KUSEL Interview: Karola Becker über die kostenlosen Demenzpartnerkurse

Alltags- oder Altersvergesslichkeit oder bereits Demenz? In den Demenzpartnerkursen geht es auch um die verschiedenen Formen der
Alltags- oder Altersvergesslichkeit oder bereits Demenz? In den Demenzpartnerkursen geht es auch um die verschiedenen Formen der Krankheit.

Das Kuseler Netzwerk für das Alter bietet kostenlose Demenzpartnerkurse an. Um viele Menschen zu erreichen, gibt es drei Termine, der erste am 21. Juni. Kursleiterin Karola Becker erläutert, worum es genau geht und wieso es keine Vorkenntnisse braucht, um Demenzpartner zu werden.

Frau Becker, beschreiben Sie doch mal den idealen Demenzpartner.
Der ideale Demenzpartner weiß um die Formen von Demenz und wie man Menschen mit Demenz einbinden kann, wie man in Kontakt geht. Er oder sie kennt Wege, um Kranke und ihre Angehörigen zu unterstützen. Dazu reichen oft schon Kleinigkeiten. Ein ideales Alter für einen Demenzpartner gibt es nicht.

Und einen idealen Beruf?
Auch nicht. Jeder kann Demenzpartner sein. Man muss auch keinen erkrankten Angehörigen oder Bekannten haben. Demenzpartner helfen, das Leben von Menschen mit Demenz leichter und schöner zu machen – oft mit einfachen Mitteln. Sogar Institutionen können Demenzpartner sein. Polizei, Feuerwehr, Supermärkte, Banken zum Beispiel. Letztlich geht es darum, dass Menschen mit Demenz möglichst lange zu Hause leben können. Erkrankte spüren, meist zu Beginn der Erkrankung, dass sie Fähigkeiten verlieren, sie werden unsicher, depressiv und manchmal auch aggressiv. Es ist gut zu wissen, wie man Kommunikation mit ihnen aufrechterhalten kann.

Wie denn?
Ein kurzes Gespräch ist hilfreich, Smalltalk über das Wetter, die Blumen am Fenster, ein gemeinsamer Spaziergang … Menschen mit Demenz leben im Moment, sie können ihn genießen. Es ist hilfreich zu beobachten, wo Menschen mit Demenz sich mit ihrer Aufmerksamkeit befinden und dies zu sagen, wie etwa: „Ach ja, der Lavendel blüht jetzt wunderbar“, wenn derjenige auf die Blume schaut. Dadurch fühlt sich der Mensch mit Demenz wahrgenommen und eingebunden. Oder Orientierungshilfe beim Einkaufen: Wenn jemand vorm Regal steht und ein Produkt sucht, kann man ihn nett ansprechen und zum richtigen Regal führen. Wichtig ist, ein schönes Gesicht zu machen, auch körpersprachlich nicht herablassend zu sein. Möglichst viele soziale Kontakte aufrechtzuerhalten, kann, im Zusammenspiel mit Medikamenten, das Fortschreiten einer Demenz verzögern. Es geht im Verlauf der Demenz natürlich auch um Pflege bis zu Rund-um-die-Uhr-Betreuung, anfangs vorrangig um Begleitung.

Und das alles lernen die angehenden Demenzpartner an nur einem Abend oder Vormittag?
Jede Schulung ist in sich abgeschlossen. Ich gebe einen kurzen Überblick über die Formen der Demenz, die Einschränkungen, die mit diesen Formen einhergehen, und wie man ihnen begegnen kann. Ganz wichtig ist mir, Wege zu zeigen, wo sich Angehörige Unterstützung holen können. Mehr erfahren kann man in einer mehrteiligen Online-Schulung im Herbst, die das Netzwerk für Alter in Kooperation mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft anbietet.

Diese Schulung trägt den Titel: Burnout-Prophylaxe für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen und Pflegekräfte. Geht die Belastung wirklich bis zum Burnout?
Ja. Demenzkranke entwickeln ein starkes Bindungsbedürfnis, viele Angehörige zerbrechen irgendwann an der Last der Betreuung. Es kommen heftige Schuldgefühle auf, eigene Bedürfnisse werden vernachlässigt, sogar eigene Erkrankungen. Deshalb müssen wir unbedingt streuen, wer wo welche Hilfe anbietet. Auch dabei können Demenzpartner helfen.

Was Sie schildern, gibt mir den Eindruck, dass sich jeder am besten möglichst früh mit dem Thema Demenz beschäftigen sollte.
Das ist sinnvoll. Schon für Schüler könnte es ein Thema sein, Opa und Oma sind ja vielleicht betroffen. Sich früh mit der Materie zu beschäftigen, erspart viel belastenden Stress.

Sie haben 20 Jahre lang im Pflegestützpunkt gearbeitet und kennen die Praxis: Wird zu viel Pflege für an Demenz Leidende auf private Schultern innerhalb der Familien geladen?
Das Wichtigste ist oft nicht die reine pflegerische Versorgung, sondern die Zeit. Zeit, um eine Beziehung aufzubauen, Bedürfnisse der Betroffenen zu erkunden, Vertrauen herzustellen. Möglichst früh entlastende Hilfen, also Betreuung, Hauswirtschaft, Pflege, einzuholen, hilft den Angehörigen, eigene Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen und eigene soziale Kontakte weiterhin aufrechtzuerhalten. Und der Betroffene kann die Erfahrung machen, dass auch andere Personen Ansprechpartner sind, sodass nicht nur der Angehörige im Mittelpunkt steht. Die Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Demenz in der Ökumenischen Sozialstation Brücken ist da eine wichtige Anlaufstelle. Ansprechpartnerin ist Ruth Weber.

Info

Schulung Demenzpartner: Montag, 21., und Montag, 28. Juni, jeweils 18 Uhr, Edeka Eckstein, Altenglan; Donnerstag, 15. Juli, 10 Uhr, Kreisverwaltung Kusel, Sitzungsraum II. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung telefonisch unter 06381 424291 und 424158 sowie per E-Mail an netzwerk-alter@kv-kus.de.

Die Kurse werden von Karola Becker geleitet.
Die Kurse werden von Karola Becker geleitet.
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