Kreis Südliche Weinstraße Hells-Angels-Drogenkurier bleibt hinter Gittern

Tränen bei der Urteilsverkündung im Drogenhandel-Prozess eines Hells-Angels-Mitglieds. Nicht beim Verurteilten – der zwar gefasst, aber angespannt wirkte – sondern bei seiner mitangeklagten Freundin, die mit einem Freispruch davonkam, nun aber, hauptsächlich wegen ihrer Redseligkeit am Telefon, ihren Freund die nächsten dreieinhalb Jahre wohl nur noch hinter schwedischen Gardinen besuchen kann.

Richter Jörg Bork hat den 49-Jährigen gestern vor dem Amtsgericht Landau zu der Freiheitsstrafe wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Mit fünf Kilogramm Amphetaminen und 200 Gramm Kokain, konnte der Angeklagte in Verbindung gebracht werden. Im September 2012 wollte ein Bewohner einer Gemeinde in der Verbandsgemeinde Annweiler gerade ein bisschen Klarschiff auf seinem Freizeitgrundstück machen und einen dortigen Bauholzhaufen sortieren, als er darin eine versteckte Sporttasche entdeckte. Eigentlich habe er sie wegwerfen wollen, dann aber mehrere verdächtige Päckchen darin gefunden und sie daraufhin zur Polizei gebracht, berichtet der Zeuge. Die Freundin des Verurteilten, die ebenfalls im Dorf wohnte, habe sich bei ihm tags darauf erkundigt, ob ihm das Grundstück gehöre und ob Holz herumgerückt worden sei. Als er dies bejahte, habe sie gesagt, dann wisse sie Bescheid. Denn offensichtlich hatte der Drogenfund schnell die Runde im Dorf gemacht, zumal die Polizei am nächsten Tag vor Ort war, weil sie Überwachungskameras anbringen wollte, was sie aber wieder verwarf, weil es zu auffällig gewesen wäre. Den Beamten war jedoch bekannt, dass ein Mitglied des Landauer Chapter der Hells Angels bei seiner dortigen Freundin wohnte, mit Sichtkontakt auf den besagten Holzhaufen. Was darauf folgte, hat das Landeskriminalamt aus zahlreichen abgehörten Telefongesprächen des Pärchens festgehalten, die Richter Bork im Gerichtssaal auszugsweise zum Besten gab. Zusammengefasst: eine Flutwelle an Beschimpfungen gespickt mit Kraftausdrücken, die einem Hören und Sehen vergehen ließen, die die 27-Jährige ihrem Freund um die Ohren haute. „Sie überlegt die Bullen anzurufen, sie will nicht in seinen Drogenscheiß mit reingezogen werden“, so ein LKA-Auszug aus einem Gespräch der Angeklagten mit einer Freundin. Er sei ein Laufbursche, bringe das Zeug zu seinen Leuten und bekomme dafür 5000 Euro, berichtete sie weiter. Er wolle nach Luxemburg wechseln, weil man beim Landauer Chapter der Hells Angels rausfliege, wenn man wegen Drogen verurteilt werde, ist dem Gespräch zu entnehmen. Er habe ihr gesagt, dass der Stoff in der Tasche einen Wert von 20.000 Euro habe. In den Streitgesprächen mit dem 49-Jährigen warf sie ihm, den sie als „dreckigen Drogendealer“ bezeichnet, immer wieder seine Kurierdienste vor, ringt mit sich, ob sie es der Polizei verraten soll und will damit nichts zu tun haben. Er schweigt sich zu den Vorwürfen aus. Die junge Frau gestand zwar im Gerichtssaal ein, dass sie sich aufgrund einer Persönlichkeitsstörung nicht immer unter Kontrolle habe, weswegen der Verteidiger des Mannes ihre Drogenbeschuldigungen als bloße Provokationen verkaufen wollte, doch Richter Bork verwies auf das Detailwissen darin. So berichtete sie einer Freundin beispielsweise von der genauen Drogenmenge – Wissen, dass sie über den Täter erlangt haben müsse und nicht über den Dorfklatsch und -tratsch erfahren habe könne, da dies öffentlich gar nicht bekannt gewesen sei, argumentierte der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung. Daher schloss er aus dem Inhalt der Telefongespräche, dass diese konkrete Hinweise auf die Drogengeschäfte des 49-Jährigen geben, der zwischenzeitlich wegen der schwierigen Beziehung zu seiner Freundin und dem Rosenkrieg mit seiner Noch-Ehefrau nach England gezogen war, um etwas Abstand zu bekommen, wie er sagte. Seit einem halben Jahr, nach seiner Festnahme auf dem Rhein in Nordrhein-Westfalen, wo das LKA den Binnenschiffer aufgriff, ist sein Wohnort die JVA Zweibrücken. Und dorthin ging es nach der gestrigen Verhandlung auch wieder zurück. Wie sein Rechtsanwalt Jan Ernemann auf Nachfrage mitteilte, wolle er in Berufung gehen, da „das ein oder andere Argument auf den Kopf gestellt worden ist“. Die Freundin des Verurteilten, mit der dieser auch ein gemeinsames Kind hat, ging straffrei aus. Richter Bork erkannte keine Mittäterschaft oder Beihilfe. (höj)

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x