Odenbach Ausstellung über Deportationen ins Lager Gurs macht Station in der Synagoge

Baracke an Baracke: Gurs war eines der größten Lager in Frankreich.
Baracke an Baracke: Gurs war eines der größten Lager in Frankreich.

Im Oktober 1940 wurden mehr als 6500 Juden ins Lager Gurs am Rand der Pyrenäen deportiert. Eine Ausstellung in der Synagoge in Odenbach soll ihrer gedenken und daran erinnern: Umstehende und Nutznießer haben die Verbrechen der Nazis ermöglicht.

103 Menschen im Alter zwischen eineinhalb und 89 Jahren, die am 22. und 23. Oktober 1940 mit Sonderzügen nach Südfrankreich verschleppt wurden, stammen aus der Nordpfalz. Insgesamt wurden an diesen beiden Tagen mehr als 6500 Jüdinnen und Juden aus der Pfalz, aus Baden und dem Saarland deportiert – in Sonderzügen, in Viehwaggons gepfercht. Das Lager Gurs war für viele eine Station auf dem Weg in die Gaskammern von Auschwitz, es wurde zur Umladestation für Transporte auch in andere Vernichtungslager. Mit der Ausstellung „Gurs 1940“ gedenkt der Förderverein der ehemaligen Synagoge Odenbach der Opfer dieser Zeit. Er will daran erinnern, dass Täter und Täterinnen, Umstehende und Nutznießende diese Verbrechen der Nazis ermöglicht haben.

Einen Einführungsvortrag zur Ausstellung „Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung von südwestdeutschen Jüdinnen und Juden“, die bis Sonntag noch im Theodor-Zink-Museum in Kaiserslautern gezeigt wird, hält am Donnerstag, 6. Oktober, 18.30 Uhr der Historiker Roland Paul. Er hat Tafeln mit regionalen Aspekten zur Ausstellung hinzugefügt, die seit einem Jahr an verschiedenen Stationen aufgestellt war, weitere werden folgen. Paul wird in seinem Vortrag auch über aus der Nordpfalz verschleppte Jüdinnen und Juden berichten. Er war Direktor des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde und ist nun ehrenamtlicher Leiter der Arbeitsstelle „Geschichte der Juden in der Pfalz“. Mehr als 1500 Namen von im Oktober 1940 aus der Pfalz Deportierten hat er zusammengetragen und veröffentlicht.

Film und Lesung gegen das Vergessen

Wie mutige Retter etwa 400 Kinder vor der Deportation nach Auschwitz-Birkenau bewahren konnte, erzählt der Film „Der Hölle entkommen – Kinder von Gurs überleben im Versteck“ von Dietmar Schulz. Er wird am Sonntag, 9. Oktober, um 15 Uhr in Odenbach gezeigt. Darin zu sehen ist, wie Gerettete später über katastrophalen Zustände in den beiden Lagern Gurs und Rivesaltes, über ihre dramatische Rettung durch Schweizer Rot-Kreuz-Schwestern und Angehörige anderer ausländischer Hilfsorganisationen berichten.

Eine Lesung „Gegen das Vergessen“ findet dann am Freitag, 14. Oktober, um 15 Uhr statt. Zu Gehör kommen Texte und Kurzberichte zur Erinnerung an die Opfer, verbunden mit mahnenden Worten, mutig für Menschlichkeit und gegen Judenhass einzustehen.

Wenig im historischen Bewusstsein

Eine der bekanntesten Zeitzeuginnen, die das Lager Gurs überlebt hat, war Margot Wicki-Schwarzschild, die 1931 in Kaiserslautern geboren worden war. Sie hielt auch im hohen Alter Vorträge, es gibt mehrere Publikationen mit ihren Erinnerungen – an die Baracken aus dünnen Brettern, das Lager in den kalten, nassen Pyrenäen-Wintern. Sie starb im Dezember 2020, kurz nachdem die mit ihr geplante Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Deportationen im Pfalztheater ausfallen musste.

Zu diesem Gedenken wurde auch die Ausstellung „Gurs 1940“ von der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“, unter anderem zusammen mit dem Bezirksverband Pfalz, entwickelt. Sie wurde im April 2021 zunächst virtuell eröffnet und ist seit mehr als einem Jahr von Pfälzer Städten, Gemeinden, Museen und Initiativen kostenfrei beim Bezirksverband Pfalz buchbar ist. Unsere Region bildet durch die Ergänzungen von Roland Paul einen Schwerpunkt. Ziel der Ausstellung ist, regionale Geschichte in deutsch-französische, teils auch europäische Abläufe einzubetten. Gurs ist in Deutschland wie in Frankreich wenig im historischen Bewusstsein.

Info

  • Die Ausstellung „Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung von südwestdeutschen Jüdinnen und Juden“ ist vom 7. bis 14. Oktober täglich von 13 bis 16 Uhr – außer dienstags und mittwochs – in der ehemaligen Synagoge von Odenbach, Kirchhofstraße 19, zu sehen. Der Eintritt ist frei.
  • Zum Einführungsvortrag von Roland Paul ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich: bei Joachim Bäcker (06302 609339, joachim.baecker@evkirchepfalz.de) oder der Vorsitzenden des Fördervereins, Ursula Woehl (06382 993297, fv-synagogeodenbach@t-online.de).
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