Essingen Nachfolge geklärt: Hausarzt-Praxis für die Zukunft gerüstet

Der Generationenwechsel in der Essinger Hausarztpraxis ist bereits im Gang: Michael Feldbaum (rechts) wird sich im Sommer in den
Der Generationenwechsel in der Essinger Hausarztpraxis ist bereits im Gang: Michael Feldbaum (rechts) wird sich im Sommer in den Ruhestand verabschieden, sein Nachfolger Vasilis Tzalis ist bereits in der Praxis tätig.

Es ist heutzutage schon ein Privileg, den Hausarzt im Dorf zu haben. Und ein Glücksfall, wenn die Zukunft der Praxis gesichert ist. Genau das ist in Essingen gelungen. Es wurde dabei auf ein Mittel zurückgegriffen, das in der Südpfalz Schule machen soll, um dem Ärztemangel entgegenzutreten.

Menschen aus Essingen und benachbarten Dörfern wie Bornheim oder Knöringen können aufatmen. Die Zukunft der Hausarztpraxis in dem südpfälzischen Dorf ist gesichert. Wohlgemerkt in Zeiten, in denen auf dem Land regelmäßig Mediziner die Türen ihrer Praxis für immer schließen, wenn sie sich zur Ruhe setzen und dabei keinen Nachfolger präsentieren können.

Der Generationenwechsel in der Praxis von Michael Feldbaum ist dagegen im Gange. Der 64-Jährige hat seinen Nachfolger Vasilis Tzalis bereits mit in die Behandlung der Patienten eingebunden, damit der Übergang nicht abrupt, sondern fließend verläuft. Bis Juli wird er dem jungen Kollegen als Mentor beiseitestehen, insbesondere das Administrative übernehmen, das er nach und nach dem 34-Jährigen überlassen wird.

Gesucht, gefunden

Die Patienten seien dankbar darüber, dass sie die Hausarztpraxis nicht wechseln müssen, berichtet Feldbaum. Umgekehrt sei auch er sehr glücklich darüber. Vor allem weil einige Praxen in der Umgebung keine neue Patienten aufnehmen würden. Davon abgesehen, dass manche Kollegen in der Region selbst im fortgeschrittenen Alter seien und zu gegebener Zeit ihre Nachfolge klären müssten. Sprich deren Standort nicht für lange Zeit gesichert ist. Vor diesem Hintergrund sieht man dem zweifachen Familienvater die Freude über den gelungenen Wechsel in Essingen an. So, wie es bei einem langjährigen Landarzt nicht anders sein kann.

Vor zwei Jahren hatte Feldbaum angefangen, die Nachfolge zu regeln. Zu seinem Glück hielt zur selben Zeit Tzalis nach dem passenden Standort in der Südpfalz Ausschau, um sich dort als Arzt niederlassen zu können. Auch er wollte aufs Land, weil dort die Patientenbindung enger sei als in Städten, sagt Tzalis. Aufgewachsen in Maikammer, wollte er nach seinem Medizinstudium in München und der ärztlichen Aus- und Weiterbildung in der Schweiz zurück in die Heimat.

Welche Rolle die Südpfalz-Docs übernahmen

Dass Tzalis und Feldbaum zueinanderfanden, ist der Vermittlungsbörse der Südpfalz-Docs zu verdanken. „Es ist in der Region das Portal, das in solch einem Fall helfen kann“, betont Feldbaum. Denn sonst sei es schwierig, die Stellenanzeige so publik zu machen, dass sie weite Kreise zieht und einen jungen Arzt anspricht. Es könnte wertvolle Zeit verlorengehen. Zumal dann drohen könnte, dass der Ärztenachwuchs, der eigentlich in der Südpfalz sesshaft werden möchte, in der Zwischenzeit in einer anderen Region schneller fündig wird und die Lücke nicht geschlossen werden kann.

Bei den Südpfalz-Docs handelt es sich um ein Netzwerk, von dem vor allem junge Ärzte in der Ausbildungszeit beziehungsweise vor oder nach der Niederlassung profitieren sollen. Der Gruppe gehören inzwischen rund 130 Haus- und Fachärzte an. Auch Kollegen, die außerhalb der Südpfalz leben und arbeiten, etwa aus Mannheim oder Bad Dürkheim stammen, jedoch mit einer Tätigkeit in der Region zwischen Rhein und Weinbergen liebäugeln. So berichtet es der erste Vorsitzende und Rheinzabener Allgemeinmediziner Jonas Hofmann-Eifler.

