Herxheim Ruanda-Tag: „Eine Freundschaft auf Augenhöhe“
Alles begann im Jahre 1982. Damals ging das Land Rheinland-Pfalz mit Ruanda eine sogenannte Graswurzelpartnerschaft ein, die für eine dezentrale und bürgernahe Entwicklungszusammenarbeit steht. Das bedeutet, dass unterschiedliche Gruppen, wie Kommunen, Vereine, Kirchengemeinden, Schulen und Universitäten direkte Beziehungen zu ihren afrikanischen Partnern unterhalten.
Was an Hilfe benötigt wird, bestimmen die Menschen in Ruanda. Die Regierungen bieten nur den Rahmen, um die Zusammenarbeit der Akteure vor Ort zu ermöglichen. Im Laufe der Jahre konnten so über 2500 Projekte umgesetzt werden, finanziert mit Landesmitteln und Spenden. Graswurzelpartnerschaft bedeutet „Freundschaft auf Augenhöhe“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie fördere die Begegnung von Mensch zu Mensch, von Gemeinde zu Gemeinde. Beide Länder seien gut miteinander vernetzt und würden voneinander lernen. Der Blick auf Ruanda zeige den Rheinland-Pfälzern, wie wichtig der Klimaschutz sei, da der globale Süden stark von Naturkatastrophen betroffen ist. Und sie erinnert an die große Solidarität, wenn die Not am größten ist. So hätten viele ruandische Bürger für die Flutopfer im Ahrtal gespendet. „Wir werden die Partnerschaft weiter lebendig halten, wir brauchen sie und wir sind stolz auf sie“, so Malu Dreyer. Bei afrikanischen Temperaturen war eine große Gästeschar in den idyllischen Park der Villa Wieser gekommen, darunter auch viel Prominenz: Neben der Ministerpräsidentin Igor César, Ruandas Botschafter in Berlin und der Präsident des Partnerschaftsvereins Rheinland-Pfalz/Ruanda, Norbert Neuser, und andere mehr.
Viele Vereine engagieren sich im Bildungsbereich
Die meisten Partnerschaftsvereine engagieren sich im Bildungsbereich, weil die wirtschaftliche Entwicklung des Landes von der fachlichen Qualifizierung junger Menschen abhängt. Renovierung und Erweiterung von Schulgebäuden, Ausstattung mit Unterrichtsmaterialien und Einrichtung von Ausbildungszentren sind von zentraler Bedeutung. Rund 200 rheinland-pfälzische Schulen haben Partner in Ruanda: Grundschulen, Gymnasien, Berufsbildende Schulen, Integrierte Gesamtschulen sowie die Hochschule für Verwaltung in Mayen waren in Herxheim vertreten. Sogar eine Herxheimer Kita pflegt den Kontakt mit einer Einrichtung im Partnerland. Dabei sind alle sehr kreativ bei der Finanzierung ihrer Projekte: Am Thomas-Morus-Gymnasium in Daun arbeiten Schüler einen Tag lang und spenden das Geld, an der BBS in Lahnstein werden selbsthergestellte Gebrauchsgegenstände und Schmuck verkauft, und selbst die Kitakinder haben ihren eigenen Spendenlauf.
Unterstützung für Bildungsprojekte kommt auch vom Landauer Ruhango-Markt. Der Landessportbund organisiert eine 600 Kilometer lange Radtour und hat den Ehrgeiz, jedes Jahr eine neue Schule zu bauen. Das „Sugira Netzwerk“ verfolgt das Ziel, Kinder mit Beeinträchtigungen zu fördern. Und der Mainzer Verein „Geselle trifft Gazelle“ bildet im Partnerland Maler und Lackierer aus. Ein weiterer Schwerpunkt der Partnerschaftsvereine ist die Unterstützung des Gesundheitswesens, um der ländlichen Bevölkerung Zugang zur Gesundheitsvorsorge zu ermöglichen. Hilfe für Menschen mit psychischen Problemen leistet das Pfalzklinikum Klingenmünster, indem es mit der einzigen Einrichtung für psychosomatische Erkrankungen im Land kooperiert.
Der Landauer Zoo engagiert sich in einem Natur- und Artenschutzprojekt, um vor allem die Kronenkraniche vor Wilderei und Verkauf zu bewahren. Am weitesten in die Zukunft richtet sich der Blick beim Verein Wörth – Rubavu. Ziel ist, im „Land der tausend Hügel“ Windräder zu installieren. Es könnte der Beginn einer dezentralen Chemie-Industrie sein, denn das Land braucht dringend Düngemittel, um seine wachsende Bevölkerung ernähren zu können. Aber das ist noch Zukunftsmusik.
Auch Einzelpersonen unterstützen
Neben den vielen Gruppen unterstützen auch Einzelpersonen die Partnerschaft. Dazu gehört die Insheimer Künstlerin Barbara Beran. Als sie vor über 40 Jahren zum ersten Mal nach Ruanda reiste, sah sie „pure Armut, und Kunst und Kultur waren nicht erkennbar“, erzählt sie. Da machte sie sich auf die Suche nach traditionellen, ruandischen Mustern und malte sie auf. Einheimische Frauen bestickten nach ihrer Vorlage eine 25 Meter lange Stoffbahn, auf der die Geschichte der Partnerschaft erzählt wird. „Die Teppiche von Kampanga“ waren in der Villa Wieser zu bestaunen. Trotz der vielen Informationen kam beim Ruanda-Tag die Unterhaltung nicht zu kurz. Eine Frauen-Tanzgruppe und eine Trommelgruppe sorgten für afrikanisches Flair – was wunderbar mit dem trommelnden Herxheimer Fanfarenzug harmonierte.