Kreis Südwestpfalz Aus kühlen Kellern raus aufs Fest
Böckweiler. Die wolligen Tiere wirken beruhigend, strahlen wohltuende Gemütlichkeit aus. Mit fröhlichem Mäh grast eine Herde friedlicher Schafe vor dem Neukahlenberger Hof außerhalb der Ortslage von Böckweiler. Wer dort die hauseigene Käserei besucht, könnte ob dieser Tiere dem Irrtum verfallen, dass sie als Milch-Lieferanten für Schafskäse gehalten werden. Weit gefehlt: Ein Blick auf die Weiden hinterm Hof, auf denen etwa 30 Milchkühe grasen, führt auf die richtige Spur. „Wir haben uns auf Käse von Kühen spezialisiert“, erläutert Georg Mayer, der den Neukahlenberger Hof und die Behinderten-Werkstatt des Vereins „Haus Sonne“ im nahen Walsheim leitet. Bei diesem Verein sind Mayer und Ehefrau Gislinde angestellt: Als „Haus Sonne“ anno 1984 den Aussiedlerhof bei Böckweiler erwarb, stiegen der Landwirtschafts-Meister und seine Frau mit ein. Seither führen der in Ulm geborene Fachmann für biologischen Landbau und seine aus Karlsruhe stammende Gattin die so verschiedenartigen Themenfelder Bio-Landwirtschaft und Behinderten-Sozialarbeit unter dem Dach des Neukahlenberger Hofes zusammen. Gemeinsam mit den in der Werkstatt „Haus Sonne“ betreuten Kindern und Erwachsenen betreiben sie einen Hof, der zur Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln dient und zugleich Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten bietet. Heute ist der Neukahlenberger Hof Vertragspartner des Bio-Landwirtschaftsverbandes Demeter. Etwa 25 Beschäftigte kultivieren hier in sozialtherapeutischer Gemeinschaft Getreide, Fleisch und Kartoffeln und widmen sich vor allem der Milcherzeugung und -verarbeitung. Die bis zu 150 000 Liter Milch, die die Kühe des Hofs pro Jahr geben, sind der Grundstoff für die Käserei, die unter der Obhut von Gislinde Mayer steht. „Wir kaufen keine zusätzliche Milch zu – aus diesem Grund ist unsere Käseherstellung naturgemäß mengenmäßig begrenzt“, erläutert der Hofleiter, dass der Jahresausstoß eine bestimmte kleine, aber feine Größe bewusst nicht übersteigen soll. In den Salzbädern und Kühlkellern in Gislinde Mayers Käseküche reifen mächtige Laibe verschiedener Hart-, Schnitt- und Weichkäse-Sorten ruhig vor sich hin. Einer dieser Weichkäse ist der sehr würzige Gollensteiner, dessen Aroma manch zartbesaitetem Zeitgenossen womöglich eine Nummer zu streng erscheinen könnte: „Dieser Käse ist vor allem bei der Kundschaft ab einem Alter von 35, 40 Jahren und aufwärts erfolgreich“, hat Georg Mayer beobachtet. Wer die etwas mildere Geschmacksnote bevorzugt, dem empfiehlt er den halbfesten Schnittkäse „St. Johanner“, ebenfalls aus hauseigener Fertigung: „Das ist ein richtiger Familienkäse.“ Sorten wie Münsterkäse und Camembert werden hier ebenfalls gefertigt – auch wenn sie nicht so heißen dürfen. „Diese Produktnamen sind geschützt“, erläutert Georg Mayer: Schließlich darf ja auch ein Sekt nur dann Champagner heißen, wenn er tatsächlich in der gleichnamigen französischen Landschaft produziert wurde. Deshalb trägt etwa der nach Camembert-Art gereifte Weichkäse vom Neukahlenberger Hof den neutralen Namen „Weißer Höfling“. „Die Bezeichnung Bergkäse ist hingegen nicht geschützt“, erzählt Mayer weiter. „Aber Gouda geht auch nicht“: Dementsprechend hört der Käse, der hier in Böckweiler nach Manier der holländischen Spezialität hergestellt wird, auf den hauseigenen Markennamen „Sonnenrad“. Ergänzt wird die milchige Angebotspalette durch diverse Erzeugnisse aus den Sparten Butter, Quark und Joghurt. Für Bioland verkauft der Hof auch Ziegenkäse, der allerdings nicht aus eigener Herstellung stammt. Bevor sich die Milch vom Neukahlenberger Hof in einen der 900 Gramm schweren Laibe des herzhaften Gollensteiners verwandelt, müssen Gislinde Mayer und ihr Team erstmal kräftig zupacken. Sie heben ein Dutzend schwere Molke-Quader aus einem stählernen Bottich und drücken die Ungetüme in runde Kunststoffbehälter, die dem Käse die richtige Form verleihen. Eine Presse entzieht den dicken Laiben überschüssiges Wasser, ehe sie in ein mehrtägiges Bad aus konzentrierter Salzlösung wandern: „Für den Geschmack“, erklärt Hofchef Georg Mayer. Eine drei- bis viermonatige Ruhezeit im 14 Grad kühlen Reifekeller verpasst den Käserädern ihren letzten Schliff. Erstehen kann man die Produkte des etwa 100 Hektar großen Böckweiler Anwesens direkt vor Ort – freitagnachmittags im Hofladen. Weitere Verkaufsstellen sind das „Haus Sonne“-Geschäft in Walsheim und der Bioladen in Blieskastel. Regelmäßige Präsenz zeigt der Neukahlenberger Hof zudem auf den Wochenmärkten in Saarbrücken und St. Ingbert.