Offenbach-Hundheim Bezirkskantor Roland Lißmann verabschiedet sich mit Rossini

Roland Lißmann, hier im Jahr 2011 in der Abteikirche in seinem Wohnort Offenbach-Hundheim, lag stets der musikalische Austausch
Roland Lißmann, hier im Jahr 2011 in der Abteikirche in seinem Wohnort Offenbach-Hundheim, lag stets der musikalische Austausch am Herzen.

Er sorgte für manch spektakuläre Aufführung, hat aber auch immer viel Wert auf Basisarbeit gelegt: Nach 41 Jahren geht Roland Lißmann als Kantor des Kirchenkreises Obere Nahe in Ruhestand. Sein Abschiedsgeschenk nicht nur für Offenbach-Hundheim: eine Messe von Gioachino Rossini.

Der 65-jährige Roland Lißmann hat die kirchliche Musikszene im Kreis Kusel und weit darüber hinaus entscheidend geprägt: In besonderer Erinnerung bleibt der Auftritt mit dem Jugendchor FriFra-Voce anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 in der berühmten Carnegie Hall in New York. „Dort dirigieren zu dürfen, war etwas Besonderes“, blickt Lißmann zurück. Der Austausch mit einem amerikanischen Chor und die Verbindung zu dessen Leiter Jason Thoms hatten die Grundlage gelegt. Für Lißmann „ein Glücksfall“.

Internationale Kontakte – und auch mal Hip-Hop

Der musikalische Austausch habe ihm immer am Herzen gelegen, sagt der in Offenbach-Hundheim lebende Musiker. Auch international: Die Kantorei reiste in die normannische Partnerregion Orne des Kreises, und 1989 – im Jahr als der eiserne Vorhang fiel – nahm Lißmann an einer Reise in Kusels ungarische Partnerstadt Zalaegerszeg teil. „Die politische Entwicklung haben wir damals mit den Chören hautnah miterlebt“, schildert er. Gemeinsame Konzerte folgten, ein Höhepunkt sei wenige Jahre später die Aufführung von Haydns Schöpfung beim Musikfestival Saar sowie in Zalaegerszeg gewesen.

Gibt das Dirigieren nun auf: Roland Lißmann.
Gibt das Dirigieren nun auf: Roland Lißmann.

Unter anderen gab es auch in den hohen Norden hin Verbindungen, nach Island und zuletzt nach Estland im Rahmen des Kultursommers. Die Veranstaltungsreihe, bei der er insbesondere in der Region Nordpfalz/Hunsrück musikalische Akzente setzte, reizte ihn seit Beginn an immer wieder auch zu spektakulären Aufführungen. So brachte er die Kirchenoper szenisch ins Gotteshaus, etwa bei der Aufführung von Händels „Messias“ in englischer Form mit Barockorchester und Solisten, begleitet von einer Tanz-Inszenierung durch eine Hip-Hop-Gruppe. Aufregend auch die „Mass for Peace“ von Karl Jenkins und Carl Orffs Carmina Burana vor einigen Jahren in der Messe Idar-Oberstein. Mitgewirkt hat er auch bei Rundfunkgottesdiensten, 2007 war ein solcher Höhepunkt in der Abteikirche live am Himmelsfahrtstag.

Auch jüdische und muslimische Musik in die Kirche geladen

Lißmanns musikalische Neugier brachte neben Alten Meistern immer auch Zeitgenössisches auf die Bühne. So kamen Konzertbesucher auch mal in den Genuss von – zumindest in hiesiger Region – eher fremden Tönen: Dank seiner großen Offenheit war jüdische Musik in der Abteikirche genauso zu erleben wie wenige Wochen darauf ein türkischer Sänger, der den muslimischen Gebetsruf intonierte.

