Kreis Südwestpfalz Siebenkampf und Biochemie

Louisa Grauvogel bei einem Wettkampf im Sommer.
Louisa Grauvogel bei einem Wettkampf im Sommer.

Louisa Grauvogel aus Ottweiler ist eine der besten deutschen Siebenkämpferinnen. Experten trauen ihr in den kommenden Jahren den Weg in die Weltspitze zu. Dafür hat die 22-Jährige nun zum zweiten Mal das Saarland verlassen.

Wenn man sich für den einen Weg entscheidet, heißt das nicht zwangsläufig, dass man sich gegen einen anderen Weg entscheidet. Manchmal kommt man einfach zu dem Entschluss, dass der eine Weg die etwas bessere unter zwei guten Optionen ist, dass er schneller (oder eher) an das Ziel führt, an das man doch so gerne gelangen will. Für Louisa Grauvogel heißt dieses Ziel: Weltspitze im Siebenkampf. Für dieses Ziel hat sie nun das Saarland verlassen. Grauvogel hatte nach einer starken Saison mit einer richtigen Leistungsexplosion, was die Punktzahl im Siebenkampf betrifft, verschiedene Wahlmöglichkeiten. Sie hätte weiterhin im Saarland trainieren können – an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken hat man ihr sogar ein Zimmer frei gehalten. Oder eben nach Leverkusen gehen, wo sie zusammen mit einigen der besten deutschen Mehrkämpferinnen trainieren kann. Nach reiflichen Überlegungen entschloss sie sich zum Wechsel von der LG Saar 70 zu Bayer Leverkusen und zum Umzug ins Rheinland. „Der Weggang ist mir echt schwer gefallen. Ich war mein ganzes Leben in dem gleichen Verein“, sagt Grauvogel, die Heimatverbundene. Es ging dabei nicht nur um die Entscheidung, wo und mit wem sie in den kommenden Jahren trainiert. Es ging auch um die Entscheidung, was sie studiert: Medizin im Saarland oder Biochemie in Köln. Und damit ging es nicht nur um ihre sportliche, sondern auch um ihre berufliche Zukunft. „In meinem Kopf war alles verknotet“, sagt Grauvogel. So sehr habe sie die Entscheidung belastet. So sehr hängt sie auch an der Heimat. Mit den Ausschlag gab im Endeffekt auch der Fakt, dass sie in der Medizin im Bereich der Forschung arbeiten will. „Deshalb habe ich mich letztendlich auch für das Biochemiestudium entschieden“, sagt Grauvogel. Das Studium, das Grauvogel Anfang Oktober aufnahm, ist für sie kein Beiwerk zum sportlichen Leben, sondern ein elementarer Bestandteil ihres Lebens. Nur den Sport zu haben, wäre für Grauvogel zu wenig Herausforderung. „Ich liege abends nur glücklich im Bett, wenn ich den ganzen Tag von morgens bis abends etwas gemacht habe“, sagt Grauvogel. Semesterferien seien deshalb nicht so ihres, gibt sie zu. Und lacht. Schon einmal hat sie das Saarland verlassen – vor zwei Jahren. Nach dem Abitur am Saarbrücker Gymnasium am Rotenbühl bekam sie ein Vollstipendium an der University of Georgia in den USA angeboten. „Ich bin nicht weggegangen, weil es mir hier nicht gefällt“, sagte sie über den Umzug aus der Hermann-Neuberger-Sportschule in die USA. Aber die Möglichkeit, dort Sport und Studium auf eine Art und Weise zu vereinen, die hierzulande so nicht möglich ist, sah sie auch als Belohnung, als Ehre für ihre sportlichen Mühen in den Jahren zuvor. Grauvogel war zu diesem Zeitpunkt bereits Dritte bei der U 20-WM und –EM gewesen. Es war, so sagt sie im Nachhinein, ein richtiger, ein wichtiger Schritt in ihrem Leben, auch wenn es am Anfang „nicht einfach“ war, einzufinden. Sie ist in den knapp zwei Jahren enorm gereift. Als Sportlerin („So wie ich jetzt in Wettkämpfen auftrete, kenne ich mich von früher nicht“), aber auch als Mensch. „Uni, Freunde, Sprache. Die Zeit hat mich so viel weitergebracht“, sagt Grauvogel. Sie sei selbstbewusster geworden. „Es war auf jeden Fall der richtige Schritt für meine Entwicklung, in die USA zu gehen. Ich bereue das zu null Prozent“, sagt Grauvogel. Auch wenn es nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der U 20-EM 2015 in der sportlichen Entwicklung durch Trainer- und Trainingsortwechsel erst einmal nicht voranging – zumindest was die Siebenkampfpunktzahl angeht. Dafür machte sie in diesem Jahr dann einen großen sportlichen Entwicklungssprung. Grauvogel qualifizierte sich für die Heim-Europameisterschaften in Berlin – mit den Titelkämpfen hatte sie vor der Saison überhaupt nicht geplant. Und plötzlich scheint vieles möglich, sogar eine Medaille bei internationalen Meisterschaften („Derzeit noch ein Traum“). Und so richtig weg aus dem Saarland ist Louisa Grauvogel ja auch nicht. Die Entfernung von Leverkusen nach Ottweiler ist im Vergleich zu den über 7500 Kilometern in die USA fast schon ein Sonntagsspaziergang. Sie werde, so sagt sie, öfter in der Heimat vorbeischauen.

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