Kusel Star-Trek-Waffen oder eine Packung Mehl?

„Wären da jetzt drei Äpfel oder eine Packung Mehl drin gewesen, hätte ich in vielen Jahren noch davon erzählt“, witzelte der Anklagevertreter. So bleibt ihm nur die Anekdote, dass er während eines Strafprozesses mal mit Spannung hat ein Päckchen öffnen dürfen. Zu gerne hätte er den Angeklagten des Betruges überführt. So aber hat der Strafrichter am Amtsgericht Kusel einen 30-Jährigen freisprechen müssen. Der Mann hatte bei Internet-Verkäufen Geld kassiert, die versprochene Ware aber war nie angekommen.

Dass da bei einer seiner Transaktionen etwas schief gelaufen ist, war dem Angeklagten durchaus bewusst. Allerdings war ihm die betrügerische Absicht nicht nachzuweisen. Das hatte auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft so gesehen, der – mehr oder weniger mit Zähneknirschen – selbst einen Freispruch hatte fordern müssen. Dem Amtsanwalt aber bleibt eine vage Hoffnung: „Wissen sie etwas von einer Dosenverschlussmaschine? Nein? Na, wir werden uns deswegen wohl bald hier wiedersehen ...“ Sollte besagtes Gegenstück zu einem Büchsenöffner den Mann doch noch zum Stolpern bringen? Die hochkomplexen Waffensysteme an Bord vom Raumschiff Enterprise jedenfalls haben es nicht vermocht, den Angeklagten einer üblen Machenschaft zu überführen. Offenbar raue Mengen dieser Geräte transferiert der 30-Jährige hin und her, kauft und verkauft über eine Internet-Plattform. Nun hatte er vor gut einem Jahr einer Kundin Ware versprochen. Die Geschäftspartnerschaft war auf elektronischem Weg besiegelt worden, kurz darauf floss auch Geld aufs Konto des Verkäufers. Die Kundin aber harrte vergeblich des Eingangs eines Päckchens. Letztlich riss der Geschäftspartnerin der Geduldsfaden, sie forderte ihr Geld zurück. Doch das kam ebenso wenig bei ihr an wie zuvor die erhoffte Ware. Der Angeklagte konnte zumindest vage glaubhaft machen, dass er tatsächlich ein Päckchen mit dem Star-Trek-Spielzeug auf den Postweg gebracht hatte. „Und warum haben sie das Paket erst sechs Wochen später verschickt?“, bohrte der Anklagevertreter. Tja, da sei wohl etwas schiefgelaufen, sagte der Mann. „Die Freundin ...“, fand er eine Schuldige an der Misere. Das Paket ging jedenfalls weg – wenn auch reichlich spät–, kam aber nie an. „Und warum haben Sie das Geld dann erst acht Monate später zurück überwiesen?“, wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft wissen. Tja, da erst sei die Strafanzeige gekommen. „Bevor sie angezeigt worden sind, hat Sie das Ganze also relativ wenig interessiert“, folgerte der Anklagevertreter. Auf alle Fälle war es zu spät. Eine Erklärung dafür hatte der Verteidiger des Angeklagten. Sein Mandant habe sich damals in einer unangenehmen Lage befunden, weil sich die Lebensgefährtin von ihm getrennt habe. Da sei einiges liegen geblieben. Jedenfalls habe sein Mandant nie in betrügerischer Absicht gehandelt, sondern die Sache halt verschludert. Nachweislich hat der Mann das Paket abgeschickt. Offenbar aber hatte es – an eine Packstation adressiert – vom firmenfremden Paketdienst an besagter Station nicht deponiert werden können. Unversehrt, verschlossen und adressiert, ruhte es während der Verhandlung als Beweismittel auf dem Richtertisch. Später, nach dem Freispruch, meinte übrigens auch der Anklagevertreter, der Mann sei wohl kein typischer Betrüger. Denn er tätige eine Vielzahl solcher Geschäfte. Und bis auf die Transaktionen mit dem Enterprise-Spielzeug und der Dosenschließmaschine sei nichts moniert worden. „Normalerweise gehen, wenn Leute auf einer Betrugsmasche reiten, urplötzlich viele Anzeigen in kurzer Zeit ein“, wusste der Mann von der Staatsanwaltschaft aus Erfahrung zu berichten. Und so wäre die Verhandlung wohl kaum zum denkwürdigen Ereignis geworden, wäre dem Anklagevertreter nicht in letzter Sekunde eine Idee gekommen: Sein Plädoyer hatte er fast abgeschlossen, als er den Richter unvermittelt bat, noch mal in die Beweisaufnahme einzutreten. „Ich beantrage, das Päckchen zu öffnen.“ Der Richter war perplex: „Also ich mach’s nicht auf. Machen sie das.“ Gesagt, getan. Die Spannung stieg – aber keine Äpfel, kein Mehl. Sondern die versprochene Ware. „Und was machen wir jetzt damit?“, fragte der Richter. Zuguterletzt durfte sich der Angeklagte nicht nur über einen Freispruch freuen, sondern auch sein Spielzeug mit nach Hause nehmen.

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