Birkenhördt Investor unerwünscht: Gemeinde plant Agri-PV-Anlage in Eigenregie

Ein Landwirt bewirtschaftet Ackerland, auf dem eine Fotovoltaikanlage steht. So ähnlich stellt es sich die Gemeinde Birkenhördt
Ein Landwirt bewirtschaftet Ackerland, auf dem eine Fotovoltaikanlage steht. So ähnlich stellt es sich die Gemeinde Birkenhördt vor.

Die Gemeinde Birkenhördt möchte eine Freiflächen-Fotovoltaikanlage bauen. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber von der Finanzierung bis zu den Gewinnen soll alles in der Hand der Gemeinde bleiben.

„Entweder wir setzen das Vorhaben in und mit der Gemeinde um oder gar nicht“, steht für Birkenhördts Ortsbürgermeister Matthias Ackermann felsenfest. Der Gemeinderat beabsichtige nicht, einem Unternehmer die Umsetzung und damit auch die Gewinne zu überlassen. Es geht um den Bau einer Fotovoltaik-Freiflächenanlage, was derzeit Thema in vielen Gemeinden ist.

„Wir können so unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Bürger haben etwas davon“, sagt Ackermann. Wichtig ist ihm, dass zu Beginn der Überlegungen zu erneuerbaren Energien schon vor längerer Zeit nicht der finanzielle Aspekt, sondern der Bau von Windrädern zur Diskussion gestanden hatte. „Das wollte die Gemeinde auf keinen Fall,“ sagt Ackermann.

Geplant: die Gründung einer AöR

Zehn bis 14 Hektar Fläche sind in Birkenhördt an einer Stelle geplant, die nicht gleich ins Auge fällt. Die Gemeinde wird als Unternehmer auftreten. Geplant ist die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts, kurz AöR. Das ist eine rechtlich selbstständige Einrichtung einer öffentlichen Verwaltung, die einem öffentlichen Zweck dient. ARD und ZDF sind zum Beispiel Anstalten öffentlichen Rechts.

Ganz praktisch für Birkenhördt heißt das: Die Gemeinde gründet eine AöR, die zwölf Gemeinderäte bilden den Verwaltungsrat. Die Gründung muss von niemandem, auch nicht von der Kommunalaufsicht genehmigt werden. Sie ist ausschließlich beim Landkreis SÜW anzeigepflichtig. Die Gemeinde ist mit dieser Gründung, für die es kein langes Verfahren braucht, in der Lage, einen Kredit für den Kauf und die Installation einer Fotovoltaikanlage aufzunehmen. Als Haftung für die Kreditaufnahme dient das Vermögen der Gemeinde, das Eigenkapital. Nicht in Form von Geld, das die Gemeinde nicht hat. Sondern mit dem, was die Gemeinde besitzt: vom Wald über das Gemeindehaus bis zur Kaffeetasse.

Was das Projekt kosten soll

Der Betrag des Eigenkapitals ist im Haushalt gelistet und beträgt derzeit 3,23 Millionen. Das Land, das für die Freiflächenanlage gebraucht wird, gehört derzeit 55 Bürgern, von denen die Ortsgemeinde hofft, dass sie, wie alle Bürger der Gemeinde, das Projekt mittragen. Nicht nur durch die Verpachtung oder den Verkauf der Flächen, sondern auch mit der Beteiligung an einer Genossenschaft, die als zweites Rechtskonstrukt als GmbH & Co. KG für die Bürger gegründet werden soll. Diese können dann Gesellschafter werden und Anteile erwerben und wären somit am Gewinn der Anlage beteiligt.

Den gesamten Prozess des „Unternehmens Photovoltaikanlage Birkenhördt“ wird von der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz begleitet, einem Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen des Gemeinde- und Städtebundes. „Wir werden noch sehr viel mit den Bürgern kommunizieren, um das ganze Konstrukt zu erklären, aber ich möchte nicht, dass ein Unternehmen, das nichts mit der Gemeinde zu tun hat, die Gewinne abschöpft“, so der Ortsbürgermeister. Der den großen Vorteil seiner Berufswahl als Rechtsanwalt hat. Und in diesem Projekt eine große Chance sieht, die Gemeinde finanziell deutlich besser dastehen zu lassen. „Als Ortsgemeinderat kommen wir aus der Finanzmisere nie heraus.“

Derzeit wird mit Hochdruck an der Gründung der AöR gearbeitet, für die es ein Finanzkonzept braucht, das gerade erstellt wird. Damit und mit der Gründung der GmbH will der Gemeinderat bis Ende des Jahres fertig sein. Dann kann die AöR Geld bei einer Bank aufnehmen, als Sicherheit würde das Eigenkapital der Gemeinde dienen, das sind die bereits erwähnten 3,2 Millionen Euro. Das funktioniere mit einer so genannten Gewährträgerhaftung. Dafür gebe es bereits Beispiele, habe Stefan Meiborg, stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar des Städte- und Gemeindebundes, informiert. Mit dem Kapital – die Gemeinde rechnet derzeit ganz grob mit zehn Millionen Euro Kosten – kann die PV-Anlage, unter der auch Beweidung möglich sein wird, gekauft und installiert werden. Wie lange es dauern wird, bis der erste Strom fließt, sei im Augenblick noch nicht absehbar, aber so schnell wie möglich soll es sein, ist der Wunsch der Ortsgemeinde.

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