Kreis Kaiserslautern Vom egoistischen Ekel zum mitfühlenden Wohltäter

Ebenezer Scrooge (Lars Sauter) sieht den Angestellten Bob Cratchit (Lars Franzen, rechts) nur als Arbeitskraft und den Kunden (M
Ebenezer Scrooge (Lars Sauter) sieht den Angestellten Bob Cratchit (Lars Franzen, rechts) nur als Arbeitskraft und den Kunden (Melina Weber) als Störung.

Ein turbulenter Beginn, Spezialeffekte und zwei Stunden durchgängig gute Unterhaltung – am Ende tosender Applaus. Für das Ensemble der Waldorfschule Otterberg samt Lehrern, Ton- und Lichtassistenz hatten sich die Mühen der Arbeit gelohnt. Passend besetzt waren die 47 Rollen. Gut besucht war auch die Premiere am Freitag in der Festhalle in Schneckenhausen. Mehrmals mussten die Akteure nach ihrem Auftritt vor den Vorhang treten.

Vier Wochen intensives Einstudieren sowie Bühnen- und Kostümgestaltung lagen hinter der achten Klasse der Waldorfschule. Dankbar waren die Schülerinnen und Schüler für die professionellen Tricks und Tipps von Regisseur Gerd Kannegieser. In den Dank schloss Klassenlehrer Alexander Karr Werklehrer Thomas Bittger und Maskenbildnerin Annette Boomes ein. Zeitlos und aktuell ist Charles Dickens „Scrooge – Eine Weihnachtsgeschichte“. Regelmäßig zur Weihnachtszeit taucht sie im Fernsehen auf. Schon das Bühnenbild – altenglische Laternen, ein düsteres Kaufmannskontor, Essstube, Salon und Schlafraum – schuf eine stimmungsvolle Atmosphäre. In einer langen Zeile flanieren Leute durch das winterliche London, versprühen Sätze wie ein Feuerwerk. Big-Ben-Geläut, Blitz und Donnergrollen erhöhen die Aufmerksamkeit. In zwei Ebenen – aus Sicht des Betrachters und des Betroffenen – wird die Geschichte von Ebenezer Scrooge erzählt. „Weihnachten ist Quatsch“ lautet seine Ansicht. Geld und Geiz bestimmen sein Leben. „Was ist Weihnachten denn anderes als die Zeit, in der du ohne Geld in der Tasche Rechnungen bezahlen sollst? Eine Zeit, in der du dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest? Eine Zeit, in der du die Bilanz der letzten zwölf Monate ziehst und jeden einzelnen Posten als Verlust abschreiben musst.“ Die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsfest lehnt er wie immer ab. Schroff weist er einen für Wohltätigkeitszwecke sammelnden Bittsteller ab. Verbittert, weil er seinem armen Schreiber Bob Cratchit einen Tag Weihnachtsurlaub geben muss, geht er schließlich nach Hause. Just in seiner Haustür erscheint ihm der kettenbehangene fürchterliche Geist seines toten Geschäftspartners Marley. „Dies ist die Kette meines Lebens, die Kette, die ich mir selbst geschmiedet habe. Du sollst die Gelegenheit bekommen, mein Schicksal nicht zu teilen“, rät er Scrooge zur Änderung der Lebensweise. Von den Geistern der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft wird er in der Heiligen Nacht heimgesucht. Unbeschwerte Kindheitserinnerungen werden wach. Erstes Mitgefühl erfasst ihn angesichts seines armen Angestellten und dessen todkranken Sohnes Tiny Tim. Suppe, Gans und Plumpudding gibt es im Hause Cratchit trotzdem und sogar ein Trinkspruch wird auf ihn ausgesprochen. Vom Gequälten zum selbstlosen Helfer wandelt sich der kaltblütige Alte angesichts des dritten schwarz gekleideten Geistes. Er zeigt ihm seinen bevorstehenden Tod und Menschen, die anstatt um ihn zu trauern, nur allzu gern seine Sachen verhökern. Von den Geistern verlassen, wacht er am nächsten Morgen auf. Von guten Vorsätzen erfüllt freut er sich über einen klaren Morgen, wünscht allen „Fröhliche Weihnacht!“ und stellt erleichtert fest, dass alles noch am Platze ist. Befreit begibt er sich nach draußen. Bei seinem Neffen kündigt er sich zum Weihnachtsessen an, seinem Angestellten verdoppelt er das Gehalt und auch sonst wird er zum Wohltäter der Armen und des kranken Tiny Tim. Herrlich die Wandlung vom herzlosen Egoisten zum herzigen Menschenversteher. Anschaulich schlüpfen die jungen Schauspieler in unterschiedlichste Charaktere, verleihen der Geschichte den Glanz überzeugender Ausdrucksreife. Esprit, Leidenschaft und Einfühlungsvermögen legten alle Schauspieler und Schauspielerinnen an den Tag. Ein begeistertes Publikum wusste es mit großem Beifall zu quittieren.

x