Kusel Drei Frauen auf Wollmission

Wie im Chemielabor: Sylvia Hemm und Melanie Müller bei der Produktion der Schafsseife.
Wie im Chemielabor: Sylvia Hemm und Melanie Müller bei der Produktion der Schafsseife.

„Wir sind eben ziemlich wollfanatisch“, sagt Sylvia Hemm, während sie am Spinnrad steht und von der Spindel einen Strang dunkelmelierter Wolle abwickelt. Ihre Freundin Melanie Müller steht währenddessen an der Küchenzeile und rührt mit einem Pürierstab in einem kleinen roten Eimer. Sie macht Seife, mit Schafwolle natürlich, auf dem Bernhardshof in Berglangenbach, in der Küche von Pia Emmrich, Hemms Mutter.

Die ist vor einigen Jahren aus Ruthweiler in den Nachbarkreis gesiedelt, zu ihrem damaligen Lebensgefährten, dem Namensgeber des Hofes. In dessen Gedenken wirtschaften die drei Frauen nun, bauen eine Nutztierarche für Geflügel auf, halten Schafe, Esel und Pferde, bieten Kindergeburtstage, Wanderungen mit Tieren oder Workshops rund um Wolle an, gehen auf Märkte. Sylvia Hemm lebt noch in Ruthweiler, wo die Alpakaherde des Bernhardshofs steht, ist aber fast täglich auch in Berglangenbach anzutreffen, wo ihre Freundin Melanie Müller auf den Hof gezogen ist. In Wolle machen sie schon eine Weile, vor allem Pia Emmrich spinnt, häkelt und strickt. Die beiden jüngeren Frauen haben die Lust am Filzen entdeckt. Und dann war da die Idee mit der Seife mit Keratin aus Wolle. „Ich habe das im Internet gesehen, Alpaka-Keratin-Seife“, erzählt Müller. Die beiden haben sich einen Hersteller gesucht, ihre Wolle dorthin gegeben, Körper- sowie Haarseife herstellen lassen. Die Barren in unterschiedlichen Brauntönen, auf deren Verpackung drauf steht, von welchem Tier die darin aufgelöste Wolle stammt, kamen gut an. Und Müller ließ der Wunsch nicht los, das auch selbst zu machen. Eine lange Reihe von Versuchen begann, „weil ja keiner so recht verrät, wie er das macht“, berichtet sie mit Maske über Nase und Mund, während sie Natriumhydroxid-Perlchen abwiegt. Mit destilliertem Wasser wird daraus eine heiße Mischung, in der später gewaschene und kardierte Wolle vom Schwarzkopfschaf aufgelöst wird. Heute soll es Olivenölseife werden, die später in Rosenförmchen gegossen wird und dann mehrere Wochen im Keller trocknen und reifen muss, bevor sie verwendet werden kann. Inzwischen hat Müller sich auf drei Rezepte festgelegt, die von Freunden getestet wurden und nun einen Zertifizierungsprozess durchlaufen. Dabei findet sie es schade, nicht noch weiter herumprobieren zu können – außer für den Hausgebrauch. Die Mohairwolle der Angoraziegen will sie allerdings unbedingt noch ausprobieren. „Wir wollen alles genau auf die Verpackung schreiben, nicht verschlüsselt, damit jeder genau sehen kann, was drin ist“, erklärt sie. Hemm ist überzeugt, dass andere genau so von dem Produkt für den Körper und auch einer Version fürs Haar begeistert sein werden, wie sie selbst. Doch sie stöhnt etwas, wenn sie an die Regularien denkt, die etwa auch festlegen, dass sie die Seife nur selbst vermarkten dürfen. Doch Hemm ist dank ihres Jobs bei einer Krankenkasse bürokratieerfahren, Müller bringt als OP-Schwester Fingerspitzengefühl und Wissen über Hygienevorschriften mit. Alle drei Frauen, die den Neun-Hektar-Hof mit nur weniger männlicher Unterstützung führen, sind berufstätig. Der Hof habe es im vergangenen Jahr erstmals geschafft, genug abzuwerfen, um sich selbst zu tragen, erklärt Hemm. Einfach Ausprobieren ist nicht nur beim Verarbeiten der Wolle ihr Motto, sondern auch bei den Tieren – und auch da haben sich die Frauen gut aufgeteilt: Hemm ist verantwortlich für die Alpakas, Ziegen und Schafe, die sie auch selbst schert. Ungewöhnliche Rassen mag sie gerne, den Schwarzkopf Boozi etwa, die Heidschnucke Lotte, das Alpine Steinschaf Harlekin, das lockige Merino-Wensleydale. Ob Klumpfuß oder verletztes Ohr, Hemm nimmt sie gerne auf, züchtet, legt aber keinen großen Wert auf Rassereinhaltung – allerdings darauf, zu betonen, dass sie eben kein Gnadenhof seien. Müller kümmert sich um die Hasen und Pferde. Emmrich hat die Hunde und das Geflügel unter ihrer Regie. Für die alten Rassen Pommernente, Cröllwitzer Pute und Vorwerkhuhn ist der Bernhardshof als Nutztierarche ausgewiesen. Zum Schutz werden einige der Geflügeltiere in Käfigen gehalten, die anderen Tiere leben in meist trauter Eintracht in extensiver Offenstallhaltung, sind das ganze Jahr draußen. Die Wolle wird dafür in der Garage gelagert – aktuell ziemlich viel davon. Die hat Hemm beim Schafhalterverein Mittleres Glantal, bei dem sie Mitglied ist, eingesammelt. Denn beim jüngsten Sammeltag in Ulmet hat viel Wolle keinen Abnehmer gefunden (wir berichteten), sollte weggeworfen werden. Das konnte die engagierte Wollfanatikerin nicht mit ansehen – und so haben die drei Frauen nun reichlich zu tun und Nachschub für Seife, Filzkissen und Strickhüte, für die eben nicht nur die beliebte Merinowolle Verwendung findet. Info —Mit Spinnrad, Wollpicker, Trommelkarde und natürlich Wolle, Seifen und mehr werden die Frauen vom Bernhardshof sowohl beim 19. Bauern- und Kunsthandwerkermarkt in Berglangenbach am Sonntag, 9. September, dabei sein (Infos unter www.berglangenbach.de und unter www.vlexx zum kostenlosen Shuttle ab Bahnhof Heimbach) sowie am Wochenende darauf, 15. und 16. September, beim Europäischen Bauernmarkt in Rammelsbach (www.bauernmarkt-kreis-kusel.de). —Infos zum Hof und einen Shop gibt es auf bernhardshof-rlp.de.

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