Dimbach Seuchenfreie Dörfer: Wo das Virus noch nicht hinkam

184 Einwohner und bislang kein einziger Coronafall: Dimbach liegt mitten im Naturpark Pfälzerwald.
184 Einwohner und bislang kein einziger Coronafall: Dimbach liegt mitten im Naturpark Pfälzerwald.

In Rheinland-Pfalz gibt es Corona-Hotspots wie Ludwigshafen – und kleine Orte, in denen es bis heute keinen einzigen Fall gegeben hat. Nun berichten Dorfbewohner vom Leben in seuchenfreien Zonen. Und ein Bürgermeister aus der Südwestpfalz erzählt, wie Großstädter dort zum Problem werden.

Wiesen, Wälder, Sandstein-Felsen: Dimbach (Kreis Südwestpfalz) liegt mitten im Naturpark Pfälzerwald, hat sechs Straßen, 184 Einwohner – und bislang keinen einzigen Corona-Fall. Womit es im ländlich geprägten und kommunal kleinteiligen Rheinland-Pfalz nicht unbedingt alleine dasteht. Das Landesuntersuchungsamt sowie der Gemeinde- und Städtebund haben aber keine landesweite Übersicht über alle Dörfer mit einer 0,0-Inzidenz.

Als Beispiele nennen die jeweiligen Kreisverwaltungen aber Dutzende Orte: Berschweiler bei Baumholder im Kreis Birkenfeld etwa mit immerhin rund 525 Bürgern. Oder Lieg im Kreis Cochem-Zell mit etwa 400 Einwohnern. Und vor allem sehr kleine Weiler wie den 80-Seelen-Ort Korweiler im Rhein-Hunsrück-Kreis. Dort sitzt Anke Wilhelm vor ihrer Haustür und sagt: „Wenn ich abends Fernsehen schaue, finde ich es erschreckend, was alles mit Corona passiert. Hier ist das anders, hier fühle ich mich sicher.“

Sicherer als in Ludwigshafen

Anders wird das schon, wenn sie im nahen und immer noch überschaubaren 5500-Einwohner-Städtchen Kastellaun ist: „Da ist mir zu viel Betrieb.“ Ortsbürgermeister Thomas Funck im südwestpfälzischen Dimbach wiederum sagt: „Ich fühle mich hier sicherer als in Ludwigshafen.“ Doch ganz ohne Berührung mit der Außenwelt sind die coronafreien Dörfer natürlich trotzdem nicht. Barbara Wagner in Korweiler sagt: „Jeder hat seine Kontakte.“ Etwa beim Einkaufen, im Beruf – oder im Unterricht.

Schließlich hat das Dorf keine Grundschule. Umso wichtiger sei es, auch hier im Freien die Corona-Mindestabstände einzuhalten, betont Barbara Wagner. „Zuhause beschränken wir uns auf die engste Familie und treffen uns da auch nicht mit unseren Freunden.“ Hubert Hess im Hunsrück-Dorf Lieg vermutet: So ordentlich benehmen sich die Menschen vor allem in den kleineren Orten. Denn: „In der Stadt gibt es Jubel, Trubel, Heiterkeit – da denken nicht alle an die Corona-Regeln.“

Disziplin und Rücksicht

Der Lieger Bürgermeister Heinz Zilles sieht’s ähnlich: Nur mit Disziplin und Rücksichtnahme seien seine Bürger bislang gut durch 14 Monate Pandemie gekommen. Manche Großstädter hassten zwar die soziale Kontrolle in Dörfern, der in Wohnstraßen kaum ein fremdes Autokennzeichen entgeht. Doch Zilles spricht lieber von „sozialer Einbindung und Nähe“: Im 400-Einwohner-Ort werde zum Beispiel geschaut, wer wo zu Besuch sei. Es werde aber auch niemand vergessen, etwa wenn Jugendliche für Senioren Einkäufe organisierten.

Dazu kommt: Die Pandemie-Regeln treffen die Menschen auf dem Land oft weniger hart als in den Städten. Dimbachs Bürgermeister Funck sagt: Seine Bürger bedauerten zwar die Zwangspausen ihrer fünf Vereine. Aber sie hätten wenigstens ihre Gärten und oft auch eigenen Waldbesitz: „Da sind Abstandsregeln natürlich gar kein Problem.“

Menschen ziehen aufs Land

Sein Kollege Zilles in Lieg meint daher: „Das Landleben hat an Attraktivität gewonnen. Früher haben uns Städter oft belächelt. Das ist mit Corona mittlerweile anders.“ In den vergangenen 14 Corona-Monaten habe es auch schon mehr Anfragen für Baugrundstücke im Ort gegeben: „Wir haben in dieser Zeit etwa zehn neue Bürger bekommen.“ Lieg plane ein Neubaugebiet mit 17 bis 20 preiswerten Baugrundstücken.

Wer dorthin zieht, wird dank Homeoffice in Zukunft vielleicht auch nicht mehr so viel pendeln müssen. Allerdings: Das funktioniert nur mit schnellem Internet, und das gibt es noch längst nicht überall. Barbara Wagner in Korweiler sagt: „Unseres ist schon besser als vor ein paar Jahren.“ Ihr Mann, der Wohnmobile konstruiere, käme mit technischen Zeichnungen aber nicht weit: „Das Hochladen würde Stunden dauern.“

Trotzdem bilanziert sie: „Wir haben schon so oft gesagt, wie gut wir es auf dem Land haben.“ Für die Dimbacher allerdings, sagt deren Bürgermeister Funck, hat die Schönheit des Landlebens auch einen Nachteil: Ihr Buntsandstein-Höhenweg zieht an den Wochenenden so viele Großstädter an, „dass das schon teils belastend ist für unsere Bürger“. Denn dann werde ihr Dorf zugeparkt.

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