Kreis Südliche Weinstraße „Private Haushalte subventionieren Stromindustrie“

„Demokratische, dezentrale Energieversorgung gegen den Widerstand der Stromkonzerne und der Medien“ – so lautete der Titel der Pleisweiler Gespräche am Sonntag im Weingut Wilker in Pleisweiler-Oberhofen. Referent war Peter Becker, Fachanwalt für Energierecht. Organisator des Forums ist der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Albrecht Müller.

„Die stromintensive Industrie muss keine Umlage aus dem Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) bezahlen, dieser Betrag wird auf die privaten Haushalte umgelegt, die damit die Industrie subventionieren, das halte ich für verfassungswidrig“, sagte Referent Peter Becker. Stromintensive Unternehmen könnten wegen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine Befreiung von der EEG-Umlage beantragen. Als Anwalt hat Becker mit mehr als 500 Mitarbeitern die nach eigenen Angaben größte Energiekanzlei Deutschlands gegründet, unter anderem hat er 146 Kommunen dazu verholfen, ihre Stromversorgung wieder kommunal organisieren zu können. Das Interesse am Thema der 29. Pleisweiler Gespräche war groß. Dass es komplex ist, wurde an Hand der vielen Fakten, die Becker vermittelte, deutlich. „1998 gab es noch 500 energierechtliche Paragrafen, heute sind es mehr als 11.000“, sagte der Anwalt, dessen Kollegen alle auf einzelne Fachgebiete im Energierecht spezialisiert sind. Als wichtigen Schritt, die Übersichtlichkeit wiederherzustellen, nannte er die CO2-Abgabe, die in vielen Ländern schon eingeführt worden sei. Mit dieser könnten die Umlagen aus dem EEG und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz finanziert werden, Steuern auf Strom, Erdgas und Heizöl würden entfallen. Völliges Unverständnis äußerte Becker für die Leugnung des Klimawandels und eine Berichterstattung wider besseren Wissens. „Wir leben auf einem übervölkerten, übernutzten Planeten. Nichts zu tun, ist ein kollektiver Suizidversuch“, betonte er. Die Erwärmung von mehr als einem Grad Celsius seit der vorindustriellen Zeit habe sich in den vergangenen 25 Jahren vollzogen, das Abschmelzen des Eispanzers auf Grönland könne schon ab 1,5 oder 1,6 Grad unumkehrbar werden. Die Weltbank rechne mit 140 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2050, zitierte Becker Joachim Schellnhuber, Gründer und langjähriger Leiter des Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam. Dass das Thema Energie vielen auf den Nägeln brennt, zeigten die Wortmeldungen aus dem Publikum. Peter Beutel, Ortsbürgermeister von Winden, wollte einen Rat, da die Gemeinde beabsichtigt, eine Fotovoltaikanlage zu bauen. „Die Pfalzwerke sagen, sie könnten wegen Netzschwankungen nicht einspeisen“, sagte Beutel. „Wenden Sie sich an ,Bet’ in Aachen, ein Beratungsunternehmen für nachhaltige Energiesysteme, die werden diese Argumentation zerfetzen“, entgegnete Becker. „Wir müssen unseren privaten Verbrauch senken, das will keiner angehen“, sagte Wolfgang Thiel von der Initiative Südpfalz-Energie. Zudem forderte er ein Klimaschutzkonzept für jede Verbandsgemeinde. Thema war auch der bisher nicht zu lokalisierende Brummton in einigen Gebieten in Landau. Das Brummen sei 2107 festgestellt worden, jetzt komme das Landesamt für Umwelt nicht zu Potte, ob es vom Geothermiekraftwerk, den Windkraftanlagen oder dem Industriegebiet Landau-Ost komme, beschwerte sich ein betroffener Landauer. „Für die Geothermie wird Strom benötigt, um die Pumpen zu betreiben, und dann bekommen Sie eine Einspeisevergütung von 20 Cent“, äußerte ein Gast seinen Unmut. „Klimaschutz sollte Menschenschutz heißen, und das Wort Klimawandel verharmlost das Problem“, fand ein Besucher. Der Begriff Klimawandel sei in einer amerikanischen Denkfabrik entstanden, um das Problem zu verharmlosen, informierte Becker, der für seinen Vortrag langanhaltenden Applaus bekam. Info Informationen zum Energierecht bietet die Zeitschrift „ZNER“, in der Peter Becker publiziert. Weitere Informationen zu dem Thema gibt es auch in seinem Blog unter www.energieanwalt.com/mein-blog/.

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