Kusel Raser mit raschem Blick auf Hinweistafel überführt

Kann ein Autofahrer wegen Raserei belangt werden, wenn keine Messung dokumentiert, kein geeichtes Gerät zum Einsatz gekommen ist? Jawohl, kann er – so hat zumindest ein Richter am Amtsgericht Kusel entschieden. In einem Bußgeldverfahren ist der rasche Blick eines Polizeibeamten auf eine Tempo-Hinweistafel als Beweismittel anerkannt worden. Die Folge: Ein 22-Jähriger soll 400 Euro zahlen und einen Monat lang seinen Führerschein abgeben.

Ein amtliches Schreiben mit Verweis auf Straßenverkehrsordnung, Zeit und Ort der Verfehlung, mit Hinweisen auf angewandte Messmethoden, zudem Details zum Tatvorwurf. Dazu noch ein kleines Foto, das den ertappten Sünder am Steuer zeigt, Überweisungsformular anbei: Autofahrern dürfte hinlänglich bekannt sein, was folgt, wenn sie zu flott in eine sogenannte Radarfalle gesaust sind. Es gibt allerdings auch andere Beweismittel, die Raser überführen können. Etwa die Dokumentation einer Verfolgungsfahrt, bei der eine Polizeistreife über eine gewisse Distanz hinweg mit gleichbleibendem Abstand dem Sünder „an der Stoßstange klebt“. Eine neue Beweisform ist allerdings dieser Tage in Kusel zum Tragen gekommen. Es war eine Premiere, wie der Amtsrichter bekannte. Erstmals hat beim Unterfangen, einen Temposünder der erheblichen Geschwindigkeits-Übertretung zu überführen, eine Tempo-Hinweistafel eine wichtige Rolle gespielt. Solche Tafeln sind nicht sonderlich genau, müssen sie auch gar nicht sein. Denn sie dienen letztendlich nur der Warnung. Sie weisen Verkehrsteilnehmer auf deren Geschwindigkeit hin. Ist die okay, leuchtet die Anzeige in Grün, ein Smiley erscheint. Ist der Vorbeifahrende zu flott unterwegs, blinkt das Display rot. Eine solche Tempotafel prangt in der Ortsdurchfahrt Rammelsbach in Höhe der früheren Firma Grundig/TDK. Erlaubt ist auf diesem Abschnitt der Bundesstraße 420 höchstens Tempo 50. Als in einer Januarnacht vergangenen Jahres ein 22 Jahre alter Autofahrer dort vorbeigerauscht ist, soll die Leuchtanzeige allerdings nicht nur in den roten, sondern sogar in den dreistelligen Bereich geschnellt sein. „Wir sind Streife gefahren, aus der Kuseler Industriestraße auf die B 420 eingebogen. Der Fahrer ist einem Auto hinterhergerast, hat am Ortseingang überholt“, schilderte ein Polizist vor Gericht den Vorfall. Der Beamte gab selbst gewaltig Gas, um den mutmaßlichen Verkehrsrowdy zu stoppen. Dies gelang auch, in der Tempo-30-Zone an der Kreuzung Richtung Haschbach war die rasante Fahrt zu Ende. Der Ertappte hielt auf die Polizei-Signale hin an, schien aber keineswegs zerknirscht ob der Vorwürfe: „Er hat die ganze Zeit nur ’rumtelefoniert, hat uns erst mal gar nicht beachtet“, schilderte der Beamte, dass er und seine Kollegin auf keinerlei Einsicht gestoßen seien: „Er hat dann nur gesagt, er habe seinen Chef gefragt. Der habe gesagt, die Polizei soll erst mal Beweise bringen ...“ Und genau damit hat er den Ehrgeiz des Ordnungshüters geweckt. Der ist, wie er betonte, ohnehin kundig, wie Ordnungswidrigkeiten am besten zu belegen sind. Der 59-Jährige dokumentierte den Vorfall penibel, recherchierte – und gelangte zu dem Schluss, dass er nur genügend Toleranz mit einkalkulieren müsse, um eine verlässliche Aussage hinsichtlich des Tempos treffen zu können. Die Messtafel hatte stolze 117 Stundenkilometer angezeigt. Abzüglich aller Mess-Ungenauigkeiten lautete der Vorwurf nun, der Mann sei innerorts 94 gefahren. Stimmt nicht, behauptete der 22-Jährige. Was der Polizist erspäht haben wolle, müsse die Messung des Autos sein, das er überholt habe. Dies klang völlig absurd, weil der Mann somit ja noch schneller gewesen wäre. Spielte aber keine Rolle mehr: Der Richter erklärte den Bußgeldbescheid für rechtens.

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