Ingenheim Protestantische Kirche blickt auf 200 Jahre bewegte Geschichte zurück

Die Kirche prägt das Ortsbild.
Die Kirche prägt das Ortsbild.

Großes begeht die protestantische Kirchengemeinde Ingenheim in diesem Jahr. Die Kirche wird 200 Jahre alt. Ein Grund zu feiern. Ein ganzes Jahr lang. Denn das Gotteshaus hat bewegte Zeiten hinter sich.

1818 wurde eine Union zwischen Lutheranern und Reformierten in Ingenheim beschlossen. In der Folge wurde eine gemeinsame Kirche für die neue protestantische Kirchengemeinde erforderlich. Diese wurde 1823 eingeweiht. Ursprünglich hatten die Lutheraner eine Betstube im Hause Hoffmann/Störrmann in der Schellgasse, während die Reformierten in einem Holzhaus zusammenkamen, das im heutigen Kirchengarten stand. Unter dem Motto „Hand in Hand, die Liebe knüpft das Band“ machten sich die ursprünglich getrennten Kirchengemeinden auf den gemeinsamen Weg in die Zukunft. Um die neue Kirche finanzieren zu können, wurden weitere Bethäuser veräußert. Des Weiteren gab es Sammlungen in der Kirchengemeinde sowie einen Zuschuss aus der politischen Gemeinde zur Finanzierung des Neubaus.

Protestanten dürfen katholische Kirche nutzen

Trotz ursprünglich unterschiedlicher Konfessionen gab es ein christlich gestimmtes Miteinander zwischen den gläubigen Ingenheimern. Den Protestanten wurde erlaubt, ihren Gottesdienst so lange in der katholischen Kirche abzuhalten, bis ihr eigenes Gotteshaus fertig erbaut war. Der Architekt Samuel Schwarze entwarf das Gotteshaus im Geist der pfälzischen Baukunst. Klassizismus und antike Formen fanden hier zusammen. Schönheit in Schlichtheit, innen und außen, prägen nach wie vor das Bild. Die Kirchturmglocken kamen aus der Pfarrei Schwetzingen, ebenso wurde eine Orgel gekauft, und alles wurde würdevoll eingeweiht. Laut einem Artikel im Pfarrbuch der Gemeinde zur feierlichen Einweihung am 9. November 1823 durch den Bürgermeister Daniel Bourquin waren dabei zahlreiche Menschen zugegen – so viele, dass die Kirche bei Weitem nicht genug Raum bot und ein großer Teil der Gläubigen auf der Straße der Zeremonie beiwohnen musste. Der erste Pfarrer der neuen Pfarrei hieß J. Georg Knobloch.

Groß und lange wurde auf den Straßen von Ingenheim dieser besondere Tag gefeiert. Die erste Taufe erfolgte schon bald in der neuen Kirche. Der Junge Jakob Leiner wurde am 11. November des gleichen Jahres getauft. Doch es gab auch Rückschläge. Durch schwere Wetterschläge, so ist es in den Aufzeichnungen niedergeschrieben, wurde die Kirche beschädigt, weshalb sie unter Pfarrer Friedrich Theodor Frantz im Außenbereich für rund 600 Mark repariert werden musste. Pfarrer Frantz, ein glühender Verfechter der pfälzischen Union, fiel beim orthodox-konservativen Oberkonsistorium München durch seine rationalistischen Ansichten in Ungnade. Sein Kirchenblatt l „Die Morgenröthe“, zur Zeit der Märzrevolution herausgegeben, wurde verboten und er seines Amtes enthoben. Allerdings wurde er von den Ingenheimern nach wie vor gerade wegen seiner demokratischen Kirchenauffassung hoch geachtet.

Glocken werden für den Krieg eingeschmolzen

Im Ersten Weltkrieg mussten die meisten Glocken im Reich zur Metallgewinnung für Kriegszwecke abgegeben werden. Durch eine Sammlung sorgte der damalige Pfarrer Emil Lind, ein guter Freund von Albert Schweitzer, dafür, dass nach Kriegsende Ersatz beschafft wurde. Für 3500 Reichsmark wurde als neues Geläut in der Glocken- und Metallgießerei Pfeifer in Kaiserslautern eine 245 Kilogramm schwere Glocke in Auftrag gegeben.

Der Zweite Weltkrieg brachte eine teilweise Zerstörung der Kirche. Pfarrer Munzinger leitete die Aufbauarbeiten. Eine Innenrenovierung fand dann 1999 unter Leitung des Architekten Fritz Cawein statt, da der Verputz von den Wänden fiel. Bei der Gelegenheit wurden die Bänke, die Heizungsanlage und die Innenbeleuchtung erneuert. Dies wurde unter anderem durch die Initiative der Kirchengemeinschaft ermöglicht.

Lothar deckt das Dach ab

Durch den Orkan Lothar entstanden im Dezember 1999 erhebliche Schäden am Dach der Kirche. Die Renovierung und ein barrierefreier Zugang zur Kirche wurden in Angriff genommen. Die Bausumme betrug knapp 124.000 Euro. Die Außensanierung wurde im Jahre 2010 beendet. Auch eine Fotovoltaikanlage kann die 200 Jahre alte Kirche mittlerweile ihr Eigen nennen. Und die Gemeinschaft ist stolz darauf. Mit einer Inschrift auf der Anzeigetafel zur Anlage wird dies deutlich: „Dieser Strom kommt aus der schier unerschöpflichen Segensquelle Sonne, Gottes wunderbarem Geschenk an alle Menschen.“

Der 1866 vom damaligen Pfarrer Brion gegründete Ingenheimer Kirchengesangverein beging im Jahr 2016 seinen 150. Geburtstag. Er gehört zu den ältesten Kirchenchören der Pfalz, ist ein wichtiger Teil der Kirchengemeinde und nimmt seit 1946 an allen Landeskirchmusiktagen in Speyer teil. Seit Mitte 2010 leitet die Dirigentin Birgit Kern den Chor. Der widmet sich den unterschiedlichsten Konzertvorhaben, wie dem Jubiläumskonzert am vergangenen Wochenende.

In diesem Festjahr gibt es noch weitere Schmankerl rund um den 200. Geburtstag des Gotteshauses. Unter anderem sind eine biblische Weinprobe und ein Auftritt des Kabaretts der Namenlosen geplant, zudem ein besonderes Barock-Konzert und ein Adventssingen des evangelischen Kirchenchors.

Info

Näheres unter www.kirche-billigheim-ingenheim.de oder beim Protestantischen Pfarramt, Hauptstraße 4, Billigheim-Ingenheim.

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