Dietrichingen/Rieschweiler-Mühlbach Grasbewuchs auf Nestern: Grüne Gefahr für Störche?

Der Storch aus dem Winzerdorf Steinweiler hat bereits Reisig für die Nestrenovierung abgelegt.
Der Storch aus dem Winzerdorf Steinweiler hat bereits Reisig für die Nestrenovierung abgelegt.

Auf vielen Storchennestern der Südwestpfalz sind die Nestmulden für die Eiablage mit einem grünen Grasteppich überdeckt. Bedroht dies das Brutgeschäft und die Storchenkinder?

Manchem Südwestpfälzer bereitet es Sorgen, dass in diesen Tagen viele Storchennester außergewöhnlich grün daherkommen. Einige Störche sind schon zurückgekehrt und haben mit der Renovierung der Nester begonnen. Vogelkenner vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) vor Ort schließen nicht aus, dass diese grasbewachsenen Nester in einer Regenphase zu nass werden. Dies könnte das Brutgeschäft stören, weil es beim Bebrüten der Eier womöglich einen deutlichen Wärmeverlust auslösen könnte. Und Junge, die schon geschlüpft sind, könnten dann von seinen Eltern nicht mehr ausreichend gewärmt werden. Drohen ob dieser Nestunterlage etwa Verluste beim Langschnäbel-Nachwuchs?

Diese Bedenken geben Anlass zu einer Nachfrage bei der Vogelwarte des Max-Planck-Institutes in Radolfzell. Die Vogelwarte am Bodensee verweist auf das Storchenzentrum in Bornheim bei Landau: Dort habe man entsprechende Erfahrung für die Pfalz. Der in Bornheim für das Beringen der Jungstörche zuständige Fachmann, Christian Reis, teilt nun auf Anfrage mit, dass er die Naturfreunde im Zweibrücker Land beruhigen könne. Denn dieser Nestzustand sei kein wirklicher Grund für Verluste bei der Brut und der Betreuung des Nachwuchses durch die Storcheneltern.

Gut ausgepolstert

Störche würden über die gesamte Brutsaison hinweg an ihrem Nest renovieren. In der ersten Frühjahrsphase werde vor der Paarbildung und Eiablage noch intensiver an der Nestverschönerung gearbeitet. Durch ihr ständiges Umherlaufen auf dem Nest würden sie den Grünausschlag zusammentreten und mit gesammeltem Reisig, Moos, Stroh, Heu, Blättern und trockenen Grasbüscheln überdecken. Somit hätten die Störche am Ende wieder ein gut ausgepolstertes Nest für die neue Brutsaison.

Dieses grasgrüne Storchennest im Schwarzbachtal ist noch unbewohnt.
Dieses grasgrüne Storchennest im Schwarzbachtal ist noch unbewohnt.

Der Storchenberinger verweist auf eine interne Statistik, die ergeben habe, dass bei nicht gesäuberten Nestern der Bruterfolg minimal höher ausgefallen sei. Die Vogelkundler hätten angenommen, dass das zusammengetretene und verrottete Nistmaterial zusammen mit dem Grünbewuchs wie eine Dämmschicht gewirkt haben dürfte. Dann wäre die Nestunterlage für die Störche sogar noch wärmer. Es sei zudem unmöglich, alle Nester von diesem Grünfilz im zeitigen Frühjahr zu beseitigen. Schließlich seien die meisten Nester für eine Säuberung gar nicht zu erreichen. Außerdem sollten die wenigen ehrenamtlichen Helfer, die überhaupt für die Storchenbetreuung zur Verfügung stehen, wegen dieser vermeintlichen Beeinträchtigung kein Risiko eingehen und sich beim waghalsigen Säubern dieser Nester nicht noch selbst gefährden. Denn die Störche schafften dies auch allein. Oder sie bauten sich gleich ein neues Nest, wenn ihnen die bisherige Behausung nicht mehr zusagt.

Kräftig grüne Wieseninsel

Nobert Fakundiny vom Nabu aus Kleinsteinhausen berichtet, dass er mit seinen Storchenfreunden Horst Macke, Hans Göppel und Peter Spieler schon vor einigen Jahren im Schutzgebiet Mauschbacher Bruch und im Tal bei der Großsteinhauser Mühle Störche beim Säubern ihrer Nester hatte unterstützen wollen. Denn schon in jenem Jahr hatten die Tierfreunde den unübersehbaren Grünbewuchs festgestellt. Bis sie jedoch die passende Leiter und den gemeinsamen Arbeitseinsatz festgelegt hatten, seien die Störche schon von sich aus aktiv geworden. Sicherlich hatten sie die Nester nicht so gesäubert wie es die Storchenfreunde gemacht hätten, aber es gab beim anschließenden Brutverlauf keine nachteiligen Besonderheiten. Auch die Vogelschützer vor Ort warnen vor riskanten Klettermanövern, um den Nabu-Wappenvögeln beim Nest-Frühjahrsputz behilflich zu sein.

Der viel zu warme Winter hat dazu geführt, dass das von den Störchen im vergangenen Frühjahr und Sommer eingetragene Polstermaterial mit Samen so stark ausgeschlagen hat. Es ist absolut ungewöhnlich, schon im Februar in den Nestern so eine kräftig grüne Wieseninsel zu sehen, findet Horst Macke. Es sei ein zunehmendes Problem, wenn der Winter sich als kalte Jahreszeit förmlich verabschiedet, beklagen die Naturschützer.

Storch aus Steinweiler ist wieder da

Das Foto mit dem Baumnest lässt gut erkennen, dass der Storch sich schon im vergangenen Jahr eine schwierige Kinderstube gebaut hatte. Nun ist der Grasteppich bis zur Baumspitze hochgewachsen. Der Storch hat jedoch schon damit begonnen, den Nestrand aufzupolstern, um wahrscheinlich wieder eine sichere Nestmulde für die Eiablage zu haben. Die auf dem Foto erkennbare isolierte Stromleitung ist weit genug vom Nest entfernt. Die kräftige Spitze in der Mitte des Nests war sicherlich schon im vergangenen Jahr störend. Trotzdem haben die Storcheneltern zwei Jungstörche großgezogen.

Wie schon 2022 ist der 2015 in Steinweiler bei Kandel geborene Storch inzwischen wieder zu seinem Nest zurückgekehrt. Seine Partnerin stammt aus Gimsbach in der Nordpfalz, wo sie 2012 von Manfred Conrad aus Theisbergstegen als Jungstorch beringt wurde: So lautet die Auskunft der Vogelwarte Radolfzell nach einem Blick in ihre Datenbank über die beringten Störche.

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