Reifenberg Private Ahrtal-Hilfstouren aus der Südwestpfalz

In Walporzheim, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, hat Martina Ritscher einem von der Flut betroffenen Rollstuhlfahrer
In Walporzheim, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, hat Martina Ritscher einem von der Flut betroffenen Rollstuhlfahrer eine Regenjacke mitgebracht.

Im Juli 2021 wurde das Ahrtal überflutet. Noch immer sind die Betroffenen auf Hilfe angewiesen. Deshalb organisiert Martina Ritscher aus Reifenberg Hilfstouren.

„Wir dürfen unsere Mitmenschen im Ahrtal nicht vergessen.“ Die Rentnerin Martina Ritscher aus Reifenberg vertritt diese Auffassung nach wie vor. Auch ein knappes Jahr nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ist sie immer noch schockiert. Deshalb unterstützt sie die Menschen vor Ort weiterhin mit selbst organisierten Hilfstouren.

Bevor sie zu ihren Unternehmungen fährt, fragt Martina Ritscher vorab stets nach, was aktuell gerade benötigt wird. „In den Wochen vor dem Aufbruch bin ich dann damit beschäftigt, Plakate beim Einkaufen aufzuhängen. Dort teile ich mit, dass wieder Spenden fürs Ahrtal gesucht werden. Oder ich starte einen Aufruf.“

Transporte mit Stühlen und Erdbeeren

Die letzten Tage vor dem Aufbruch seien jedes Mal sehr stressig, berichtet die Helferin. Häufig fährt Ritscher an einem Samstag los: „Mit einem Wagen voller Lebensmittel wie Kartoffeln und Erdbeeren, aber auch Kaffee und Kuchen. Das bringen wir dann zu den Betroffenen.“ Die Reifenbergerin hat auch schon Elektrogeräte wie Mikrowellenherde sowie Kleider und kleinere Möbelstücke, etwa Stühle, in die Katastrophenregion gebracht.

Ihre Lebensmittelspenden bringt Martina Ritscher zu Versorgungszelten, die im Ahrtal bereitstehen. Von dort aus werden die Güter an die Bewohner verteilt. Übrigens seien die Lebensmittelspenden nicht nur für die unmittelbaren Bewohner des Ahrtals gedacht, sondern auch für die Helfer vor Ort, deren Einsatz im Tal weiterhin unverzichtbar ist. Die Rentnerin selbst hat während ihrer bislang acht Hilfstouren mehrere Familien persönlich gut kennengelernt. Diese besucht sie immer wieder und bringt ihnen Spenden mit.

Transportfahrzeug nebst Fahrer dringend gesucht

Im vergangenen September hatte die Reifenbergerin ihre erste Hilfsfahrt unternommen. Seither war sie jeden Monat im Ahrtal. Sie wurde dabei jedes Mal von ihrem Bruder Peter Ludes mit einem Sprinter-Kleinbus in das gut zwei Autostunden entfernte Flutgebiet gefahren. Doch diese Möglichkeit hat sie inzwischen nicht mehr. Der bisher genutzte Sprinter stammt von der Arbeitsstelle von Ritschers Bruder. Weil der nun jedoch in Rente geht, steht der Kleinbus den Helfern nicht mehr zur Verfügung. Sollte die freiwillige Helferin keinen Unterstützer mehr finden, der sie in einem großen Wagen an die Ahr begleiten kann, dann dürfte Martina Ritschers jüngste Hilfstour am Samstag, 11. Juni, wohl die vorerst letzte ihrer Art gewesen sein. Dies entmutigt die Rentnerin jedoch nicht: „Dorthin fahren werde ich weiterhin – wenn’s sein muss, dann eben mit meinem privaten Pkw.“ Dann müssten die Hilfslieferungen allerdings kleiner ausfallen als bisher.

Besonders schade findet es die Helferin, „dass viele Menschen gar nicht mehr wissen, wie es den Bewohnern im Ahrtal geht. Die Medien berichten ja kaum noch darüber.“ Auch von der Politik erhofft Ritscher mehr Unterstützung für das Katastrophengebiet. So berichtet sie unter anderem von kaputten Kanälen, die auch elf Monate nach der Flut immer noch Wasserschäden auslösen. „Das ist nämlich kein Problem von Privatpersonen, sondern ein allgemeines.“ Die Leute könnten nicht an ihren zerstörten Häusern weiterarbeiten, weil es etwa Probleme bei Gutachten gebe. Die Lage vieler Betroffener sei immer noch sehr schlecht. Viele öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten könnten noch nicht wieder öffnen. „Eltern müssen deshalb weite Strecke mit ihren Kindern zurücklegen. Und das auf Straßen, die immer noch oft kaputt sind.“

„Leute sind kraftlos, ohne Perspektive“

Elf Monate nach dem Hochwasser beschreibt Martina Ritscher die Situation im Ahrtal so: „Die Leute sind müde, kraftlos und haben keine Perspektive.“ Die Betroffenen litten unter psychischen Belastungen, was vermehrt zu Suiziden geführt habe. Lebensmittelspenden, das weiß die Reifenbergerin, „bringen die Betroffenen immer nur für kurze Zeit weiter“.

„Am besten können die Leute mit Geldspenden helfen“ meint Ritscher. Es gebe auch die Möglichkeit, Gutscheine oder Lebensmittel über Amazon in die Versorgungszentren im Ahrtal zu schicken. „Neben Lebensmitteln werden auch Drogerie- und Hygieneartikel gebraucht.“

Info

Spenden können an das Paypal-Konto martina-schuff@t-online.de mit dem Vermerk „Spende Ahrtal“ geschickt werden.

Martina Ritscher (Bildmitte) mit ihrem Bruder Roland Ludes (links), dem Koch in einem Versorgungszelt und ihrer Schwägerin.
Martina Ritscher (Bildmitte) mit ihrem Bruder Roland Ludes (links), dem Koch in einem Versorgungszelt und ihrer Schwägerin.
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