Kreis Südwestpfalz Unter der Erde liegt der Krieg

Im Wortsinn die eigene Geschichte ausgraben werden ab morgen deutsche und französische Schüler und Ehrenamtliche der in Heltersberg ansässigen Arbeitsgruppe Vermisstenforschung im Wald bei Homburg-Sanddorf. Geborgen werden sollen Überreste eines britischen Bombers, der während der Luftangriffe auf Zweibrücken und Homburg im März 1945 abgeschossen wurde.
„Geschichte zum Anfassen“ haben Uwe Benkel, Leiter der AG Vermisstenforschung, Eberhard Jung, Lehrer am Homburger Saarpfalz-Gymnasium und Betreuer der dortigen Geschichts-AG, sowie der französische Konsul Frédéric Joureau das deutsch-französische Projekt überschrieben. „Die Schüler spielen die Hauptrolle“, betont Benkel. „Sie sollen buchstäblich die eigene Geschichte ausgraben, Teile säubern, selbst erkennen, was Krieg vor Ort bedeutet hat.“ Außerdem obliege es den Schülern, die Ergebnisse der Bergung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Diese Präsentation soll am 15. Juli im Karlsberger Hof in Sanddorf stattfinden. 25 junge Menschen vom Saarpfalz-Gymnasium und des Deutsch-Französischen Gymnasiums in Saarbrücken werden voraussichtlich morgen und am Mittwoch die Überreste eines britischen Halifax-Bombers aus dem Waldboden bei Sanddorf bergen. Die erfahrenen Ehrenamtlichen der AG Vermisstenforschung leiten sie an. Der Kampfmittelräumdienst ist für den Fall, dass die Mannschaft auf scharfe Munitionsreste stößt, ebenfalls eingebunden. Die französische Besatzung des in der Nacht vom 14. auf 15. März 1945 abgestürzten Flugzeugs sei identifiziert, sagt Benkel. Alle sieben Männer kamen ums Leben. Sie wurden zunächst in einem Massengrab in Sanddorf bestattet und später nach Frankreich umgebettet. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass die Bergungstruppe noch auf menschliche Überreste im Wrack stoßen werde, erläutert Benkel. Die Schüler seien darauf vorbereitet worden. Der Kontakt zwischen der AG Vermisstenforschung und dem Saarpfalz-Gymnasium kam im vergangenen Jahr während einer Informationsveranstaltung von Uwe Benkel im Karlsberger Hof zustande, bei der Geschichtslehrer Eberhard Jung im Publikum saß. Zuvor hatte Benkel Hinweise von Zeitzeugen erhalten, wonach sich an der Absturzstelle noch Überreste des Bombers befinden sollen. Inzwischen sind die Bergungsgenehmigungen eingeholt. In Homburg unterstützten Michael Emser, der Abteilungsleiter für Denkmal- und Museumspflege der Stadt Homburg, und die Leiterin des Stadtarchivs, Karina Kloos, die Vorarbeiten. Am Saarpfalz-Gymnasium fand Anfang des Monats eine weitere Informationsveranstaltung als Auftakt zu dem Projekt, zu der die Schüler Zeitzeugen, den Vorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Saarland (VDK), Werner Hillen, sowie Konsul Joureau geladen hatten. Joureau stellte auch den Kontakt zur deutsch-französichen Schule in Saarbrücken her. Zeitzeugen und Interessierte seien auch am Dienstag und Mittwoch während der Bergung im Wald nahe des Wasserhauses gern gesehen, betont Benkel. „Die Schüler finden das Projekt sehr spannend“, erzählt Lehrer Jung wenige Tage vor dem Startschuss der Bergung. „Da mischen sich historisches, menschliches und technisches Interesse.“ Durch Projekte wie Geschichte zum Anfassen werde die Vergangenheit der eigenen Region lebendig. Viele Schüler könnten sich nicht vorstellen, welche Schäden und Opfer die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg in Homburg verursacht habe. „Sie denken, der Friede, den sie kennen, sei ewig.“ |kgi