Waldmohr Mit Hilfe der Uni Koblenz kulturelles Heimatgefühl wecken

Kultur führt Menschen zusammen: Wie hier bei der afrikanischen Chormusik in der katholischen Kirche im Dezember 2019.
Kultur führt Menschen zusammen: Wie hier bei der afrikanischen Chormusik in der katholischen Kirche im Dezember 2019.

Kultur komplett neu denken, und zwar von unten nach oben. Das will das Pilotprojekt „Heimat im Wandel – Kultur bewegt Waldmohr“, das die Stadt Waldmohr, wissenschaftlich begleitet vom Institut für Kulturwissenschaft der Universität Koblenz, startet. Ein Kreis von Bürgern, die kulturell tätig oder ehrenamtlich engagiert sind, soll darüber in einem ersten Schritt diskutieren.

Eckhard Braun, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Programmleiter von „Kultur im Wandel – Changemanagement in der freien Szene Rheinland-Pfalz“ fasst den Begriff der Kultur weit. Er spricht von „einem gesellschaftlichen Transformationsprozess“, von Umbrüchen wie demografischer Wandel, Digitalisierung, Klimawandel oder Globalisierung, von Veränderungen in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder technischen Bereichen, die den Alltag und die Lebensumstände der Menschen betreffen würden. Dieser Umbruch ist nach Meinung Brauns auf dem Land noch stärker spürbar als in der Stadt. Unzufriedenheit und Abwanderung seien die Folgen.

Im Bezug auf Waldmohr stellt Braun fest, dass Bürger, die die Gemeinde bewusst als Wohnort aussuchten, die Chance hätten, „ihr Leben auf einem gewissen Niveau kulturell zu gestalten und sich in einem sozialen Miteinander einzusetzen“. Gleichzeitig würden sich immer mehr Bürger auf „frühere kulturelle Identität und Heimatgefühl“ besinnen. Aus der Verbindung von beidem entstehe ein neues Bewusstsein für Identität und Heimat, das auch bei jungen Menschen eine zunehmend größere Rolle spiele.

Stadt und Land ausbalancieren

Die soziale Bindung an eine örtliche oder regionale Gemeinschaft wachse. Die Aufgabe einer „klugen Politik“ sei es, die neue kulturelle Bewegung zu unterstützen und zu fördern, um die Lebensqualität zwischen Stadt und Land auszubalancieren. Waldmohr sieht Braun bereits auf einem guten Weg. Als Beispiel führt er die Nikolaus-Aktion an, bei der 1000 gespendete Schokofiguren an Schulkinder verteilt wurden.

Braun will die Frage klären, welche kulturellen und künstlerischen Maßnahmen dazu führen, dass die Bürger sich in und für ihre Stadt engagieren. Da reiche es nicht, nur Veranstaltungen anzubieten, denen die Bürger mehr oder weniger passiv als Zuschauer beiwohnten. Vielmehr müssten sie direkt angesprochen, angeregt werden, den kulturellen Ist-Zustand zu hinterfragen: „Da werden dann auch Bürger gefragt, die noch nie gefragt wurden.“ Und nur so könnte die Bereitschaft geweckt werden, Verhalten und Einstellung zu ändern.

Malen, Singen, Tanzen und Spielen

Braun spricht von „Teilhabe“, die lebendige Kunst und Kultur allen Menschen ermöglichen solle. Konkret sei daran gedacht, die Aussagen „gemalt, gesungen, getanzt oder gespielt“ umzusetzen. Aus solchen ersten Aktionen könnte sich ein Chor, ein Tanzensemble oder ein Kunstkreis herausbilden.

Um dieses Ziel zu erreichen, findet sich jetzt ein „Kulturkreis Waldmohr“ zusammen. Die sieben Frauen und fünf Männer, die sich bereits im Ort engagieren, haben komplett unterschiedliche Hintergründe, erklärt Kulturbeigeordneter Werner Braun, einer der Initiatoren des Projekts. Er zählt auf: einen Theaterpädagogen, einen Musiker, eine Sängerin, einen Veranstaltungstechniker, einen EDV-Spezialisten, den protestantischen Pfarrer, einen Musiklehrer, die Bücherei-Leiterin, einen Studenten, Mitarbeiter der Verbandsgemeinde und Kulturwissenschaftler. „Natürlich können jederzeit weitere Interessierte dazustoßen“, betont Werner Braun. Der Kreis sei offen und nicht exklusiv.

In einer Videokonferenz wird sich der Kreis zunächst einmal kennenlernen. Die Mitglieder sollen sich Gedanken darüber machen, welche kulturellen, künstlerischen Initiativen Waldmohrer anregen könnten, über die Vorzüge oder auch Mängel der Stadt nachdenken im Stile, „was hält mich hier, was nicht“. Aus den Anregungen sollen Visionen und Ziele der kulturellen Gemeindeentwicklung formuliert und gleichzeitig „tatkräftige Impulse zur Umsetzung gegeben werden“, ergänzt der Wissenschaftler.

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