mehr erwähnt. Man kann davon ausgehen, dass der Pfarrer in seinem Eintrag nicht die Verwüstungen in irgendeinem Ort der Umgebung gemeint hat, sondern die in seiner eigenen Pfarrei. Das Jahr 1622 dürfte somit das Jahr sein, in dem die St. Anna-Kapelle durch Brandschatzung zerstört worden ist. Verbrannt wurden hierbei die gesamte Inneneinrichtung, Chorraum mit Altar, Langhausdecke und der gesamte Dachstuhl mit dem frisch erbauten Dachreiter samt Glocke. Die Decke im Chor entging nur deshalb der Zerstörung, weil es sich um ein gemauertes Netzgewölbe handelte. Die Mansfeldischen Söldner waren von Weißenburg aus durchs Lautertal gezogen, plünderten die Dörfer aus und suchten unter anderem auch Dahn übel heim, wo sie die dortige Kirche vollständig ausplünderten.

1684 wird Niederschlettenbach wieder katholisch

Durch die weiter anhaltenden Kampfhandlungen ist in den folgenden Jahrzehnten nicht an eine Renovierung der Kapelle zu denken. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1648 leben in Schlettenbach noch ganze drei Familien, die sich ums tägliche Überleben sorgen müssen. Ähnlich sieht es in den anderen Dörfern des Tales aus. An einen Wiederaufbau der Anna-Kapelle ist in solchen Zeiten nicht zu denken. Die folgenden Reunionskriege Ludwig XIV. lassen das Land weiterhin nicht zur Ruhe kommen. Nur langsam kann sich wieder eine Gemeinde und kirchliches Leben bilden.

1684 wird die Pfarrei Niederschlettenbach wieder katholisch und seelsorgerisch zunächst von Weißenburg aus betreut. Am Ende dieses Jahrhunderts berichten die Quellen zwar von Reparaturen an Kirche und Pfarrhaus in Schlettenbach, jedoch nicht an der Kapelle. Trotzdem ziehen die Menschen auch in diesen schweren Zeiten hinaus zur alten und ruinösen Kapelle, um zu beten. Ein wahrhaft mystischer Ort also. Vollständig renoviert wurde die Annakapelle erst sehr viel später, durch Pfarrer Nikolaus Redelberger im Jahr 1908.

Die traditionelle Wallfahrt

Am Samstag, 30. Juli, findet die traditionelle Wallfahrt zur heiligen Mutter Anna statt. Um 9 Uhr beginnt der Festgottesdienst in die St. Laurentius-Kirche Niederschlettenbach. Festprediger in diesem Jahr ist Pfarrer Andreas Jakob aus Homburg. Im Anschluss daran führt die Wallfahrt zur historischen Annakapelle hinaus, wo eine Andacht gehalten wird. Der Prozessionsweg führt wie im Vorjahr über den Radweg. Für Hin- und Rückfahrt zur Kapelle steht wieder ein Kleinbus zur Verfügung. Nach der Wallfahrt lädt die Gemeinde zur Einkehr beim Pilger-Imbiss ins Pfarrheim ein.

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