Landau / SÜW Streit um krähenden Hahn landet vor Gericht
Ein junger Mann, der in einem handwerklich fordernden Beruf arbeitet, liebt Tiere, den Umgang mit ihnen und die Beschäftigung in der Natur. In einer ländlichen Gemeinde am Waldrand fand er alles, was sein Herz erfreute: Eine Fläche, auf der seine Schafe helfen, die Landschaft offen zu halten – unterstützt von ein paar Ziegen –, eine Fläche zum Anbau von Tomaten, und eine andere, auf der der Anhänger steht, in dem sein stolzer Hahn samt rund zwei Dutzend hübscher Hühner nachts zu Hause sind. Der junge Mann mag nämlich keine Eier aus dem Supermarkt und bezieht sie lieber aus dem eigenen Stall. Es klingt alles nach der perfekten Idylle.
Aber dann: Das Unheil naht in Gestalt eines Ehepaares aus einer nicht weit entfernten Großstadt, die auch ihren Anteil an der herrlichen Landluft haben wollen. Sie kaufen eine Wohnung und müssen zu ihrem Entsetzen feststellen: In der Nachbarschaft leben Hühner. Und ein Hahn. Und was macht der? Er kräht. Morgens. Manchmal vor 6 Uhr. Skandal!
Vor 6 Uhr darf der Hahn nicht krähen
Und nun kommt es, wie es kommen muss: Das Ehepaar beschwert sich bei dem jungen Tierfreund, der nimmt sein Geflügel in Schutz. Und der Hahn, er kräht weiter. Das Ehepaar beschwert sich bei der Verbandsgemeindeverwaltung. Die schickt in der Tat eines Tages zu nachtschlafender Zeit, vor sechs Uhr, zwei Beamte zur Kontrolle los. Und prompt krähte auch jetzt der Hahn. Einmal um 5.45 Uhr und am nächsten Tag um 5.52 Uhr.
Was dem Tier wohl nicht bewusst ist: Er darf erst ab 6 Uhr ohne Sanktionen krähen, samstags und sonntags sogar erst ab 7 Uhr. Denn es gibt schließlich das Bundesimmissionsgesetz, und da steht das alles drin. Verstöße werden mit Bußgeldern bestraft. So nahm das Schicksal seinen Lauf: Der Besitzer des Hahns erhielt wegen Ruhestörung einen Bußgeldbescheid über 25 Euro. Dagegen legte er form- und fristgerecht Widerspruch ein. Es kamen ein zweiter und ein dritter Bußgeldbescheid, beiden widersprach er ebenfalls. Die Verbandsgemeinde wollte schließlich ihr Geld, beschritt den Klageweg und die Sache landete vor dem Richter.
Das Federvieh hat ein neues Zuhause
Der bat vor Verhandlungsbeginn den Verteidiger zu einem Rechtsgespräch, um die Sache so geräuschlos wie möglich aus der Welt zu schaffen. „Denn noch ist die Angelegenheit ein kleines Flämmchen“, erläuterte er dem Angeklagten, der nicht übermäßig reumütig wirkte. „Aber es kann sich leicht zu einem Flächenbrand ausweiten, der unendliche Ressourcen von Zeit, Geld und Papierkram zum Beispiel in Form von offiziellen Lärmmessungen und Gutachten verschlingen könnte.“ Sein Vorschlag: Der Angeklagte akzeptiert den ersten Bußgeldbescheid über 25 Euro, bezahlt diese Summe, und der Richter stellt das Verfahren über die beiden weiteren ein.
Dem stimmten Angeklagter, Verteidiger und Vertreter der Verbandsgemeinde zu. Mit Erleichterung nahm der Richter zur Kenntnis, das der Stein des Anstoßes, also der Hahn, in der Zwischenzeit samt seinem Harem umgezogen ist. Der Bürgermeister der Gemeinde war dem jungen Mann behilflich, ein anderes Gelände für das Federvieh zu finden. Und wenn deren Chef zu anderen als vom Bundesimmissionsgesetz festgelegten Zeiten den Morgen begrüßt, kräht an seinem neuen Zuhause kein Hahn nach.