Kreis Südliche Weinstraße Die große Unbekannte

„Halt dein Maul, du blöder Neger“, ist eine der Beleidigungen, die auf einem Feldweg in der Südpfalz gefallen sein soll. Wer sie geäußert hat, konnte vor dem Amtsgericht Bad Bergzabern gestern nicht festgestellt werden.

„Wer es war, bleibt ein Rätsel“, stellte Richter Christoph Sommer nach der Verhandlung wegen „falscher Verdächtigung“ fest. Angeklagt war eine 40-jährige Frau aus einer kleinen Gemeinde, die beleidigt worden war und die eine falsche Person angezeigt hatte. Sie sei mit ihrem kleinen Hund spazieren gegangen, als ihr ein Mann und eine Frau mit drei Hunden, zwei Schäferhunden und einem mittelgroßen Hund, entgegen gekommen seien, erzählte die zweifache Mutter mit brasilianischem Pass vor Gericht. Einer der Schäferhunde habe sie angesprungen und habe auf Zuruf des Besitzers zunächst nicht gehört. „Ich habe Angst gehabt“, so die Angeklagte. Als der Hund dann auf mehrmaligen Zuruf zum Besitzer zurückgegangen sei, habe dieser das Tier geschüttelt. „Halt dein Maul, du blöder Neger“, oder: „Du blöder Ausländer, Du hast hier nichts zu sagen“, seien unter anderem Beleidigungen gewesen, die von der Frau gekommen seien. Der Mann habe nichts gesagt, so die Angeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin Heike Trautwein. „Ich habe die Leute nicht gekannt, aber ich wusste, in welchem Haus die Hunde gehalten werden, in dem Haus ist auch der Mann“, sagte die Angeklagte, die angenommen hatte, die Frau wohne ebenfalls in diesem Haus. Sie erstattete Anzeige gegen die Frau . Ein Fehler, wie sich herausstellte. Denn die Lebensgefährtin des Mannes, der mit den beiden Schäferhunden unterwegs war, ist 25 Jahre alt. „Das ist sie nicht. Die Frau, die mich beleidigt hat, war so um die 40“, so die Aussage der Angeklagten. Wer mit ihrem Lebensgefährten und den Hunden unterwegs war, wisse sie nicht, sie sei zu diesem Zeitpunkt arbeiten gewesen, sagte die Zeugin aus. Ganz sicher war die Angeklagte, dass es nicht die Frau im Zeugenstand war, die sie beleidigt hatte. Die Folge: Sie selbst saß an diesem Tag wegen falscher Verdächtigung vor Gericht, weil sie namentlich die Lebensgefährtin angezeigt hatte. Dass der Mann von einer anderen Frau begleitet wurde, ist unstrittig. Aber: „Es ist nicht ermittelt, wer die andere Person ist“, so Richter Sommer, der die Angeklagte freisprach. „Solche Beleidigungen habe ich in 20 Jahren nicht gehört“, so die Brasilianerin im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Sie habe sich das nicht bieten lassen wollen. Für große Heiterkeit sorgte die Frage von Sommer an die Angeklagte, wie alt sie Oberamtsanwalt Bertram Calletsch schätze. Grund der Frage war, dass sie das Alter der Unbekannten mit rund vierzig Jahren geschätzt hatte. Sommer wollte testen, ob sie das Alter von Personen gut schätzen könne. „70 bis 72 Jahre“ schätzte sie den Oberamtsanwalt, was eine in Gerichtssälen seltene allgemeine Heiterkeit auslöste. Calletsch hat noch einige Jahre bis zur Rente und nahm es mit heiterer Gelassenheit. „Ich sehe schon die Schlagzeile: ,Bad Bergzabern Vorreiter’“, amüsierte sich auch Christoph Sommer im Hinblick auf das künftige Renteneintrittsalter.

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