Schmalenberg Theater in Geiselberg feiert umjubelte Bühnenrückkehr in Schmalenberg

Für ein begeistertes Publikum sorgten bei ihrer Rückkehr auf die Bühne Thorsten Lehmann, Eva Eger, Brigitte Roggenkopf, Jürgen H
Für ein begeistertes Publikum sorgten bei ihrer Rückkehr auf die Bühne Thorsten Lehmann, Eva Eger, Brigitte Roggenkopf, Jürgen Hauck, Vera Haas, Ralf Weißmann, Annette Weißmann (hinten von links) und knieend Ulli Stahl. Dass die Schauspieler bei zahlreichen Kostümwechseln nicht durcheinander kamen, den Einsatz nicht verpassten und immer die richtigen Worte fanden, dabei unterstützten Karin Prommersberg, Irene Janson und Tatjana Malschofsky (vorne von links).

Sie sind wieder da. „Zum Glück“, freuten sich die Zuschauer in der ausverkauften Holzlandhalle in Schmalenberg. Das Theater in Geiselberg (TiG) kehrte nach der Corona-Pause mit einer umjubelten Premiere auf die Bühne zurück.

Als der letzte Vorhang fiel gab es stehende Ovationen. Ein spielfreudiges Ensemble und das – um einen deutschen TV-Moderator zu zitieren – „beste Publikum der Welt“, bescherten sich gegenseitig einen unvergesslichen Abend. Strahlende Gesichter auf der Bühne und im Saal. Augenzwinkernd beschrieb ein Gast den Abend so: „Unverschämtheit. Ich gehe nach Hause mit Bauchweh vor Lachen und schmerzenden Händen, weil ich so viel klatschen musste.“ Es gab jede Menge Szenenapplaus und spätestens im dritten Akt sprach das Publikum schon Text laut mit.

Für die Rückkehr auf die Bühne, die dieses Mal in Schmalenberg steht – dort gewährte man der in Geiselberg aktuell heimatlosen Theatergruppe gerne schauspielerisches Asyl –, setzte das Ensemble wieder auf ein Stück des befreundeten Autoren Erich Koch. Nach der Premiere wurde schon lachend gemutmaßt, dass aus der TiG on Tour dauerhaft ein TiS (Theater in Schmalenberg) werden könnte. „Wir hatten schon mal begonnen, dieses Stück zu proben“, erzählte Annette Weißmann. Das musste coronabedingt abgebrochen werden. Nach der unfreiwilligen Pause wurde das Stück wieder auf den Spielplan gehoben; perfektes Timing. Wenige Tage, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz von der Werbetour für Fachkräfte aus Indien zurückgekehrt ist, hieß es bei der TiG: „Meine Chefin kommt aus Indien“. Sollte es mit künftigen Kollegen aus Indien so viel zu lachen geben, wie auf der Bühne, wo der Irrsinn Methode hatte, dürfen sich alle auf Kollegen und Chefinnen von dem Sub-Kontinent freuen.

Eine Familie, die niemand geschenkt haben möchte

Die räumen dann sicher mit den Vorurteilen von Indien und indischem Essen – „Curry macht aus jedem Gammelfleisch eine Delikatesse“ – auf. Damit wollen Siggi (Jürgen Hauck), korrekter Finanzbeamter und Hypochonder mit eingebauter Pulsuhr durch und durch, und seine Familie und Freunde Siggis neue Chefin Laura (Brigitte Roggenkopf) überzeugen, dass Siggi der beste Kandidat für eine hoch dotierte A16-Leitungsstelle beim Finanzamt ist. Dazu muss er beim Besuch der neuen Chefin, die sich inkognito von den Führungsqualitäten der Kandidaten überzeugen will, seine Kollegen übertreffen, die beim Chefinnen-Besuch zum Beispiel schon indisch gekocht haben. Eine heile Familie muss her, so lautet der Plan, den Freunde und Familie, auf die Gehaltserhöhung schielend, schmieden.