Musik ist Roland Lißmann in die Wiege gelegt. Sein Urgroßvater war als Wandermusikant in Australien unterwegs. Und Vater Berthold spielte neben dem Beruf Tanzmusik. Geigenunterricht erhielt dieser übrigens von seiner Nachbarin, Anna Wunderlich. Geboren in Theisbergstegen wuchs Lißmann ab seinem zehnten Lebensjahr in Kusel auf. In diesem Alter begann er auch mit dem Klavierspiel. „Ich wollte eigentlich Klavier studieren“, verrät er. Doch in der Begegnung mit seinem Förderer, dem früheren evangelischen Dekan Baldur Melchior, fand er für sich etwas Besseres: In jungen Jahren lernte er Orgel, war auch früh in die Kantorei Kusel eingebunden. Da war der Weg klar. Nach dem Studium an der Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg legte er noch ein Intermezzo als Zivildienstleistender ein und begann seine Kantorentätigkeit 1981 – sie dauerte bis heute.

Musik wird ihn auch künftig begleiten

Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderen die Leitung der Kantoreien Idar-Oberstein und Obere Nahe sowie des Kammerchors Obere Nahe und des Jugendchors FriFra-Voce, entwickelt aus einem Kinderchor. Musik werde ihn auch weiter begleiten, weiß Roland Lißmann. Er wolle sich weiterhin in der Fritz-Wunderlich-Gesellschaft engagieren und werde den Ausbildungskurs der C-Organisten und -Chorleiter abschließen. Ferner will er noch den ökumenischen Chor an der Abteikirche leiten und kirchenmusikalisch tätig sein.

„Ich habe das immer gerne gemacht“, berichtet er von der Freude, mit den Menschen in der Region Kirchenmusik zu machen. Eine solide Basisarbeit sei dafür allerdings die Grundlage. „Dass sich daraus viele Kontakte und auch große Konzerte entwickelten, war wunderbar.“ Unterstützt worden sei die Kulturarbeit von wichtigen Sponsoren und durch fruchtbare Kooperationen. Anstatt auf der Bühne wird man Lißmann nun öfter im Publikum antreffen. Und das kann dann durchaus auch im Jazzkonzert sein.

Wie der Kirchenkreis mitteilte, wird Christian Kurtzahn am 1. September die Nachfolge übernehmen.

Das Konzert

Mit einem musikalischem Leckerbissen für Chöre verabschiedet sich Kreiskantor Roland Lißmann am Samstag, 11. Juni, in seinen Ruhestand. Auf dem Programm in der Abteikirche steht die „Petite Messe solennelle“ von Gioachino Rossini (1792-1868). Es singen die Kantoreien Obere Nahe und Idar-Oberstein. Unter den Solisten wird auch ein Sänger aus den USA erwartet.

Inmitten eines Teils seiner Sänger: der scheidende Bezirkskantor Roland Lißmann.
Inmitten eines Teils seiner Sänger: der scheidende Bezirkskantor Roland Lißmann.

Eigentlich sollte der Rossini bereits 2020 aufgeführt werden, berichtet Lißmann. Doch dann kam Corona. Die Besetzung mit Klavier und Harmonium – um die damalige Zeit war das Harmonium recht modern - sei für diese Epoche ungewöhnlich, erläutert er.

Geschrieben hat Rossini das Stück nicht in Italien, sondern 1863 in Paris im Auftrag des Comte Alexis Pillet-Will und dessen Frau Louise. Es war das letzte Stück des Opernkomponisten, der am Ende seiner Karriere noch mal eine Messe veröffentlichte. Aufgeführt wurde sie erstmals nicht im kirchlichen Umfeld, sondern im privaten Rahmen mit hochkarätigen Gästen, wie Hector Berlioz und Camille Saint-Saëns.

Die rund 60 Sänger aus der beiden Kantoreien treten mit einem hochkarätigen Solisten-Quartett auf. Erwartet werden Ann Kathrin Fetik (Sopran), Judith Braun (Alt), Michael Hasselberg (Tenor) und – als besonderer Akzent – Jason Thoms (Bass) aus den USA. Mit ihm hatte Lißmann mit dem Jugendchor FriFra Voce zum Reformationsjubiläum 2017 einen Auftritt in der Carnegie Hall in New York. Am Klavier ist Thomas Layes zu hören, den Part am Harmonium übernimmt Lutz Gillmann.

Termin

Das Konzert in der Abteikirche findet am Samstag, 11. Juni, 19.30 Uhr, statt. Es wird am 12. Juni, 17 Uhr, in der katholischen Kirche St. Barbara in Idar-Oberstein wiederholt. Karten für 15 Euro gibt es unter www.ticket-regional.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen. suca

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