Kreis Südwestpfalz Abgerotzt

Homburg

. „Opposition ist Mist“, sagte schon Franz Müntefering zu Gerhard Schröders großen Zeiten. Dass dieser Weisheit auch heute noch stimmt, mussten am Donnerstagabend die beiden zweiköpfigen Hinterbänkler-Fraktionen im Homburger Stadtrat bitter erfahren. Zuerst wurden die beiden Gruppierungen„Allianz der Vernunft“ und „Allianz für Deutschland (AfD)“ am Donnerstag bei der Vergabe wichtiger Aufsichtsratsposten abgebügelt (). Und dann blieb einer neu gewählten Stadträtin regelrecht die Spucke weg, als ihr der Oberbürgermeister auch noch achtkantig über den Mund fuhr. „Allianz der Vernunft“ nennt sich ein Zusammenschluss von Homburgern aus Einzelhandel und regionaler Wirtschaft, die das einst auf dem Enklerplatz geplante ECE-Einkaufszentrum nicht wollten. Dass sie im neuen Stadtrat nur zwei Mandate errungen hat, sieht die „Allianz der Vernunft“ als große Enttäuschung an. Einen dieser beiden Sitze hat Marianne Bullacher eingenommen, die ein Lampen- und Elektro-Fachgeschäft in der Altstadt betreibt. Am Donnerstag, beim zweiten Stadtrats-Termin ihrer noch jungen Polit-Karriere, wunderte sie sich über ein Thema, das erst Minuten vor Beginn der Sitzung auf die Fraktionstische geflattert war. Und zwar mit der Aufforderung, sofort über die „Verlängerung einer Veränderungssperre“ in einem Homburger Baugebiet abzustimmen. „Ich kann hier weder zustimmen noch ablehnen“, gab Bullacher offen zu. Schließlich sei ihr weder bekannt, was eine Veränderungssperre ist, noch habe sie die Papiere überhaupt lesen können, die ja eben erst ausgeteilt wurden und das Thema auf sechs Seiten Beamtendeutsch beschreiben. Oberbürgermeister Karlheinz Schöner (CDU) nutzte die Gelegenheit, um mal dem jungen Gemüse im Stadtrat vor Augen zu führen, wie hier der Hase läuft: „Frau Bullacher, Sie haben ja recht. Aber die Leute, die’s verstehen, sind hier im Stadtrat eh in der Mehrheit.“ Sprich: Ob’s jeder kapiert hat, spielt keine Rolle, weil die Zustimmung ja sowieso gesichert ist. Schützenhilfe erhielt die völlig perplexe Stadträtin aus der Linken-Fraktion. Deren Vorsitzende Barbara Spaniol sagte zum OB, sie finde es „nicht in Ordnung, ein neues Stadtratsmitglied so abzurotzen“. Es sei nicht zuviel verlangt, wenn man sich mal drei Minuten Zeit nehme, um das komplizierte Thema kurz zu erklären. „Auch wenn ihr nachher gleich einen trinken gehen wollt“, so Spaniol. Siehe da: Als der städtische Bauamtsleiter daraufhin die Materie kurz erläutert und sich dafür entschuldigt hatte, dass das Thema tatsächlich reichlich spät auf der Tagesordnung gelandet war, fand die „Verlängerung der Veränderungssperre“ eine noch breitere Mehrheit als unbedingt nötig, und alle waren zufrieden. Ach so, und was soll das jetzt eigentlich bedeuten? Mit seinem eiligen Beschluss sorgte der Stadtrat dafür, dass eine bestimmte Stelle im Stadtgebiet auch im nächsten Jahr nicht mit neuen Bauwerken verschandelt werden darf, die man dort nicht haben möchte. Kompliziert? Eigentlich nicht. Na also, geht doch.

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