Kreis Kaiserslautern Wer einmal Zirkusluft geschnuppert ...

Eine schöne Milieustudie des vom Aussterben bedrohten Zirkuslebens gelang der achten Klasse der Waldorfschule Otterberg am Freitag. Mit dem Stück „Katharina Knie“ von Carl Zuckmayer entführte sie in die Welt der Clowns, Artisten und Hochseilkünstler. Mit sentimentalen und lebensfrohen Bühnenszenen wurde hinter die Kulissen geblickt.

Schon zur Zeit der Inflation, zu der das Stück spielt, kämpfte der Zirkus, zusätzlich bedroht vom Kino, ums Überleben. Heute, rund 100 Jahre später, hat sich die Situation nicht geändert. Tierschutzbestimmungen kommen hinzu. Doch nach wie vor heißt es: „Es geht weiter, so lange wir leben“. Und wie er lebt, der Zirkus in der Festhalle Schneckenhausen. Vor einer farbenfrohen Wagenburg, mitten auf einem staubigen pfälzischen Marktplatz, tummeln sich die Artisten. Mit „solider Arbeit“ bereitet „Vater Knie“ im schönsten rheinhessischen Dialekt seine Truppe auf den nächsten Auftritt vor. Jäh unterbrochen werden die akrobatischen Übungen, als ein Gerichtsvollzieher zur Pfändung kommt. Doch er findet nichts Brauchbares außer einer Zuckerzange. Schlimmer trifft ihn der Vorwurf des Diebstahls, zu dem sich seine über alles geliebte Tochter Katharina bekennt. Für ihr Eselchen Marli habe sie drei Sack Hafer geklaut. Verliebt in Katharina, verzichtet der reiche Landwirt Rothacker auf eine Rückgabe. Er bietet dem Zirkusdirektor sogar noch an, seine Tochter auf dem Hof und in Haushaltsökonomie ausbilden zu lassen. Des Wanderlebens überdrüssig willigt Katharina ein. Auch Vater Knie, davon ausgehend, dass Katharina bald zurückkommt, stimmt zu. Doch da irrt er. Abschied und Wiederkehr, Freud und Leid, Hoffnungslosigkeit und Zuversicht – diese Konflikte müssen immer wieder neu gelöst werden. Zusammenzuhalten und seinen Platz im Leben zu finden ist die weitere Konsequenz. Zu Herzen gehend brachten dies die jungen Schauspieler auf den Punkt. Dabei schien manchen Charakteren (Uriel Jung als Zirkusdirektor, Rieke Seiler als Katharina, Jacob Dahlem als Ignaz Scheel, Isolde Nacu als Bibbo) die Rolle auf den Leib geschrieben. Sprachlich, mimisch und gestisch verkörperten sie in beeindruckender Weise die Personen. Ein Jahr später gastiert der Zirkus wieder in der Stadt, in der Katharina ihrem inzwischen Verlobten, Bauer Rothacker, folgte. Allein „Vater Knie“ weiß nichts von der Hochzeit und ist überzeugt, seine Tochter finde zum Zirkus zurück. Nach einem Unfall in der Manege genießt er mit Katharina noch den lauen Sommerabend – und stirbt. Katharina erkennt, dass sie der Zirkus doch nicht loslässt und führt das Erbe ihres Vaters fort. Ganze Arbeit hatten Ulla Bunsen (Klassenlehrerin), Gerd Kannegieser (Regisseur), Tomas Bittger (Bühnenbild) und Annette Boomes (Kostüme) geleistet. Für Akrobatik und Gesang brachten sich Sport- und Musiklehrer ein. Wertvolle Hilfe bei Verpflegung und Transport leisteten die Eltern. Frenetischer Beifall war der Lohn für eine vierwöchige Vorbereitung und eine glanzvolle Premiere. (jst)

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