Kreis Südwestpfalz Mama näht dem Cowboy rote Streifen an die Hose

«Bottenbach/Rieschweiler-Mühlbach/Reifenberg/Winterbach.»„Lieber Rosen am Montag, als Asche am Mittwoch.“ Durch die fünfte Jahreszeit geht man schon als Kind mit Begeisterung, nicht zuletzt, weil man da Indianer, Wild-West-Held oder Märchenprinzessin sein kann. Auch kommunale Entscheider aus der Region haben ihre Erinnerungen an den Fasching als Kind, dabei zeigt sich, dass man in den 50er und 60er Jahren doch improvisieren musste, was die Vermoddelung anging. Oder es gab eben gar kein Kostüm. Wir haben Bürgermeister, die im Sommer nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidieren, gefragt, welche Erinnerungen sie an Fasching in ihrer Kindheit haben. Michaela Hüther hatte einen zweiten Colt im Strumpfband Michaela Hüther (Jahrgang 1963) berichtet von Miniatur-Colts, die sie als Ohrringe trug. Wie die Bürgermeisterin von Reifenberg erzählt, war der besondere Schmuck Bestandteil eines Cowgirl-Lilly-Kostüms, zu dem auch ein Strumpfband gehörte, in dem ein weiterer Colt steckte. Die Cowgirl-Kostümierung ist freilich nicht Hüthers früheste Erinnerung an ihre Kinderfaschingszeit. Auf einem Foto abgebildet, ist sie in einem rosa Spitzenkleidchen, wenn man wolle, könne man es als „eine Art Prinzessinnen-Kleid“ bezeichnen. Der Kinderfasching in Reifenberg habe sich zu einem guten Teil im Schützenhaus abgespielt, erinnert sich Hüther. „Da gab es Musik und Tanz“, erzählt sie. Die vermoddelten Kinder hätten „unten rumgehampelt“, oben hätten die Eltern gesessen und leckeren Heringssalat verzehrt. Am Kinderfasching habe sie großen Spaß gehabt, im Teenageralter seien dann vor allem Musikveranstaltungen interessant geworden. Michaela Hüther weiß noch, dass ihr Vater es zunächst mal nicht so gerne sah, dass sie mit ihren 14 Jahren „auf die Musik“ wollte. „Die Mick“, ein Schmitshauser Musiker namens Manfred Zimmer, der mittlerweile verstorben ist, habe ihren Vater schließlich überreden können. Später, als Mitarbeiterin bei der Post, sei es auf dem Job vor allem am fetten Donnerstag rund gegangen: „Einmal ist das komplette Büro in Lederhosen und Trachtenhemden erschienen, ein ander Mal haben wir die Kahlköpfe unter den Herren mit Clownsgesichtern bemalt.“ Helmut Schmitt hat sich das Gesicht mit Ruß geschwärzt Helmut Schmitt, der für die Geschicke Bottenbachs zuständig ist, wurde in Erlenbrunn geboren und hat dort seine ersten 27 Lebensjahre verbracht. „Regelrechten Kinderfasching so wie heute, gab es damals nicht“, erzählt er und weist darauf hin, dass er immerhin Jahrgang 1945 ist. Anfang der 50er Jahre hätten die wenigsten Leute das Geld gehabt, ihre Kinder mit richtigen Kostümen auszustatten. „Wir haben uns die Gesichter mit Ruß angemalt“, berichtet Schmitt von einer kostenfreien Schminkmethode. Auch der ein oder andere Hut, die ein oder andere Kappe habe beim kindlichen Faschingstreiben eine Rolle gespielt. „Vereinzelt auch Indianerperücken mit Federn.“ Hauptsächlich am Faschingsdienstag hätten „Fasenachtskiechelcher“ – die man auch als Berliner kennt – für strahlende Kindergesichter gesorgt. Ausgebacken in Öl und mit Zucker bestreut, seien sie ausgesprochen begehrt gewesen. Wie Helmut Schmitt weiter erzählt, gingen die Kinder in losen Gruppen durchs Dorf, klingelten an Haustüren, sangen Liedchen und wurden entweder mit dem beschriebenen Backwerk oder mit zehn, 20 Pfennig wieder weiter geschickt. Helmut Schmitt hat sieben Enkelkinder, denen könne man natürlich einen deutlich aufwendigeren Fasching bereiten. „Man hat ja jetzt ganz andere Mittel.“ In einer Zeit, in der es viele Halbwaisen gab und in der heimkehrende Kriegsgefangene durchs Dorf liefen, sei ein rußgeschwärztes Gesicht in den meisten Fällen aber das Höchste der Gefühle gewesen. Heino Schuck hatte als Cowboy einen Hut, aber keine Pistole Heino Schuck (Jahrgang 1956) der scheidende Bürgermeister von Rieschweiler-Mühlbach weist darauf hin, dass man in der Zeit, in der er Kind war, andere Prioritäten setzen musste, als zünftig Fasching zu feiern. „Es war ja kein Geld da“, sagt er. Irgendwelche Kostümierung seien folglich selbst gemacht gewesen. Schuck erinnert sich an rote Streifen, die ihm die Mutter an die Hosen genäht hat. „Dazu ein Cowboyhut, das war’s.“ Eine Pistole habe zu diesem Ensemble übrigens nicht gehört. Da die Familie kein Auto besaß, waren auch Fahrten zu Faschingsumzügen kein Thema, überhaupt seien seine Eltern keine Fasenachter gewesen. Immerhin habe die Gaststätte „Birkenhof“ im Ort einen Kinderfasching mit Musik veranstaltet, so dass doch etwas kindlich-närrische Stimmung aufgekommen sei. Willi Schwarz wohnte in Mainz und hat dort den Fasching erlebt Willi Schwarz, Bürgermeister von Winterbach, verlebte seine Kindheit in Niederhausen. Aus dieser Zeit hat Schwarz (Jahrgang 1951) nichts zum Thema beigetragen, Kinderfasching habe in seinem frühen Leben schlichtweg keine Rolle gespielt. „Da ging es nicht närrisch zu“, sagt er. Im späteren Leben habe der Karnevalismus ihn dafür recht nachdrücklich erwischt. „Erst ab 30, da ging man von der Feuerwehr aus mal wohin“, sagt er. Schwarz kann auch von Kostümierung berichten, damals sei er schon um die 50 gewesen. „Ich trug eine Mönchskutte. Das war mir sehr recht, weil ich recht kräftig war“, sagt er. Von Beruf Lehrer, hat Schwarz in der Hochburg Mainz gewohnt, dort Prunksitzungen mitbekommen. „Da hat mir hauptsächlich die politische Fasenacht gefallen“, erzählt er. Durch Bekannte habe er auch den Kölner Karneval kennengelernt, der wiederum mehr aus Gesang und Musik bestehe. Schließlich kenne er auch den Karneval im Raum Aachen. „Das Problem war natürlich, dass man den jeweiligen Dialekt nicht richtig verstand. Da mussten Bekannte dolmetschen.“ (Archivfotos: Moschel (3), Daum)

x