Tipps von älteren Kollegen

Die Südpfalz-Docs haben zum Ziel, dass erfahrene Ärzte den Nachwuchs an die Hand nehmen, ihm Tipps geben und bei Bedarf helfen. Die Vorteile des Netzwerks mit Weiterbildungsmöglichkeiten sollen für den Mediziniernachwuchs verlockend sein, sich in der Südpfalz niederzulassen. Abgesehen von den landschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekten der Region. In einer Zeit, in der vor allem wegen der gestiegenen Dokumentationspflicht immer mehr Ärzte lieber im Angestelltenverhältnis tätig sein möchten, soll es die Attraktivität einer eigenen Praxis im Ort steigern. Denn wie in vielen anderen Berufen muss auch im Bereich der medizinischen Versorgung um Nachwuchs gebuhlt werden, gerade auf dem Land. Auch deshalb sind die Südpfalz-Docs froh darüber, am Wochenende das bundesweite Netzwerk „Junge Allgemeinmedizin Deutschland“ (Jade) in der Südpfalz zu Gast zu haben. Veranstaltungsort dieses überregionalen, dreitägigen Treffens des hausärztlichen Nachwuchses ist das Hotel Soho in Landau.

Ein wichtiger Baustein in der Netzwerkarbeit der Südpfalz-Docs ist die Vermittlungsbörse, die mehr als eine Alternative zu anderen Portalen wie dem Ärzteblatt darstellen soll, weil sie auf die Region zugeschnitten ist. Bislang konnten dadurch 15 Stellen vermittelt werden, wobei neben Praxisübernahmen unter anderem auch die Einstellung von Ärzten in der Weiterbildung mit einberechnet wird. Nicht nur durch die Anzahl der erfolgreich vermittelten Stellen können sich die Südpfalz-Docs in ihrer Arbeit bestätigt fühlen. Auch die Politik ist inzwischen auf den Zug aufgesprungen, mehr Marketing zu betreiben.

Marketing im medizinischen Bereich

Die Stadt Landau und die beiden Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim sind um Abhilfe bemüht. Sie verfolgen das gemeinsame Ziel, durch ein neu geschaffene Koordinierungsstelle junge Mediziner für die Region zu gewinnen. Dadurch, dass ein Großteil der Mediziner in den Ruhestand geht, wird Handlungsbedarf gesehen. Das Projekt ist für die zwei Jahre ausgelegt, rund 125.000 Euro sollen darin investiert werden. 50 Prozent der Kosten sollen auf die beiden Landkreise und die Stadt Landau entfallen, die andere Hälfte der Ausgaben soll die Ärztegruppierung leisten, welche die neue Koordinierungsstelle besetzen wird.

Abschied nach 33 Jahren

Der Essinger Allgemeinmediziner und Internist Feldbaum hat wie fast alle anderen Mitglieder in seiner Familie Medizin studiert. Unter anderem die Hausbesuche seines Großvaters, die er als kleiner Junge erleben durfte, hätten ihn geprägt und dazu verleitet, Landarzt zu werden. Deshalb meldete er sich sofort, als er hörte, dass die Praxis in Essingen zu haben war. Das ist inzwischen 33 Jahre her. Damals gab es die Sprechstunden noch in der Spanierstraße. Der Umzug in ein anderes Gebäude war nötig, weil die zunehmenden Aufgabenbereiche größere Praxisräume erforderlich machten. Als zum Beispiel die Kontrolle der Lungenfunktion und Belastungs-EKG zum Alltag in der Praxis hinzukamen. Noch bis Anfang der 2000er-Jahre musste Feldbaum ebenso wie alle andere Kollegen in der Region mehrere Nächte pro Woche für Patienten erreichbar sein. Erst mit der Gründung der Notfalldienstzentrale kam die Entlastung.

Über die Essinger Praxis werden nicht nur Menschen behandelt, die in die Sprechstunde kommen. Gekümmert wird sich zudem um Frauen und Männer, die über Hausbesuche betreut werden, ebenso Senioren, die in Altenheimen in der Umgebung leben.

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