Kreis Kusel Etwas Unbekanntes fürs Weihnachtskonzert

Ein selten gespieltes Werk der Romantik hat Bezirkskantor Tobias Markutzik für das traditionelle Weihnachtskonzert der Kantorei am vierten Advent entdeckt: Das Oratorium „Der Stern von Bethlehem“, das zum Spätwerk des Komponisten Friedrich Kiel zählt.

„Kiel hat zwar relativ viel komponiert, aber in der breiten Öffentlichkeit haben ihm andere den Rang abgelaufen. So wirklich bekannt ist er nicht,“ erzählt Tobias Markutzik über den Komponisten, der 1821 in Puderbach im Westerwald geboren wurde und bereits im Alter von 14 Jahren in der Hofkapelle des Fürsten Albrecht I. zu Sayn-Wittgenstein in Bad Berleburg mitspielte und Stücke für dieses Orchester schrieb. Später sollte Berlin sein Lebensmittelpunkt werden, wo er studierte und als freischaffender Komponist, Klavier- und Harmonielehrer tätig war; seit 1868 war er Professor und leitete an der Akademie der Künste bis zu seinem Tod 1885 eine Meisterklasse für Komposition. Tobias Markutzik ist mehr oder weniger durch Zufall auf Friedrich Kiel aufmerksam geworden. „Ich bin sozusagen bei einem Rundumschlag darüber gestolpert,“ sagt er. „Ich hab’ recherchiert und dabei nach einem Werk für Chor und Orchester gesucht, das sich für uns hier in Kusel eignen könnte,“ erzählt er, „und beim Googeln durch Weihnachtskonzerte und Oratorien ist dann dieser Kiel aufgetaucht. Außerdem konnte man im Internet in frei zugängliche Noten hineinschauen und sich so schon einmal ein erstes Bild von dem Werk machen. Ich hab’ nicht unbedingt etwas Unbekanntes für unser Konzert gesucht, aber es hat natürlich seinen Reiz, etwas zu machen, das man selber auch noch nie gehört hat.“ Da das Orchestermaterial allerdings Leihmaterial ist, musste Markutzik dann mit Verlagen Kontakt aufnehmen. „Sogar mit dem Archivar der Universität der Künste in Berlin habe ich mich in Verbindung gesetzt, weil ich wissen wollte, warum ein Werk mit einem so weihnachtlichen Inhalt wie der ,Stern von Bethlehem’ am 25. April 1884 uraufgeführt worden war. Er wusste es allerdings auch nicht,“ berichtet Markutzik. Bei der Probenarbeit hat er Friedrich Kiel schätzen gelernt. „Man findet zwar nicht so ganz schnell einen Zugang, weil manche Sachen am Anfang etwas verquer wirken – nicht so geschmeidig wie Mendelssohn und nicht so erhaben wie Brahms. Wenn man sich aber intensiv damit beschäftigt, entdeckt man viele kleine Sachen. Da gibt es zum Beispiel harmonische Wendungen, die zum Teil recht kühn sind.“ Grundsätzlich sieht Kantor Markutzik den Komponisten Friedrich Kiel aber in einer klaren Traditionslinie, die von Johann Sebastian Bach über die Oratorien von Felix Mendelssohn-Bartholdy zu Johannes Brahms führt. „Diese Musik ist absolut gehaltvoll,“ schwärmt Markutzik, „aber er ist kein Erneuerer, der Kiel. Eine ganz spezifische ,Handschrift’, ein Alleinstellungsmerkmal hat er nicht. In den Fugen ist er zum Teil schon fast mathematisch streng. Gerade aber die Anlage der Fugen zeigt ganz sicher den Einfluss der Kompositionstechnik von Johann Sebastian Bach. Und auch die Tatsache, dass es Choräle in diesem Oratorium gibt, verweist auf den Stil Bachs. Parallelen zu Bach und Mendelssohn finden sich aber auch und vor allem in der Tongebung.“ Auch inhaltlich bleibt Kiels Oratorium „Der Stern von Bethlehem“ traditionell. Es verwendet nicht die im späten 19. Jahrhundert übliche realistische Erzählweise, sondern greift ausschließlich auf originale Bibelzitate zurück, die Kiel in einen neuen Zusammenhang stellt. „Bei seinem Rückgriff auf die Weihnachtsgeschichte nach dem Matthäus-Evangelium steht die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenland im Zentrum,“ erläutert Markutzik. „Das Werk ist zwar nicht einfach, weil es sehr groß besetzt ist. Aber wir haben ein Orchester mit über 30 Musikern zur Verfügung – zum großen Teil Profis, aber auch fortgeschrittene Schüler und sehr gute Amateure hier aus der Region, und mit Dominik Heil und Nora Steuerwald auch zwei ganz tolle Solisten.“ |knf

x