Kusel Zweifel an Schuld

War er es womöglich gar nicht? Richter und Anklagevertreter hegen so ihre Zweifel daran, dass der Mann zurecht auf der Anklagebank sitzt. Ein 33-Jähriger muss sich wegen Einbruchdiebstahls vor dem Amtsgericht Kusel verantworten. Die Durchsuchung seines Smartphones allerdings könnte den Bruder seiner Lebensgefährtin als wahren Täter überführen. Die Hauptverhandlung ist einstweilen unterbrochen.

„Tja, ich hatte noch einen SEK-Einsatz ...“: Es klang fast so, als sei der 33-Jährige in jenen Tagen als Elite-Polizist gefordert gewesen. Dabei war er im April vergangenen Jahres derjenige gewesen, dessen Heimstatt von einem Spezialeinsatzkommando gestürmt worden war. Die Beamten förderten Waffe, Munition, Bargeld und eine Busfahrkarte zutage – Dinge, die in einer ebenfalls in einem Ort im Lautertal gelegenen Wohnung nach einem Einbruch gefehlt hatten. „Ich war das nicht“, beteuerte der Mann von Anfang an. Nun ist es allerdings so, dass er schon einiges auf dem Kerbholz hat. Der 18. Strafregister-Eintrag droht nach einer Verurteilung, die noch nicht rechtskräftig ist: Der Mann war am Kaiserslauterer Bahnhof festgenommen worden, weil eine Schreckschuss-Pistole in seinem Gürtel steckte. Die habe er aber nur entsorgen wollen, beteuerte er. Dies versuchte seine Lebensgefährtin zu bestätigen. „Wohin wollte er die Waffe bringen?“, fragte der Anklagevertreter. „Das geht Sie doch gar nichts an, das ist doch ein ganz anderer Fall“, raunzte die 33-Jährige den Vertreter der Staatsanwaltschaft an. Dem blieb erst mal der Mund offen stehen. Zumal es offensichtlich auch Grundsätzliches zu klären galt, etwa, wo man sich eigentlich versammelt hatte: „Das hier ist kein Kinderhort“, kommentierte der Vorsitzende die Tatsache, dass der Sohn der Zeugin und des Angeklagten mittlerweile neugierig den Saal erkundete. „Der Babysitter hat heute abgesagt“, erklärte die Frau. „Dann geh’ ich halt, Sie können mich ja noch mal laden.“ Dann werde aber auch das Jugendamt eingeschaltet, warnte der Richter – was die Frau mit den Worten kommentierte: „Ich hätt’ daheim bleiben sollen. Andere kommen ja auch nicht zu Verhandlungen.“ Immerhin war ihr so viel zu entlocken: Tatsächlich hätten ihr Bruder und dessen Kumpel vor ihrer zwölfjährigen Tochter mit einer Waffe hantiert. Das habe den Angeklagten zur Weißglut gebracht. Er habe gefordert, ihm die Waffen – es waren wohl mehrere – auszuhändigen. Daraufhin seien Bruder und Kumpels beim Besitzer eingestiegen und hätten sie geholt. Eine habe ihr Mann in Kaiserslautern entsorgen wollen. Das Luftgewehr aber sei zu groß gewesen, um es mit der Bahn zu befördern, sie habe es deshalb hinter der Couch versteckt, sagte die Frau. Hinter der Couch fand dann die Polizei das Gewehr nebst einer Fahrkarte des Einbruchopfers und erklärte den 33-Jährigen des Einbruchs für dringend verdächtig. Die Staatsanwaltschaft schloss sich der Sichtweise an, Folge war eine Anklage wegen Einbruchdiebstahls. Nun könnte der Angeklagte tatsächlich unschuldig sein, stattdessen der Bruder seiner Freundin tief mit drinstecken. „Ich war das nicht“, behauptete der 17-Jährige, ehe der Verteidiger ein Chat-Protokoll aus der Akte zauberte: Ob er endlich die Selbstanzeige gemacht habe, hatte die 33-Jährige ihren Bruder darin gefragt. „Noch nicht“, werde er aber tun, lautete die Antwort. Das Gericht will nun prüfen lassen, ob die Nachricht vom Smartphone des 17-Jährigen stammt. Und sie will die mutmaßlichen Mittäter sowie den Waffenbesitzer und Einbruchs-Geschädigten im Zeugenstand sehen. Diese drei hatten nämlich die Verhandlung schlichtweg geschwänzt. Quittung: 150 Euro Ordnungsfeld sowie eine Fahrt im Polizeiauto zum nächsten Verhandlungstermin. Der ist am Donnerstag, 12. Juli, 9.30 Uhr.

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