Kusel Namensvetter führt zu Verwirrung

Oberweiler im Tal. Wenn man Oberweiler im Tal besuchen möchte, kann man sich leicht verfahren. Nicht etwa, weil der Ort so umständlich zu erreichen wäre. Doch mit ihrem Ortsnamen sind die Oberweiler im Kreis Kusel nicht alleine. Das nahe gelegene Oberweiler-Tiefenbach hat schon so einige Fahrer verwirrt – immerhin trennt die beiden Orte nur der Königsberg. Von verirrten Lieferungen und falscher Ware kann Manfred Braun, der bis vor kurzem Ortsbürgermeister war, ein Lied singen: „Als ich hier mein Haus gebaut habe, gab es in Oberweiler-Tiefenbach auch einen Braun, der gerade gebaut hat“, erinnert er sich. „Der hat dann manchmal meine Sachen bekommen und ich seine. Einmal kam ich abends nach Hause und es stand ein Dachfenster vor meiner Tür. Dabei hatte ich gar kein Dachfenster geplant! Das gehörte natürlich nach Oberweiler-Tiefenbach.“ Lastwagenfahrer, die Post, ja sogar die Kreisverwaltung sei immer mal wieder verwirrt, wie der neue Ortsbürgermeister Harry Kelemen berichtet. An einem sonnigen Herbstmorgen macht sich eine bunt gemischte Gruppe auf den Weg durch den Ort. Mit dabei sind neben dem ehemaligen und dem aktuellen Ortsbürgermeister zweite Beigeordnete Heike Baumbauer, Marianne Stelzig, Vorsitzende des Landfrauenvereins, und Helmut Stelzig, zweiter Vorsitzender des Feuerwehrfördervereins. Damit sind zwei der drei aktiven Vereine im Ort vertreten: Neben den Landfrauen und dem Feuerwehrförderverein gibt es noch einen Krankenpflegeverein. Der Gesangverein hat sich vor fünf Jahren aufgelöst; der Heimat- und Kulturverein stehe ebenfalls kurz vor dem Ende. Trotz dieser Entwicklungen ist Kelemen nicht unzufrieden mit dem Engagement der Bürger: „Wenn man jemanden fragt, ob er helfen kann, sagt niemand Nein“, lobt er. Immerhin schafft es Oberweiler, jedes Jahr eine Kerwe zu organisieren. Außerdem gibt es im jährlichen Wechsel einen Herbstmarkt und ein Oktoberfest. 178 Menschen leben zurzeit in Oberweiler. Das überrascht Marianne Stelzig doch sehr: „So viele?“, fragt sie ungläubig nach. In den vergangenen Jahren sind einige dazugekommen. Vor allem an Kindern mangele es nicht, findet Kelemen. Beim Durchzählen kommt die Runde auf etwa ein Dutzend Kinder. Außerdem wohnen drei US-Amerikaner im Ort. Beim Gang durch Oberweiler wird schnell klar, wo der Zusatz „im Tal“ herkommt. Eingekesselt zwischen Königsberg, Herrmannsberg und Laienberg liegt das Dorf im Eßweiler Tal. „Wenn man spazieren gehen will, muss man eigentlich immer hinauf“, sagt Marianne Stelzig. Besonders die älteren Dorfbewohner freuten sich daher über den neu angelegten Fußweg nach Hinzweiler, der schon seit den 80er Jahren im Gespräch gewesen sei. Entlang der Hauptstraße führt der Fußweg ins benachbarte Hinzweiler. Wer Oberweiler im Tal in die entgegengesetzte Richtung verlässt, stößt auf halbem Weg nach Eßweiler auf die Sprengelburg. Über diese, so beschreibt es Manfred Braun, „streiten sich die Götter.“ Denn ob die Burgruine zu Eßweiler oder zu Oberweiler im Tal gehört, ist nicht geklärt. Das Gebäude befindet sich auf den Wappen beider Gemeinden; die Gemarkungsgrenze verläuft durch das Burggelände. „Offiziell kümmert sich jedenfalls Eßweiler um die Burg“, stellt Kelemen klar. Ein weiteres Denkmal gehört dagegen zweifellos zu Oberweiler: die dicke Eiche. Der Baum habe einen Umfang von etwa vier Metern. „Gerade neulich habe ich gesehen, dass Geocacher etwas an der Eiche versteckt haben“, berichtet Kelemen. Durch Oberweiler im Tal führen nur sechs Straßen. Allerdings werden diese durch zahlreiche kleine Pfade ergänzt, mit denen man den Weg durch den Ort abkürzen kann. Vom Heimat- und Kulturverein extra ausgewiesen ist zum Beispiel der Glockenpfad. Er führt an einem Glockenturm vorbei zum Dorfgemeinschaftshaus. Um 11 und um 18 Uhr läutet dort die Glocke aus dem alten Schulhaus. Das wurde vor einigen Jahrzehnten verkauft, um das Gemeinschaftshaus bauen zu können. Die Glocke, die in einem kleinen Turm am Giebel hing, hat die Gemeinde allerdings behalten. Auch das Uhrwerk, das sich in der alten Schule befand, steht dort nicht mehr. Die Besitzer des Hauses haben das außergewöhnliche Werk an das Saarländische Uhrenmuseum verliehen. Neben dem alten Schulhaus, das unter Denkmalschutz steht, erinnern zahlreiche andere Gebäude daran, wie es sich einst in Oberweiler lebte. Die alten Bauernhäuser zum Beispiel, etliche davon aufwendig renoviert. Oder die „alte Mühle“. Einst standen zwei Mühlen am Talbach, um die Kraft des kleinen Flüsschens zu nutzen. Nach einem langen Arbeitstag auf dem Feld, in der Mühle oder auch in der angrenzenden Gerberei ging es in eine der zwei Wirtschaften. Helmut Stelzig erinnert sich daran, wie die Feuerwehr stets versuchte, keinen der Wirte zu bevorzugen: „Einen Monat lang gingen wir in die eine Wirtschaft, im nächsten Monat in die andere.“ Beide sind heute Wohnhäuser. Übrigens: Oberweiler im Tal hat nicht nur im Kreis einen Doppelgänger. In der Eifel gibt es ein weiteres Oberweiler; in Bayern und Baden-Württemberg tragen gleich mehrere Ortsteile den selben Namen. Wer weiß, wie viele Briefe, Pakete und Dachfenster dort schon verloren gegangen sind.

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