Kusel Medizinisches Zentrum kein Allheilmittel

Ärztemangel: über Parteigrenzen hinweg hinhören.
Ärztemangel: über Parteigrenzen hinweg hinhören.

Landrat Otto Rubly hat das Land dazu aufgefordert, noch mehr zu tun, damit künftig mehr Ärzte, vor allem mehr Hausärzte, ausgebildet werden. Die Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), wie jetzt in Altenglan und Wolfstein, sei zwar ein Schritt, kurzfristig die ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten sicherzustellen. Doch letztlich sei die nur mit ausreichend Ärzten zu gewährleisten.

Die Überraschung war den Grünen anzusehen am Mittwochabend im Felschbachhof bei ihrer Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum“: ein Kuseler Landrat bei einer ihrer Veranstaltungen? Und der CDU-Politiker hörte nicht nur zu, was Landtagsabgeordneter Andreas Hartenfels sowie seine Fraktionskollegin Katharina Binz, zugleich gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, zu sagen hatten. Er schaltete sich auch engagiert in die Diskussion ein – ganz getreu Hartenfels’ Appell, das Thema Ärztemangel auf dem Land nicht parteipolitisch zu betrachten. Hartenfels, selbst schon lange an einer chronischen Erkrankung leidend, hatte das Thema Ärzteversorgung als sein „Leib- und Magenthema“ bezeichnet. Dass jetzt im Kreis zwei MVZ entstehen, bezeichnete er als erkennbaren Fortschritt, nachdem sich auf diesem Gebiet lange nichts getan habe. Auch Rubly zeigte sich zufrieden mit dem Engagement des Westpfalz-Klinikums auf diesem Gebiet, warnte aber davor, die MVZ als alleinige Allheilmittel zu betrachten. Wenn in den nächsten Jahren, wie durch die Altersstruktur zu erwarten, überall im Land massenhaft Ärzte in Ruhestand gingen und die vergleichsweise wenigen nachkommenden Ärzte sich ihre Kassensitze aussuchen könnten, sei die Gefahr groß, dass diese in Ballungsräume gingen und das flache Land auch hier hinten herunterfalle. Binz’ Vortrag zur Ärztesituation hatte auch nicht viel Anlass zu Optimismus gegeben. „Es wird erst noch schlimmer werden, bevor es besser werden kann“, sagte sie. Der jetzige Ärztemangel sei Folge von zwei politischen Fehlentscheidungen vor mehr als 25 Jahren. Nach der Wende habe man massiv Studienplätze für Medizin abgebaut. Anfang der 90er seien es noch 16.000 gewesen, zuletzt noch knapp 8000, mit inzwischen wieder leicht steigender Tendenz. Und: Als der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer 1993 eine Zulassungsbeschränkung für Ärzte verfügt habe, hätten sich zuvor noch sehr viele Ärzte niedergelassen – das sei der „Seehofer-Bauch“ mit vielen Ärzten, die jetzt ins Ruhestandsalter kämen. Jüngere Ärzte hätten sich danach kaum noch niederlassen können, und die fehlten jetzt. Ein Allheilmittel sieht auch die Grünen-Politikerin nicht, aber ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die jedoch – wie das Einrichten neuer Medizin-Studienplätze, die aber langfristig angelegt sein müssten – zum Teil erst in Jahren wirken können. Kurzfristig setzt sie Hoffnung darauf, dass es gelingt, ausgebildete Mediziner wieder zu reaktivieren, die aus unterschiedlichen Gründen derzeit nicht mehr praktizieren. Sie nannte hier eine Zahl von rund 100.000 Medizinern. Viele von ihnen seien Ärztinnen, die zwecks Familienplanung aus dem Job ausgeschieden seien.

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