Kreis Südwestpfalz Der Urin fließt in den Sammeltank

Wasserspülklosetts gibt es nicht mehr auf dem Reinighof.
Wasserspülklosetts gibt es nicht mehr auf dem Reinighof.

«BRUCHWEILER-BÄRENBACH.» Der Betreiberverein des Reinighofs nennt sich nicht ohne Grund „Europäische Pioniersiedlungen“. Mit der Abwasserreinigung setzt das Kollektiv Maßstäbe und lockt Wissenschaftler in den hintersten Winkel des Dahner Tals. Heidrun Steinmetz, Professorin und Leiterin des Fachgebiets Ressourceneffiziente Abwasserbehandlung an der Kaiserslauterer Universität, hat mit ihrem Team beim Aufbau der Anlage und vor allem bei der Phosphatrückgewinnung mitgewirkt. Ihrer Meinung nach ist die Reinighof-Anlage die weltweit einzige, bei der wirklich kein Klärrest entsorgt werden muss. Alles wird aufbereitet. „Die Anlage erreicht Traumwerte“, bescheinigte Ingo Bruch vom ebenfalls beteiligten Büro Bruch & Partner aus dem Donnersbergkreis, das für die vierte Komponente – den Spezialbodenfilter – zuständig waren. Die Ausgangslage für den Reinighof waren ständig steigende Kosten für die Abfuhr der Grube, die Thomas Kölsch vom Vereinsvorstand nicht mehr tragen wollte. Eine Pflanzenkläranlage musste her; die Anlagen sind aber nie so rückstandsfrei zu betreiben, wie es sein sollte. Und auf der Suche nach der besten Lösung kam die Idee des Phosphatrecyclings ins Spiel und die Uni Kaiserslautern mit ins Boot. Fördergelder machte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt locker, und der Reinighofverein sammelte Spenden. Das Abwasser der durchschnittlich acht Bewohner, bei denen im Sommer bis zu 30 Campingplatzgäste logieren, wird jetzt in drei Fraktionen getrennt. Die Fäkalien wandern in ein Plumpsklo, wissenschaftlich Trenntoilette genannt, und von dort mit Toilettenpapier und Sägespänen in zwei Schnellkomposter. Dort werden tagelang Temperaturen von mehr als 55 Grad Celsius und phasenweise sogar über 65 Grad Celsius erreicht, die für die Hygienisierung, also die Abtötung der Keime, ausreichend seien, so Heidrun Steinmetz. Die Uni hat die Temperaturen dokumentiert. Anschließend gehen die Fäkalien auf einen offenen Komposthaufen und später in die Landwirtschaft auf dem Hof. Die zweite Fraktion ist das Grauwasser vom Duschen, aus der Küche und der Waschmaschine. Dieses Abwasser geht direkt in das Pflanzenklärbecken und anschließend in den Verdunstungsteich. Am spannendsten für die Wissenschaftler der Universität ist der Urin der Hofbewohner. In dem findet sich das meiste Phosphat. Der sehr bald weltweit knapp werdende Rohstoff Phosphat soll weitgehend aus Abwässern zurückgewonnen werden, so die Devise des Mainzer Umweltministeriums. Die Projekte dazu sind jedoch erst im Aufbau. Der Reinighof ist darin ein echter Pionier. Für die dritte Fraktion, den Urin, hat die Uni in Zusammenarbeit mit dem Reinighofverein einen Sammeltank installiert und einen Reaktor, in dem das Phosphat als Magnesiumammoniumphosphat ausgefällt wird. Die Wissenschaftler geben einfach Magnesiumoxid hinzu, das mit dem Ammonium und Phosphat im Urin reagiert. Problematisch an der Anlage war ein immer noch hoher Anteil an Ammonium im Abwasser, erzählt Ingo Bruch, der für den Spezialbodenfilter verantwortlich ist und damit für den Teil der Anlage, der das Reinighofprojekt weltweit einmalig macht. Mit einem Lavagesteinssand, der mit seiner großen Oberfläche Platz für eine riesige Menge an Mikroben bietet, wird der Stickstoff effektiv beseitigt. Von 5000 Milligramm pro Liter am Ausgang des Urinreaktors bleiben laut Bruch nur noch 150 Milligramm nach dem Spezialbodenfilter übrig. Den Rest erledigt die Pflanzenklärstufe. Die Präsentation der ersten Ergebnisse am Donnerstag nutzte Verbandsbürgermeister Michael Zwick, um sich zu informieren. Neben dem Reinighof gebe es im Dahner Tal noch einige, wenn auch wenige Orte wie Pfälzerwald-Vereinshütten oder Aussiedlerhöfe, für die eine solche Anlage in Frage käme, so Zwick. Mitarbeiter des Forstamtes waren auch anwesend, da für den Reislerhof bei Ludwigswinkel ebenfalls eine autarke Abwasserentsorgung benötigt wird.

Thomas Kölsch (links), Heidrun Steinmetz und Michael Zwick am Reaktor, in dem aus dem Urin das Phosphat entfernt wird.
Thomas Kölsch (links), Heidrun Steinmetz und Michael Zwick am Reaktor, in dem aus dem Urin das Phosphat entfernt wird.
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