Winterbach Interview: Der Pfarrer mit der dreirädrigen Suzuki

Zum 18. Mal organisiert Pfarrer Tilo Brach am Sonntag einen Motorradgottesdienst.
Zum 18. Mal organisiert Pfarrer Tilo Brach am Sonntag einen Motorradgottesdienst.

Längst sind die Motorradgottesdienste des Pfarrers Tilo Brach ein Begriff. Dass es zu den Bikergottesdiensten gekommen ist, hat einen tragischen Grund.

Sind Sie stolz auf Ihre alljährlichen Motorradgottesdienste? Die sind ja inzwischen eine Berühmtheit.
Berühmtheit würde ich relativieren. Bedeutsam ist der Gottesdienst aber schon. Stolz bin ich aber nicht darauf. Anlass dafür war ein Notfall, zu dem ich damals als Notfallseelsorger gerufen wurde. Ich bin der Meinung, man sollte stets bedenken, dass die Menschen, die herkommen, immer ein religiöses und spirituelles Bedürfnis haben. Aber ich freue mich, wenn die Leute kommen.

Von woher reisen die Biker an?
Wir hatten schon Biker, die aus Kassel und dem Münchner Raum kamen. Die meisten kommen aber aus der Pfalz.

Bringen solche speziellen Gottesdienste – zum Beispiel gibt es ja auch welche für Hunde – die Kirche wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft?
Mit dem Begriff Kirche bin ich mittlerweile sehr vorsichtig. Ich sage eher, dass Menschen, die von der Botschaft Jesu Christi bewegt wurden, durch solche Gottesdienste eher mit denen in Kontakt kommen, die ihrerseits Fragestellungen haben.

Die Predigt wird aber schon an das Thema Motorrad angepasst, oder?
Predigt können Sie vergessen, die werde ich nicht halten. Stattdessen gibt es verschiedene Gesänge – Pop, Country und so etwas – und eine Moderation. Es gibt noch eine Segnung für die Menschen und ihre Maschinen. Die Botschaft Jesu Christi kann auf ganz verschiedene Art und Weise vermittelt werden.

Sie selbst fahren ein Trike. Sie gehören also auch zur Motorrad-/Trike-Gruppe. Spielt Ihnen das bei dem Gestalten des Gottesdiensts in die Hände?
Die ersten Motorradgottesdienste hatte ich noch ohne fahrbaren Untersatz gemacht. Trotzdem ist es immer ein Thema, ob man einem Milieu angehört oder nicht. Ist man ein Teil davon, sind solche Gottesdienste schon etwas anderes. Ich warne aber eindringlich davor, Biker grundsätzlich mit schweren Verbänden, die teilweise sogar im kriminellen Milieu verankert sind, in einen Topf zu werfen. Man liebt die Natur, man liebt das freie Fahren, die Freiheit. So ist man auch Teil von Gottes Schöpfung, Teil des Fahrens, Teil der Straße.

Das Motorradfahren kann man also gut mit seinem Glauben verbinden?
Ich würde sagen ja. Weil eben auch das individuelle Sich-Bewegen durch einen Raum mit dem Bewegen durchs Leben gleichzusetzen ist – mit dem Weg als Ziel. Ich freue mich, dass ich fahre. Ich freue mich aber auch, das Ziel nicht gleich zu erreichen. Und das zeichnet Biker aus. Aber klar: Man will als Biker auch Geschwindigkeit, Kurvenfahrten, Wind, Natur, das Atmen im Freien erleben. Man ist immer Teil einer Strecke, Teil des Lebens.

Wie sind Sie zum Biker geworden?
Dazu gekommen bin ich mit dem Gedanken, dass es einfach schön ist, der Gedankenwelt des Menschseins auf einem Weg anzugehören. Und das kann man auf unterschiedliche Art und Weise machen: Man kann etwa sagen, dass man lediglich Spaß an der Technik, am Geräusch des Motors, am Verkehr hat. Das ist die Lust am Fahren. Und das hat mich gereizt.

Und seit wann fahren Sie?
Ich bin vor acht Jahren gestartet, und jetzt habe ich 45.000 Kilometer drauf.

Für viele ist das aber ein Hobby vor allem bei schönem Wetter.
Nein, ich fahre auch, wenn es regnet (lacht). In Irland, Schottland, England – dort ist es doch gerade dann schön, wenn es regnet.

Fahren Sie eher alleine oder auch in Gruppen?
Ich war mit Gruppen schon unterwegs, in einem Motorradclub bin ich aber nicht. Ich bin dann eher solo unterwegs. Mein Trike habe ich aber nicht nur zum Hobby benutzt, ich bin damit auch schon zu Taufgesprächen und solchen Sachen gefahren.

Den Pfarrer Brach gibt es also gar nicht mehr ohne sein Trike?
Ganz genau. Es gehört zu mir dazu.

Erzählen Sie doch mal, was haben Sie genau für eine Maschine?
Das hier ist ein Conversion-Bike. Im vorderen Teil ist es ein Motorrad – eine Suzuki Intruder mit 1800 Kubik –, hinten wurden dann zwei Schlappen angebaut. Es ist also eher ein dreirädriges Fahrzeug, kein reinrassiges Trike. Die haben ja hinten den Motor eines Autos und werden per H-Schaltung gefahren. Hier bei mir ist vorne ein Motorrad – und so wird es auch geschaltet. Also mit dem Fuß.

Wie schnell fährt ihre Maschine?
Eine Suzuki Intruder 1800 Kubik fährt normalerweise um die 220 Stundenkilometer. Meine Maschine ist wegen des Aufbaus und der Aerodynamik gedrosselt und fährt um die 160 Stundenkilometer. Damit kommt man gut über die Autobahn. Schneller sollte man nicht fahren.

Noch mal zum Motorradgottesdienst. Ist noch etwas Besonderes für Sonntag geplant?
Nein, das ist ein regulärer Motorradgottesdienst. Jeder, der will, darf dabei sein. Zwingend Motorrad fahren muss man nicht. Jeder ist willkommen – auch Fahrradfahrer, Motorradfahrer in Rente, Fußgänger, Autofahrer. Einfach jeder.

Motorradgottesdienst

  • Der Bikergottesdienst beginnt am Sonntag, 11 Uhr, in Winterbach an der Landstuhler Straße hinter der Kirche.
  • Segnung der Biker und Triker, Musik von Frank Palumbo

    Würste und Schnitzelweck, Wurst- und Käseweck sowie Flaschengetränke

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