RHEINPFALZ-Leseraktion Tunnelbau: Besichtigung wie eine Reise in eine andere Welt

Ulrich Hengen vom LBM (weißer Helm) führte RHEINPFALZ-Leser durch den Tunnel bei Bad Bergzabern.
Ulrich Hengen vom LBM (weißer Helm) führte RHEINPFALZ-Leser durch den Tunnel bei Bad Bergzabern.

Seit September 2021 wird zwischen Bad Bergzabern und Dörrenbach ein riesiger Tunnel in den Berg getrieben. Bis zum Durchstich fehlt nicht mehr viel. Wann es so weit ist und wie es derzeit im Stollen aussieht, erklärt Ulrich Hengen bei einer Baustellentour.

Es knarzt und quietscht, es poltert und kracht. Ein ohrenbetäubender Lärm begrüßt die Besucher an der Stelle zwischen Dörrenbach und Bad Bergzabern, an der eines Tages der Autoverkehr im Berg verschwinden wird. Seit September 2021 wird Tag und Nacht gebohrt, gebaggert und gesprengt, um das Prunkstück der rund 2,6 Kilometer langen Umgehung der Kurstadt nach und nach durch das Gestein zu treiben: den 1,44 Kilometer langen Tunnel.

Einer, der das Mammutprojekt mindestens genauso gut kennt wie seine eigene Westentasche, ist Ulrich Hengen. Er ist Bauüberwacher des Landesbetriebs Mobilität (LBM) und täglich auf der gigantischen Baustelle. Und er führt Besuchergruppen über das Areal und hinein in den Stollen. „800 bis 1000 Menschen waren schon da und haben sich alles angeschaut“, berichtet Hengen. An diesem Donnerstagmorgen sind die Gewinner der RHEINPFALZ-Leseraktion, zu der es 132 Einsendungen gab, zu Gast. Sie möchten hautnah miterleben, wie dem Berg Meter um Meter abgerungen wird.

Besucher fotografieren und filmen

„Was würde denn bei einem Starkregen passieren? Muss der Bau dann gestoppt werden?“, möchte Hans Peter Großmann aus Göcklingen wissen. So richtig begonnen hat das Tunnelabenteuer zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Die Gruppe sitzt noch im Besprechungsraum des Baubüros, wo Hengen erklärt, welche Regeln es unbedingt zu beachten gilt. Denn einfach so hineinmarschieren in die Röhre, das geht nicht. „Bitte immer rechts laufen“, lautet eine der Anweisungen Hengens. Denn die Besichtigung erfolgt im laufenden Betrieb, das heißt es donnern riesige Baumaschinen durch die Röhre. „Wenn man da drin sitzt, sieht man gar nix“, sagt Hengen. Also auch keine Fußgänger, die potenziell unter die Räder kommen können.

Nach einer halben Stunde Vorgeplänkel geht es dann endlich los. Hinaus ins Freie, schnurstracks zum großen schwarzen Loch. Der Tunneleingang wirkt wie der Schlund eines Ungetüms. Die Besucher sind sichtlich beeindruckt vom monströsen Anblick. Handys werden gezückt, es wird fotografiert und gefilmt. Das Wort „überwältigend“ fällt immer wieder. Und dabei startet der Fußmarsch erst. Einen Kilometer lang wird er zunächst sein, so weit ragt der Hauptstollen mittlerweile in den Berg hinein.

Erst Rettungsstollen, dann Hauptstollen durchschlagen

„Wir hoffen, dass wir Anfang/Mitte 2026 fahren können“, sagt Hengen auf die Frage, wann denn die Umgehungsstraße fertig sein wird. Mit dem Tunneldurchstich rechnet der LBM-Mann Ende August. Das gilt jedenfalls für die Hauptröhre. Beim parallel verlaufenden, wesentlich kleineren Rettungsstollen wird das schon deutlich früher passieren. „Hier rechnen wir Ende Juni mit dem Durchschlag“, sagt Hengen. Und wieso dieser Zeitunterschied? Das habe mit der Belüftung zu tun. Derzeit wird über einen riesigen gelben Schlauch Frischluft in den Hauptstollen gepumpt. Das wird aber ab Anfang Juli nicht mehr funktionieren, denn dann wird ein gut 100 Meter langer Zug losfahren, mit dem die Röhre ausbetoniert wird. „Der Schlauch muss dann weg. Die frische Luft muss dann über den Rettungsstollen eingeleitet werden“, erklärt Hengen.

Gut die Hälfte der Strecke ist nun geschafft. Von Tageslicht ist schon lange keine Spur mehr. Umso greller sind die Lichter der Stahlkolosse, die mit ihren mannshohen Rädern immer wieder vorbeidonnern. „Das ist hier echt wie in einer anderen Welt“, sagt eine Teilnehmerin. Mit dabei auf der Reise in diese fremde Welt ist auch Bruno Massier, mit seinen 80 Jahren der Älteste in der Gruppe. Als die Tunnel bei Annweiler gebaut worden sind, sei er öfter dort gewesen, erzählt er. Jetzt wollte er auch mal einen Blick in das Bauwerk bei Bad Bergzabern werfen. Viele Worte verliert er dabei ebenso nicht wie die anderen Besucher. Zu beeindruckt scheinen sie allesamt zu sein.

Tunnelbau wird teurer werden als geplant

Kurz bevor das momentane Ende, die sogenannte Ortsbrust, erreicht ist, macht die Gruppe einen letzten Halt vor einer Röhre, die aussieht, als sei hier ein U-Boot gestrandet. „Das ist die Rettungskapsel“, sagt Hengen. Sollte es zu einer Rauchentwicklung kommen, müsse man so schnell wie möglich hier reingehen und warten, bis Rettungskräfte kommen. „Hier ist Platz für 20 Leute.“ Beruhigend: Die Kapsel blieb bislang stets leer.

Nach anderthalb Stunden ist schließlich wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Besser gesagt an dessen Anfang, denn dort ist die Gruppe nun wieder angekommen. „Ich fand es sehr beeindruckend“, lautet das Fazit von Thorsten Kolb. Dafür erntet er ausschließlich Zustimmung. „Und es ist ja auch niemand verschüttet oder überfahren worden“, scherzt er.

Ganz zu Ende ist diese Leseraktion aber noch nicht, die eine oder andere Frage brennt noch auf den Nägeln. Etwa die nach den Kosten für den Tunnelbau. Rund 71 Millionen Euro wurden dafür veranschlagt. Wie die Zahl am Ende aussehen wird, weiß Hengen nicht. Nur so viel: „Das reicht nicht.“ Man sei teurer, sagt er. „Aber nicht in Regionen von 300 oder 400 Prozent.“ Einer der Gründe sei der Ukraine-Krieg und die dadurch gestiegenen Energiepreise. „Was die hier an Strom verbrauchen, brauche ich in meinem ganzen Leben“, sagt Hengen. Was ebenfalls zusätzliches Geld kosten würde, wäre ein Baustopp. Dazu ist es bislang noch nicht gekommen. Auch nicht bei Starkregen, denn „das merken wir im Tunnel gar nicht“, wie der LBM-Mann erklärt. Damit wäre auch die letzte offene Frage dieser RHEINPFALZ-Leseraktion beantwortet.

Das Tunnelportal wirkt monströs, wenn man davorsteht.
Das Tunnelportal wirkt monströs, wenn man davorsteht.
Immer wieder donnerten riesige Baumaschinen durch die Röhre.
Immer wieder donnerten riesige Baumaschinen durch die Röhre.
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