Kusel Sogar vom Friedhof aus Blick zur Burg

91-66436440.jpg

Dorfspaziergang: „Glan oder Lauter?“ lautet meist die Frage, wenn es um Rutsweiler geht. Immer mal wieder wird Ruthweiler mit den beiden Dörfern verwechselt. Dabei ist die Gemeinde am Fuße von Burg Lichtenberg einzigartig. Und sie liegt ebenfalls an einem Gewässer – das hier die Aalbach genannt wird.

Verkehr und Lage – das sind die Hauptprobleme von Ruthweiler. Beim Treffen im alten Schulhaus werden sie als Erstes genannt. Der Verkehr fließt von morgens früh bis abends spät durch das reine Straßendorf. Die Laster vom Steinbruch in Pfeffelbach donnern durch die Ortsdurchfahrt. „Die haben die Einnahmen, wir haben den Dreck“, klagt erster Beigeordneter Alfred Weber. Bis zu 56 Brummis in einer Stunde wurden hier gezählt. Jetzt machen zwei Geschwindigkeitsanzeiger an den Ortseingängen die Fahrer darauf aufmerksam, wie schnell sie unterwegs sind. Doch: „Die Leute gewöhnen sich daran.“ Auch die Verkehrsinsel am Eingang aus Richtung Kusel soll die Geschwindigkeit reduzieren. „Die ist nicht falsch, sondern richtig ’rum“, betont Weber. Denn hinaus werde oft schneller gefahren als hinein. Selbst etwas tun, anpacken, das ist ein wichtiges Thema in Ruthweiler. „Ich bin froh, dass ich so eine Truppe habe“, lobt Sven Dick, der seit 2009 Ortsbürgermeister ist. Inge Schummel, die Vorsitzende und Doris Jung, Schriftführerin und Kassiererin der Landfrauen, können da nur zustimmen. Denn in der 450 Einwohner zählenden Gemeinde ist vieles nur möglich, weil die Bürger mit anpacken. Auch wenn es – wie so oft – immer dieselben sind. „Wir haben 1,2 Millionen Euro Schulden, jährlich kommen 100.000 für die Kontoüberziehung hinzu. Das Geld aus dem Entschuldungsfonds reicht gerade so, um die Zinsen zu bezahlen“, schildert Alfred Weber, dass keine großen Sprünge zu machen sind. Trotzdem hat man ein Streugerät gekauft. Mit dem sorgt der Gemeindearbeiter vor allem in den steilen Straßen dafür, dass im Winter die Leute nicht verunglücken. In Ruthweiler geht es von der Hauptstraße aus steil nach oben. Es liegt halt in einem Kessel. Die bestehenden Baugebiete haben oft nur Hanglagen, manche Straßen waren nur einseitig bebaubar. Trotzdem ist Ruthweiler eine begehrte Wohngemeinde. Trotz längeren Nachdenkens fällt den Kommunalpolitikern nur ein leerstehendes Haus ein – und das steht zur Versteigerung an. Die Lage sei eben super: zwischen Burg und Kreisstadt. Das sehen wohl auch die 50 Amerikaner so, die hier ihr Domizil haben. Egal ob Landfrauen oder Ratsmitglieder: Alle beklagen, dass das Café Veldenzer Mühle zugemacht hat. Somit gibt es gar keinen Treffpunkt mehr. Deswegen hat man beschlossen, die Gaststätte im Dorfgemeinschaftshaus zumindest mittwochabends ein paar Stunden zu öffnen. Marina Schlimmer und Michaela Kiesel machen das – freiwillig, versteht sich. Damit es wenigstens einmal die Woche einen Platz zum Erzählen und Kartenspielen gibt. Geschäfte gibt es schon lange nicht mehr in der Gemeinde – nach Kusel ist es eben nicht weit. „Wir haben beschlossen, die Kerwe in Eigenregie zu veranstalten, weil es keinen Wirt mehr gibt“, beschreibt der Ortsbürgermeister die Misere. Vorbildlich hingegen das Gemeindearchiv, das es seit zehn Jahren im alten Schulhaus gibt. Alfred Weber pflegt es mit ein paar Mitstreitern. Ein eigener Ordner ist Robert Drumm gewidmet – er machte Ruthweiler einst als erster linker Ortsbürgermeister bekannt. Bis zur Schließung der Gynäkologie hatten ungezählte Kreisbürger Ruthweiler in ihren Geburtsurkunden stehen – schließlich liegt das Westpfalz-Klinikum auf der Gemarkung. „Wir haben aber nichts davon“, klagen die Ratsmitglieder. Noch ein Ärgernis: Anerkannt als Schwerpunktgemeinde der Dorferneuerung, wollte man das „Kirchenpfädchen“, den Fußweg zur Burg, als Erstes sanieren. Das hätte gar nicht viel gekostet. Doch weil es so viele Wanderwege gebe, habe die Kreisverwaltung Nein gesagt. Also wuchert es weiter zu. Der ganze Stolz Ruthweilers hingegen liegt am Fritz-Wunderlich-Wanderweg: der 2010 fertiggestellte Kinderspielplatz. Mit viel Eigenleistung und reichlich Spenden wurde der Platz angelegt, der auch Familien von außerhalb anzieht. „Die Vereine haben viel dazu beigetragen“, betont Beigeordneter Lothar Schwarz. Und erklärt, dass es weitere Pläne gibt: Unterhalb, am Aalbach, soll ein Bolz- und Grillplatz entstehen. Neben dem Freizeitplatz ist der Friedhof das nächste Großprojekt – wieder in Eigenregie und ganz ohne Zuschüsse. Dort ist das Urnengrabfeld neu gemacht worden, ab Mai ist sogar Baumbestattung möglich. „Mit Burgblick – da wollen Sie doch nicht mehr heimgehen“, scherzt Alfred Weber. Im Dorf gibt es noch einen Landwirt, ein paar Handwerksbetriebe und etliche Ferienwohnungen. Dort wohnen immer mal wieder auch Angehörige von Patienten des Krankenhauses – ein bisschen profitiert die Gemeinde also doch davon... Info 95 Dörfer und drei Städtchen liegen im Landkreis. Von A wie Adenbach bis W wie Wolfstein machen wir uns auf, sie zu erkunden, uns ihre Besonderheiten zeigen zu lassen, Geschichte und Geschichtchen zu erfahren. Jeden zweiten Donnerstag erzählen wir aus einem anderen Ort. MEHR ZUM THEMA

x