Single Siggi bekommt eine Familie, die wohl keiner geschenkt haben möchte. Bruder Hans (Ulli Stahl), früher Monteur mit Sahneallergie, jetzt Landwirt, wird zu Mogli, dem indianischen Inder und stummen Diener, der die Klappe nicht halten kann. Seine Aufräumkünste – der beste Platz für alte Socken ist hinter einem Bild – hätten auch die japanische Aufräumkönigin Marie Kondo überzeugt. Cousin Oskar (Thorsten Lehmann), von Beruf Heiratsschwindler – oder wie er es nennt: Frauenbeschwörer –, nutzt seinen Charme und verwandelt sich vor den Augen des Publikums in Siggis Frau Indira; Brustvergrößerung mit Hilfe von Obst inklusive. Für seine Darstellung holte sich Lehmann vom Publikum eine Menge Sonderapplaus ab. Sein neuestes ins Visier genommenes Opfer – die reiche Witwe Mizzi (Eva Eger), die ihr Vermögen fünf verstorbenen Ehemännern verdankt und mit Vorliebe Pilzgerichte kocht – wurde von der pfälzisch-hochdeutsch kauderwelschenden Witwe zur vermeintlichen Mutter von Siggi.

Publikum unterstützt bei Soufflage

Wen das schon verwirrt, der hat die Rechnung ohne die schöne Thea (Vera Haas), die die sensationellsten High-Heels trägt, gemacht, die auf der Suche nach Dieter Bohlen ins Haus kam. Als dieser hatte sich Frauenbeschwörer Oskar bei ihr ausgegeben. Um das Chaos zu perfektionieren, schauten regelmäßig der als Verkäufer ungeeignete Olaf (Ralf Weißmann) und seine dominierende Frau Monika (Annette Weißmann) vorbei. Wie man Dinge an den Mann oder die Frau bringt, wollte „Ich verkaufe alles“-Monika ihrem Mann beweisen. Dabei durchlebte das glücklose Verkäuferpaar – fast wie ein Inder in vielen aufeinanderfolgenden Leben die Kasten – etliche Metamorphosen; Kostümwechsel folgte auf Kostümwechsel auf Kostümwechsel, und das nicht nur bei den beiden.

Nicht nur schauspielerisch, auch was Kostüm, Haare und Make-up betraf, gab das TiG-Team alles in dem auf 110 Spielminuten ausgelegten Stück bei der Bühnenrückkehr. Die 110 Minuten reichten nicht, weil vor allem im furiosen zweiten Akt zahlreiche Lacher und viel Szenenapplaus die Spielzeit erheblich verlängerten. Dass Kostüm, inklusive blutigem Tierarzthandschuh nach erfolgreicher Geburt einer Kuh, Haare und Make-up passten, dafür sorgte unter anderem Tatjana Malschofsky hinter der Bühne. Dass im richtigen Kostüm zur richtigen Zeit auf der Bühne gestanden und durch die richtige Tür eingetreten wurde, organisierte Karin Prommersberger, die die Einsätze koordinierte. Sollten wider Erwarten bei all dem Spaß mal die richtigen Worte gefehlt haben, sorgten Irene Janson – deren Häkelkünste Thorsten Lehmann ein besonderes Kostüm beschert hatten – und Markus Edinger fürs passende Stichwort. Unterstützt wurde die Soufflage vom Publikum, das Monikas Schlussworte, wenn sie nach missglücktem Verkaufsversuch mit ihrem Mann die Bühne verließ, schon laut mitsprach: „Olaf!!! Mir gehn.“ Der nette Olaf verabschiedete sich von den Kunden, die nichts gekauft hatten, stets mit den Worten: „Danke für das nette Gespräch.“ So viel Spoiler darf sein: Mit diesen Worten schließt sich auch der letzte Vorhang und mit dem folgenden Applaus, sagte das Publikum: „Danke für diesen unterhaltsamen Abend.“

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