Kreis Südliche Weinstraße Grüner Aktionismus

Die Rückkehr der Grünen hat den Verbandsgemeinderat Herxheim bunter, interessanter und – vor allem – diskussionsfreudiger gemacht. Zuweilen stößt der Rat dabei aber an seine Grenzen. „Die kommunale Daseinsvorsorge darf nicht durch Freihandelsabkommen gefährdet werden“ lautet ein Antrag der dreiköpfigen Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, mit dem sich der VG-Rat in seiner jüngsten Sitzung auseinandersetzen musste. Sehr zum Erstaunen der anderen Fraktionen. Peter Kallusek entschuldigte sich zunächst dafür, dass der Antrag erst so spät eingereicht worden war, aber er habe wichtige Informationen erst kurz vor der Sitzung erhalten. Kallusek forderte den Rat auf, an die EU-Kommission, das EU-Parlament, die Bundesregierung und die Landesregierung zu appellieren, sich bei den Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP), dem internationalen Dienstleistungsabkommen „Trade in Services Agreement“ (Tisa) und dem bereits verhandelten Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) „für die kommunale Selbstverwaltung, den Schutz und Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge und der kommunalen Kultur- und Bildungspolitik einzusetzen“. „Hoheitsrechte, für die die Kommunen bisher in Verantwortung stehen, gehen verloren“, warnte Kallusek. Er nannte die Liberalisierung bei Wasser- und Stromversorgung, Fracking, Gentechnik, Müllabfuhr, Lebensmittel und Tierversuchen. Eine Rekommunalisierung liberalisierter Bereiche sei nach Einführung des Freihandelsabkommens nicht mehr möglich, sagte Kallusek. Deshalb müsse man frühzeitig einschreiten. Er schloss seinen leidenschaftlichen Vortrag mit der Warnung, es drohe mit den bisherigen Verhandlungslösungen von TTIP, dass der Demokratie die soziale und ökologische Kontrolle über den Binnenmarkt entzogen werde. Er sehe keine Verbindung zwischen dem Freihandelsabkommen und der VG Herxheim, meinte CDU-Fraktionsvorsitzender Sven Koch. Mit dieser Einschätzung war er nicht alleine. „Mir fehlen die Anknüpfungspunkte“, ergänzte Koch, „lassen sie uns doch hier über Dinge diskutieren, die wir auch beeinflussen können.“ Marion Muzin (SPD), im Hauptberuf Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Karlsruhe, sagte, dass sie zu TTIP trotz intensiver Recherche keine Fakten gefunden habe. Im Internet gebe es nur Kommentare zum Verhandlungsstand und irgendwelchen Vermutungen. „Aber darauf können wir uns nicht berufen“, so Murzin. „Wir sollten versuchen, hier das zu regeln, was wir hier regeln können“, meinte Edelbert Müller (FDP). Er könne die negative Stimmung zum Abkommen sowieso nicht ganz nachvollziehen, denn eigentlich sei Freihandel eine gute Sache. „Wir haben unsere gewählte Volksvertreter in Bundestag und Landtag“, sagte Maria Eichenlaub (FWG), „die sollen auf unsere Interessen achten.“ Wenn man den Volksvertretern nicht vertrauen könne, werde die Demokratie unglaubwürdig. Nach rund 25 Minuten Diskussion – allein 15 Minuten hatte Kalluseks Plädoyer in Anspruch genommen – war klar, dass der Antrag keine Chance auf Zustimmung haben würde, zumal Bürgermeister Franz-Ludwig Trauth (parteilos) monierte, dass der Antrag erst einmal in eine Form gegossen werde müsse, der jedes Ratsmitglied zustimme könne. Die Grünen gaben sich schließlich damit zufrieden, dass die Verwaltung in einem Schreiben an den Gemeinde- und Städtebund um umfassende Informationen zu dem Thema bitte. Dann solle sich der Rat noch einmal mit TTIP beschäftigen. Es klang fast wie eine Drohung.

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